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Kraft und Schmerz des Teilens

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In der wegweisenden Konzüs-konstitution „Gaudium et Spes“ heißt es: „Das Ärgernis soll vermieden werden, daß einige Nationen, deren Bürger in überwältigender Mehrheit den Ehrennamen .Christen tragen, Güter in Fülle besitzen, während andere nicht genug zum Leben haben und von Hunger, Krankheit und Elend aller Art gepeinigt werden“ (GS 88).

Die Christen werden aufgerufen, zu teilen. Ein Ruf, der in Österreich nicht folgenlos verhallt ist.

Seit dem Konzil hat sich in vielen Pfarren regelrecht Revolutionäres getan. In Wien wurden beispielsweise in der Hälfte aller Pfarren Pfarrgemeinderatsrefe-renten für Mission und Entwicklung von den Gläubigen gewählt, in 40 Prozent aller Pfarren Dritte-Welt-Gruppen gegründet.

Der Zisterzienserpater Franz Edlinger im niederösterreichi-schen Katzelsdorf veröffentlicht in diesem Jahr ein Buch - „Kraft und Schmerz des Teüens“ —, das Wegweiser für eine Spiritualität des Teüens mit der Dritten Welt sein wül.

Edlinger selbst ist in der Wüstenbewegung beheimatet, einer geistlichen Aufbruchsbewegung im Geist des Charles de Foucauld. Aus diesem Kreis ging die größte Selbstbesteuerungsgruppe in Österreich hervor. Rund 250 Personen stellen zwei bis zehn Prozent ihres Einkommens für Projekte in der Dritten Welt zur Verfügung. Insgesamt konnten 1987 1,2 Millionen Schilling für 17 Projekte vergeben werden.

Gruppen ähnlicher Art existieren bereits in ganz Österreich. Allen gemeinsam ist, daß ihr Hauptaugenmerk nicht in der Maximie-rung des — dennoch bewundernswerten - Spendenaufkommens hegt, sondern im Aufbau lebendiger Partnerschaften.

Wolfgang Böhm, Projektreferent der Päpstlichen Missionswerke, büdet so etwas wie eine Schaltstelle für 280 Gruppen in Pfarren und Bewegungen aus ganz Österreich, die Beziehungen mit Projektpartnern in der Dritten Welt eingegangen sind.

Das Spektrum reicht von korrespondenzintensiven AusbU-dungspatenschaften für kirchliches Personal (Priester, Katechi-sten) bis zu einem Hausbauprogramm in der indischen Stadt

Kanjirapally, das der dortige Bischof gemeinsam mit der Pfarre Grinzing anpackt.

Hannes Peintinger, Missionsreferent im Grinzinger Pfarr gemeinderat, bemüht sich, die große Spendenfreudigkeit der Grinzinger für das Indien-Projekt (jährlich 200.000 Schilling) in ein gegenseitiges Interesse der Projektpartner mit vermehrten Kontakten umzuwandeln.

„Missionsbischof“ Florian Kuntner: „Erfahrungsgemäß gehen Pfarraktivitäten, die sich auf das bloße Geldsammeln beschränken, bald wieder ein. Wird dagegen eine Partnerschaft daraus, indem man beginnt, gemeinsam Sorgen und Nöte, aber auch die Freuden des jeweils anderen zu entdecken, führt das zum Wachstum der Pfarre nach innen. Es ist faszinierend zu sehen, daß eine Pfarre, die ihren Blick über die Heimatgrenzen hinaus öffnet, immer etwas zurückbekommt.“

Eine Erfahrung, die mittlerweile einige hundert Pfarren in Österreich gemacht haben.

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