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Die Schwarzlackenau stellt sich vor
Die Pfarre Schwarzlackenau in Wien-Floridsdorf ist eine typische Stadtrandpfarre. Nicht nur von der Siedlungsform her - Einfamilienhäuser mit Gärten neben modernen, bis zu’ acht Stock hohen Wohnbauten sondern auch durch eine relative Abgeschlossenheit, gegeben durch die Donau, die Prager Straße und durch Industrieanlagen. Etwa 7000 Menschen bewohnen dieses ehemalige Augebiet zwischen Strebersdorf und Jedlesee.
Die Hauptanliegen des Pfarrers Erich Trpin und seiner Mitarbeiter sind:
• Die Menschen sollen spüren, daß sich die Kirche um sie kümmert.
• Sie sollen erleben, daß sie zu dieser Kirche gehören, ein Teil von ihr sind.
Die Hauptlast an Arbeit und Verantwortung für die Verwirklichung dieser Anliegen tragen vor allem vier Gruppen der religiös sehr aktiven „Legion Mariens“. In ihr finden sich bei uns Männer und Frauen aller Altersstufen und Bildungsgrade, vom Pflichtschulabsolventen bis zum Akademiker.
Dieses Kümmern der Kirche um den einzelnen versucht die Legion nicht nur durch Hausbesuche und persönliche
Gespräche in die Tat umzusetzen, sondern auch durch Überreichen von zum Teil selbst hergestellten Geschenken: Taufkleid und Babypatscherln zur Taufe, ein Lätzchen und ein Schürzerl zum ersten bzw. zweiten Geburtstag (all das wird in der von einer Gruppe der Legion geleiteten Nähstube verfertigt), Schutzengelbild, Gebetbüchlein und Kindermalbibel bei den übrigen Geburtstagen vor Schuleintritt.
Zur Hochzeit wird dem Brautpaar ein Kreuz überreicht und zu den „runden“ Hochzeitstagen eine Spruchkarte mit einem religiösen Gedanken. Da sich dies als seelsorglich fruchtbar erwiesen hat, gratulieren wir nun auch zu den besonderen, den „runden“ Geburtstagen ab 50 und ab 75 jedes Jahr mit einer Spruchkarte.
Diese Art der Kontaktaufnahme ist
die erste und einzige Brücke zu so manchem Pfarrangehörigen. Etliche von den älteren Leuten trauen sich nicht, in den Gottesdienst zu kommen, ja nicht einmal einem Besuch des Pfarrers zuzustimmen, weil sie - sicherlich unbe
gründet - Angst vor den Nachbarn haben. Man könnte meinen sie fürchten „Wir schlecken dem Herrgott die Zehen ab“. Aber auch mancher junge Familienvater scheut sich, mit seinem Kind - wieder - in die Kirche zu gehen.
Gerade in solchen Situationen spürt man die tragende Kraft unserer fünf Eherunden, die versuchen, durch eine
frohe Gemeinschaft solche „Außenseiter“ aufzunehmen.
Auf ihre Initiative hin wurde ein ehemaliger Gasthof in der Nähe von St. Aegyd am Neuwalde vom Geld der Pfarrangehörigen gekauft und mit viel Liebe und noch mehr Zeitaufwand zu einem schönen, gemütlichen und billigen Ferienhaus für Familien aus unserer Pfarre hergerichtet.
Geselligkeit unterbricht den grauen Alltag: So gibt es als relativ junge, sehr einladende Einrichtung im Anschluß an die Neun-Uhr-Messe am Sonntag den Pfarrkaffee, der sich großer Beliebtheit erfreut. Zu vielen anderen Veranstaltungen laden die Mitglieder der Legionsgruppen und Eherunden persönlich ein.
Die Pfarre bietet auch die Möglichkeit, körperliche Kondition zu erwerben und zu erhalten: bereits seit zehn Jahren gibt es ein Männer-, Frauen- und Kinderturnen.
Vielleicht ist es das jährlich stattfindende Sportfest, an dem jung und alt teilnimmt, von dem eine überdurch-
schnittlich gute Verbindung und Zusammenarbeit zwischen Jugend und Erwachsenen ausgeht, die nicht nur bei gesellschaftlichen, sondern auch bei religiösen Veranstaltungen, etwa einer Meditation, eine besondere Atmosphäre schafft.
Eine Besonderheit ist auch die sportliche Note des PfarreVs, welche auch die meist zweitägige Fußwallfahrt nach Mariazell prägt, die ein eindrucksvolles (und ziemlich erschöpfendes), immer schönes Erlebnis für jeden Teilnehmer ist.
Eine Pfarre ist nicht als Summe ihrer
Mitglieder zu verstehen. Eine Pfarre bedeutet christliche Gemeinschaft. Sinn dieser Gemeinschaft ist nicht eine Summe von Vorteilen (was bringfsV), sondern, Lebensbasis zu sein.
Basis des nackten Lebens etwa für die Flüchtlingsfamilie aus Kambodscha, die von der Pfarre aufgenommen wurde: unsere Familie besteht aus sieben Mitgliedern im Alter zwischen 60 Jahren und fünf Monaten, von denen nur zwei in der Lage sind, Geld zu verdienen. Eine ständige finanzielle Unterstützung ist also notwendig. Sie beträgt wegen der hohen Mietkosten für das Einfamilienhaus monatlich 6000 Schilling und wird von den Pfarrangehörigen aufgebracht.
Kleine und große Startspenden und die Einsatzbereitschaft vieler einzelner begleiteten den Neubeginn. Unsere „Nun-schon-Landsleute“ aus Kambodscha mußten unvorstellbares Elend durchmachen. Sie lehren trotzdem uns übersättigten Mitteleuropäern ursprüngliche Freude.
Die Pfarre ist auch Knotenpunkt mitmenschlicher Beziehungen: Wenn man zufällig vor Jahren in der Gemein- debauSiedlung eine Wohnung bekommen hat, so ist man nun auch als „Zua- gräster“ keineswegs mehr zufällig hier in der Schwarzlackenau daheim.
Letztlich und vor allem aber ist die Pfarre der Ort, wo man jeden Sonntag etwas bekommt, das man die ganze Woche hindurch braucht und das einem fehlt, wenn man den Gottesdienst einmal versäumt hat: Brot für die Seele.
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