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Heim zur Kirche

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Viele gehen wiederum diesen Weg. Ein Besinnen ist in den Menschenherzen lebendig geworden. Ernüchtert und erschüttert sind die meisten durch die Ereignisse der letzten Monate. Gar manche sind schon in den vergangenen Jahren zurückgekommen. Aber es waren immer noch vereinzelte Fälle, während jetzt der Zuzug wesentlich größer geworden ist. Die Zahlen der Abfälle sind in den Jahren 1939/40 ziemlich bedeutend gewesen, ein Vielfaches der Zahlen .aus den letzten drei Jahren, über die eine genaue Statistik vorliegt. Das Zahlenbild der Abfälle zeigt in dieser Zeit, 1941—1943, bereits fallende Tendenz, während die Zahl der Rückkehrer bereits langsam anzusteigen beginnt. Für die Erzdiözese Wien, das ist Wien-Stadt, sowie die beiden Viertel von Niederösterreich unter dem Wienerwald und unter dem Manhartsberg,, ergibt sich folgendes:

Abfälle Wiederaufnahmen

1941 ..... 7415 2419

1942 ..... 5153 2718

1943 ..... 2461 4996

In den folgenden Jahren 1944 und insbesondere 1945 scheint die aufgezeigte Tendenz zugunsten der Wiederaufnahmen ganz bedeutend ausgesdilagen zu haben. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor.

Uber die Abfallbewegung findet sich im gemeinsamen Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe, Oktobre 1945, der Satz: „Die Abfallbewegung fand jedwede Förderung. Man benützte jede Gelegenheit, um ja recht viele zum Austritt aus der Kirche zu bewegen.“ An und für sich ist der Austritt aus der Kirche leichter gemacht als der Wiederein* tritt. Bekanntlich wird nach den gesetzlichen Bestimmungen der Austritt bei der zuständigen Amtsstelle (Bezirkshauptmannschaft, Magistratisches Bezirksamt) gemeldet. Dort findet der Austritt seine aktenmäßige' Erledigung. Die Wiederaufnahme hingegen erfolgt in der zuständigen Pfarre, ist mit einem entsprechenden Unterricht verbunden, welcher der Ablegung des Glaubensbekenntnisses und dem ganzen Aufnahmeakt vorausgeht.

Schon der Gedanke, nun seinen Irrtum bekennen zu müssen, dem Seelsorger Rede und Antwort zu stehen, hält manchen ab. Kein Seelsorger darf und wird die Sache leicht nehmen. Keiner wird sie auch schwerer machen, als sie nun einmal ist. Aber jeder wird mit vollem Ernst an die einzelnen Fälle herangehen und diesen Ernst auch mit starker Betonung dem Wiederkehrenden zum Bewußtsein bringen.

Diesen Ernst fordern auch die Bischöfe im obengenannten Hirtenschreiben: „Schließlich bieten wir noch unsere Hand allen, die aus unserer Glaubensgemeinschaft ausgetreten sind und nun wieder zu ihr zurückkehren wollen, wenn es ihnen ernst ist um die Rückkehr zur Kirche und wenn sie die Echtheit' ihrer Reue in der erforderten Probezeit und der eifrigen Betätigung christlichen Lebens beweisen.“

Es mag zugegeben werden, daß mancher Katholik sich überrumpeln ließ. So benützte man die Einführung der Kirchenbeiträge zu einer ganz großen Abfallbewegu.ng. Gerüchte wurden hinausposaunt, bevor noch die An-

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SSiftot Sucbgtaber sätze bekannt waren, wie hoch und schwer die Beiträge zu leisten seien. Viele ließen sich einschüchtern, gingen aus der Gemeinschaft der Kirche und bereuen es jetzt. Gar manche, die durch die Jahre hindurch arbeitslos waren und nun eine Arbeitsstelle gefunden hatten, wurden hinwiederum mit Verlust ihrer Stelle bedroht, wenn sie sich nicht von der Kirche losmachten. Der Druck der Partei war übermächtig groß. Wer eine Funktion in dieser^ hatte, und war sie auch noch so klein, wurde wiederholt zum Austritt aufgefordert, wenn er nicht gleich der ersten Forderung nachkam.

Viele glauben, die Sache vereinfachen zu können, wenn sie dem Seelsorger sagen, sie wären im Herzen immer katholisch geblieben, seien auch1 in die Kirche gegangen, hätten gebetet. Wo aber bleibt das Bekenntnis, das Christus fordert: „Wer immer midi vWr den Menschen bekennt, den werde auch ich bekennen vor meinem Vater ...“ (Mt. 10, 32.) Andere wiederum geben dem übergroßen Druck, der auf ihnen lastete, die Schuld. Wieder andere wurden von Verwandten oder Berufskollegen einfach abgemeldet. Freilich hätten sie sich mehr und energisch wehren müssen! So gibt es der Gründe und Ursachen für den Abfall gar mancherlei.

Ebensoviele und verschiedenartige Gründe sind da für die Heimkehr. Es gibt solche, die innerlich ganz zerknirscht und aufgewühlt sind. Das sind die besten. Sie beginnen ein wirklich tiefes und ernstes christliches Leben. Der Seelsorger begrüßt sie mit seiner ganzen Hirtenliebe. Andere wollen einfach wiederum in der Gemeinschaft der Kirche stehen. Es ist ihnen schon ernst, aber die Verpflichtungen der Gebote hätten sie gerne etwas abgeschwächt. Da muß eben eine sorgfältige Einführung nachhelfen.

Der verlangte Unterricht, der nicht schulmäßig zu sein hat, wird die Gestalt eines religiösen Gespräches annehmen, mit all dem erforderlichen Ernst und der notwendigen warmen Güte, die er ausstrahlen soll. Sei es nun, daß Sammelgruppen für diesen Unterricht gebildet werden, sei es, daß die angesetzten Einführungsstunden mit den einzelnen gehalten werden, wenn dies möglich ist, auf jeden “Fall haben sich diese Vorträge gut bewährt. Mancher ist etwas widerhaarig zuerst gekommen, im Laufe der behandelten. Vortragsreihe wandelte sich jedoch sein Widerstand zu einer tiefen seelischen Anteilnahme. Gar mancher kam in einer gewissen Überheblichkeit, ohnehin alles zu wissen und zu können, und sah nach einigen Stunden ein, wieviel ihm abgeht.

Auch solche gibt es, die bitten, noch weiterhin kommen zu dürfen, um ihr religiöses Wissen zu mehren. So sind aus den geforderten sechs Stunden ab und zu zehn bis zwölf geworden. Gerne wird jeder Seelsorger und jede Helferin solche Mehrarbeit auf sich nehmen. Denn davon ist jedermann überzeugt, daß in sechs Stunden nicht nachgeholt werden kann, was in Jahren vernachlässigt wurde. Lediglich die wichtigsten Grundbegriffe können in das Gedächtnis gerufen und die Freude am Glauben lebendig gemacht werden. Daß es darauf ankommt, daß nun jeder an sich selbst zu arbeiten beginnt, ist selbstverständlich.

Von ganz großem .Vorteil wäre es auch, wenn für den genannten Unterricht ein kleines Büchlein bereitgehalten werden könnte. Es gab solche, doch leider sind sie derzeit vergriffen. Auch zur Nachschulung wären entsprechende Behelfe am Platze. Hoffen wir, daß sie in Zukunft bereitgestellt werden können.

Die Einführung in das Wissen um den Glauben ist eine dankenswerte Aufgabe für unsere Seelsorgerhelfer und -helferinnen. Sie wurden in den abgelaufenen Jahren für dieses Werk des Laienapostolates in den umfassenden Kursen des erzbischöflichen Seelsorgeamtes gründlich geschult und herangebildet. Jetzt trägt diese Saat reichliche Frucht. Die Priester sind doch meist mit anderer Arbeit rein seelsorgerlicher Natur überlastet, so daß dieses Gebiet den Laienhelfern reichlich Gelegenheit zur Betätigung gibt. Sie kommen ihren Aufgaben auch mit aller Liebe und Aufmerksamkeit nach und verdienen reichliches Lob für ihre Mühe. Die Erfolge sind durchweg der aufgewandten Sorgfalt entsprechend.

Eine gewisse Nachsch^ilung und Eingliederung in den Organismus der Pfarre ist noch notwendig. In den einzelnen Standesgruppen finden die Rückkehrer liebevolle Aufnahme und Betreuung. Dieses Hineinwachsen in die Gemeinschaft der Pfarre ist von großer Wichtigkeit. Erst wenn die Heimkehrer im Pfarrleben auch ganz daheim sind, wird mit ihrer vollen Gewinnung gerechnet werden können.

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