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Lauter Griechen
Am 9. Dezember bringt das Volkstheater als vorletzte Premiere des Kalenderjahres William Shakespeares „Timon von Athen“ in der freien Nachdichtung und Spielfassung Manfred Vogels heraus. Es ist das erste Mal, daß das Stück nach dem Krieg auf der Bühne erscheint. Sowohl der Regisseur wie auch der Bühnenbildner sind Griechen. Wir sprachen mit dem in seinem Lande meistbeschäftigten, 1940 geborenen Spiros Evangelatos.
Am 9. Dezember bringt das Volkstheater als vorletzte Premiere des Kalenderjahres William Shakespeares „Timon von Athen“ in der freien Nachdichtung und Spielfassung Manfred Vogels heraus. Es ist das erste Mal, daß das Stück nach dem Krieg auf der Bühne erscheint. Sowohl der Regisseur wie auch der Bühnenbildner sind Griechen. Wir sprachen mit dem in seinem Lande meistbeschäftigten, 1940 geborenen Spiros Evangelatos.
FURCHE: Wo und wann begannen Sie zu studieren?
EVANGELATOS: Meinen Doktor phil. machte ich an der Universität meiner Geburtsstadt Athen. Kurz nach der Beendigung meines Studiums an der Theaterakademie kam ich nach Wien, wo ich bei Professor Kindermann die theoretischen Grundlagen meiner späteren Karriere erworben habe. Mit Hilfe eines amerikanischen Stipendiums wanderte ich fünf Jahre lang durch Berlin, London, Paris und Rom (daher spreche ich fünf Sprachen!) und tat nichts anderes, als allabendlich Theateraufführungen zu besuchen und Fachinstitute zu durchstöbern. Es war eine großartige, eine fruchtbare Zeit...
FURCHE: Wann begannen Sie Regie zu führen?
EVANGELATOS: Genau vor zehn Jahren, in Athen, mit „For-tunatus“, einem selten gespielten Renaissancestück, das in einem Privattheater aufgeführt wurde. Einige Zeit arbeitete ich in Saloniki im Staatstheater, ging aber dann zurück nach Athen zum Nationaltheater und zur Staatsoper, wo ich den „Falstaff“ mit Taddei inszenierte. Im Jänner 1973 werde ich dort „Macbeth“ mit Costas Pascalis machen. Meine „Elek-tra“ in Epidauros und mein „Sommernachtstraum“ im Theater He-rodes Atticus waren meine ersten großen Erfolge.
FURCHE: Ihr Repertoire?
EVANGELATOS: Ich mache gerne von allem ein wenig. Goethes „Faust“, Molieres „Menschenfeind“, Ibsens „Frau vom Meer“, Strindbergs „Traumspiel“',
Pirandellos „Riesen vom Berge“. Aber Mrozeks „Tango“ und Io-nescos „La lacune“ sind mir am meisten ans Herz gewachsen.
FURCHE: Wer sind Ihre Regisseurvorbilder?
EVANGELATOS: Strehler, Peter Brook, Zefftrelli, Bergman.
FURCHE: Was wird in Athen zur Zeit gespielt?
EVANGELATOS: Wenn man so sagen darf — das ganze internationale Repertoire: aber Brecht, Ionesco, Beckett halten sich noch immer an der Spitze.
FURCHE: Sind Sie mit Ihrer Wiener Arbeit zufrieden?
EVANGELATOS: Ganz besonders! Es ist eine Freude, an einem Stück zu arbeiten, bei dem sämtliche Shakespeare-Forscher ausnahmsweise derselben Meinung sind: Shakespeare selbst wollte den „Timon“ nur als einen Torso betrachtet wissen, er ist außerdem auch nur lückenhaft überliefert, daher hat Herr Vogel das Werk textlich ausgearbeitet, nicht umfunktioniert, sondern dramatisch, gedanklich und sprachlich bearbeitet. Ich aber möchte die Klassiker immer vom modernen Gesichtspunkt, von innen heraus durchleuchten: die ästhetischen und gesellschaftlichen Probleme des 20. Jahrhunderts sollen dadurch konturiert werden. — Außer „Timon“ und mir haben wir noch einen dritten Griechen im Bunde: den Bühnenbildner Giorgios Patsas, in Saloniki vor 29 Jahren geboren. Er studierte an der Kunstakademie von Athen, hat bisher 40 Stücke ausgestattet, von denen ich bei acht Regie geführt habe.
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