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Und immer wieder Nestroy

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Unter den 83 Stücken von Nestroy gibt es auch wenig bekannte. Dazu gehört die Posse „Umsonst“, die vom Volkstheater vor zwei Jahren in einer ansprechenden Aufführung erstmals Wieder herausgestellt wurde. Nun spielt sie nach kurzer Zeit in der Bearbeitung von Hans Weigel auch das Burgtheater. Weshalb? Gibt es eine grundsätzlich andere Einstellung zum Stück? Kaum möglich bei diesem Autor.

Jedenfalls ist das übergroße Haus für den Nahkontakt mit dem Publikum, den die Nestroyschen Couplets und Ansprachen erfordern, wenig geeignet. Das Intime geht auch in den weiträumigen, im Gegensatz zu den in diesem Theater üblichen, sehr aufwendigen Bühnenbildern, etwas asketisch wirkenden Dekorationen von Lois Egg verloren. So turbulieren die vielfältigen Anstrengungen, damit der Schauspieler Arthur und seine Emma zueinanderfinden, obwohl sie, ohne es zu wissen, von vornherein für einander bestimmt waren, nicht im engen Bereich, der die Wirkung steigern könnte, sondern im weiten Raum.

Dennoch wirkt Nestroys etwas schwächere, vorwiegend auf Situationskomik und nicht so stark wie sonst auf das Wort gestellt Posse auch unter diesen Voraussetzungen dank der Regie von Rudolf Steinboeck. Mit Verve spielen der vom Typ her nicht ganz entsprechende Robert Meyer den Arthur und Rudolf Buczolich den als Schauspeieler komisch erfolglosen Pitzl, die Nestroy-Rolle. Eva-Susanne Knoche ist eine begehrenswert nette Emma, Fred Liewehr ein schnauzig herumkommandierender Fabriksbesitzer. Die hübschen Kostüme entwarf nach längerer Zeit wieder Emi Knie- pert. Die ansprechende Musik von Carl Binder wurde von Alexander Steinbrecher ergänzt und bearbeitet.

Auch das Volkstheater führt eine Posse von Nestroy auf, und zwar in den Wiener Außenbezirken, sein bekanntestes und beliebtestes: „Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt.“ Regisseur Gustav Manker hat schon vor zwanzig Jahren für eine Wiedergabe im Haupthaus die nie aufgeführte Frühfassung, die den Titel „Der Feenball oder Tischler, Schneider und Schuster“ trägt, mit herangezogen. Bekanntlich werden in der stets gespielten späteren Fassung alle drei Hallodris durch Feenmacht ehrsame, glückliche Familienväter, was unglaubhaft wirkt. In der Frühfassung wandelt sich lediglich Leim, während Zwirn und Knieriem wegen ihrer Unverbesserlichkeit unter allgemeinem Hallo der Hölle verfallen. Sehr berechtigt wird hier dieser Schluß gespielt.

Mit dem Feenreich gibt es meistens szenische Schwierigkeiten. Manker löst sie im Bereich der kleinen Außenbezirksbühnen ganz einfach, indem er die Ausgangssituation mit Feenkönig und Fortuna vor dem Vorhang spielen läßt. Ansonsten stellt Manker die Aufführung ganz auf die eminente Theaterwirksamkeit dieser drei drolligen Kerle. Auch dies mit Recht. Rudolf Strobl dominiert als Knieriem. Emst Cohen als überaus beweglicher Zwirn, Amfried Hanke als braver Leim sind ihm treffliche Partner. Maxi Tschunko zeichnet für die schlichten Bühnenbilder, Maria Payerl für die netten Kostüme.

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