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Drei Programme

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Zum zweitenmal hat sich heuer das Ensemble Porcia inSpittal an der Drau eingefunden, um in den Sommermonaten in Kärntens schönstem Re-naiss.incepalast Komödien der Weltliteratur zu spielen. Was 1961 als Verheißung begonnen hat, ist 1962 ins Stadium der Bewährung getreten. Gespielt wurde heuer im Juli und August mit Ausnahme der Montage bereits täglich; gezeigt wurden drei verschiedene Programme. Sehr zu begrüßen war die neue, ideale Lösung einer rasch zu bewerkstelligenden Überdachung des Arkadenhofes (Architekt Ottokar Uhl), die die Aufführungen, auch in der Zukunft, vom Wetter unabhängig macht.

Bereits der erste Abend zeigte das „Ensemble Porcia“ leistungsmäßig an der Spitze des österreichischen Freiluftsom-mers. Sein Geheimnis, das keines ist, liegt darin, daß Herbert W o c h i n z mit einem nur unmerklich sich verschiebenden Stammensemble guter, mittlerer und mäßiger Schauspieler arbeitet und daß er auf dem besten Weg dazu ist, sich mit seinen Leuten einen eigenen Komödienstil zu erspielen. Die einzige Übernahme aus dem Vorjahr, Shakespeares „Komödie der Irrungen“, erweist sich als die Wochinzsche Modellinszenierung schlechthin und erinnert in ihrem geistigen Konzept an Strehlers „Diener zweier Herren“. Shakespeares frühes, turbulentes Meisterlustspiel mit Louis Ries und Walter Kohu-tek als genarrtes, einander narrendes Herr-Diener-Zwillingspaar ist in der Interpretation noch feinnerviger, komödiantisch ausgefeilter, differenzierter geworden, ohne dabei an Leichtigkeit und Lebendigkeit einzubüßen. Das weibliche Gegengewicht halten Bibiana Zell und — beglückend-ster Ensemblenachwuchs I — Hilde Nerber bestens in Schwebe. Vor der Pause erheiterte Molieres kleine derb-saftige Komödie „Arzt wider Willen“, mit dem beweglichen, gelegentlich zu sehr zur Drastik neigenden Peter Ertelt in der Hauptrolle. Inszenierung, Übersetzung (H. Ci Artniann): Bühnenbild und Kostüme (Mathias'Krälj)'sänd'äutnehtisch und aus - - - Mm:;Cu(,. .v. afenM a'a> 8

Am zweiten Abend wagte sich die Truppe an den höchsten Prüfstein österreichischen Theaters, anjohann Nestroy. Man spielte „Einen Jux will er ich machen“ unter bewußter Vermeidung alles Gefälligen, „liab Wienerischen“, verzichtet auf die (im „Jux“ zugegebenermaßen schwachen) Couplets und arbeitete vor allem des Schauspieler-Dichters fanatische Beziehung zur Sprache in ihrer vielfachen Staffelung der Dialoge vom Dialekt bis zur Schriftsprache exakt heraus, seine Freude am Wortspiel und -witz; ein wenig ru kurz kommen Nestroys bitterer Pessimismus und Agression. Als Christopherl sah man — wie bei der Uraufführung 1842 — kein Mädchen, sondern den vielfach begabten Georg Trenkwitz.

Die dritte Premiere brachte Tirso de Molinas Verwechslungskomödie „D o n Gil von den grünen Hosen“ nach einer neuen, poetisch akzentuierten Prosanachdichtung H. C. A r t m a n n s. Hier zerhackte jedoch das Tempo, mit dem man gewisse Schematismen der Handlung zu überspielen suchte, stellenweise den Fluß der Poesie. Herbert Wochinz brachte die sensible Bibiana Zeller, die ihre draufgängerische Hosenrolle von der der schwärmerisch Liebenden zu wenig absetzte und anfangs gefährlich an die Grenze der Exaltation geriet, nicht ganz auf das ihr erreichbare schauspielerische Höchstmaß — und ihre Gestaltung nicht ganz mit dem übrigen burlesken Ensemble in Einklang.

Der sehr große Publikumserfolg aller Aufführungen wiederholte sich an jedem Abend. Während der letzten vier Spielwochen waren die Vorstellungen täglich ausverkauft.

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