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Mit Witz und Whisky

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,,Meine Komödien, von denen man im allgemeinen glaubte, ich hätte sie zwischen ernsten Versuchen einfach aus dem Handgelenk geschrieben, erforderten in Wahrheit die meiste Zeit und bereiteten mir die größte Mühe. Das ist die Ironie meines dramatischen Schaffens.“ So schreibt J. B. P r i e s 11 e y in der Rückschau auf sein schriftstellerisches Schaffen, das nun bereits einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren umfaßt. Von seinen heiteren Werken für die Bühne verdiente zum Beispiel die köstliche Gaunerkomödie „Laburnum Grove“ wieder einmal irgendwo auf den Spielplan gesetzt zu werden. Die Josefstadt, die sich die Pflege von Priestleys Werk besonders angelegen sein ließ und bereits kurz nach dem Krieg in Anwesenheit des Autors „Die Conways und die Zeit“ aufführte (worüber er in seinen Lebenserinnerungen sehr schöne lobende Worte schreibt), bringt nun in den Kammerspielen „Seit Adam und Eva“, eine kleine „Auseinandersetzung — hauptsächlich über Liebe und Ehe“. Das Thema ist also uralt und hat sich — wahrscheinlich — seit Adam und Eva im wesentlichen kaum geändert; man kann darüber Tragödien schreiben, wie es Strindberg, Hauptmann und Schönherr taten, oder man kann versuchen, eine Brücke zu finden, die das Ewig-Männliche mit dem Ewig-Weiblichen zu verbinden vermag: verstehende, lächelnd-überlegene (nicht umgekehrt I) Menschlichkeit.

Bei Priestley nimmt der Stoff die Form einer Komödie mit leichten Pirandellistnen und kabarettistischen Wesenszügen an. Kein hervorragendes Stück, weil dem deftigen Bradforder das Dinnerjacket der Gesellschaftskomödie etwas knapp um die Schultern sitzt, aber immerhin ein ganz witziges Stück, über das man sich einen Theaterabend lang amüsieren kann; dem starken Whisky der Grundgedanken ist das Soda der leichten Unverbindlichkeit zugesetzt — warum auch nicht! Ernst Waldbrunn, der die muntere Seifenblase aus einem Country Garden in der Nähe Londons inszenierte, machte sich mit der kundigen Hand des gewiegten Kabarettisten über die deutsche Übersetzung, die von Georg Fräser stammt, und brachte eine eigene Fassung für die Kammerspiele zustande. Er schneiderte die Rollen seinen Kolleginnen und Kollegen individuell auf den Leib, und wenn er fand, ein wenig Aufputz könne nicht schaden, dann stellte er ihn gern selbst frei Haus bei — warum nicht!

Frau Susanne A1 m a s s y paßt in ihre Rolle haargenau hinein, und sie fühlt sich auch wohl darin, nicht zuletzt, so meinen wir, wohl, weil sie Gelegenheit hat, oft blitzartig von der Salondame zur Komikerin hinüberzuwechseln. Ihr Partner ist Hans Holt, gescheit und kultiviert wie immer, stellt also auch einen sehr sympathischen, gescheiten, kultivierten Herrn auf die Bühne, der pflichtschuldigst und mit viel Humor ins Spiel eingreift, wenn es sein muß auch mit falschen Barten und Perücken — wir haben ja Fasching. Als das junge Paar, das im Mittelpunkt des leichtgesponnenen Geschehens steht und uns den „Modellfall“ einer Beziehung zwischen Mann und Frau vor Augen führt — vom ersten Aufkeimen der Liebe, über die Hochzeit bis zu den Krisen —, erringen die sehr gereifte Gerlinde Locker und der harmlos-nette Alfred Böhm die Sympathie des Publikums. Agnes Großmann in der ungewöhnlichen Situation, zu spielen und sich als Pianistin zu erweisen, wurde beiden Anforderungen mit jugendlicher Natürlichkeit gerecht, und Erich P a d a-1 e w s k i, nun der tut sein Möglichstes. Der Spaß — man nehme drei Fünftel Priestley und zwei Fünftel Waldbrunn — spielt sich in dem von Herta H a r e i t e r mit viel Geschmack und Geschick gestalteten Bühnenbild ab — denn es ist ein Spaß, nicht mehr — doch, so meinen wir, auch nicht weniger.

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