Die fiskale Unsicherheit bleibt

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Die FAZ über den Minimalkompromiss von Demokraten und Republikanern im US-Budgetstreit und die Folgen der verweigerten Budgetsanierung.

Die fiskalische Klippe in den Vereinigten Staaten war als politische Selbstbindung angelegt, die Parteien zu einer dauerhaften Sanierung des Staatshaushalts zu zwingen. Dieser Versuch ist gescheitert. In den Verhandlungen seit dem Wahlsieg Barack Obamas sind Demokraten und Republikaner der Verantwortung ausgewichen. Sie haben einen Minimalkompromiss erreicht: Vor allem sind die harten, dennoch notwendigen Entscheidungen auf der Ausgabenseite erst einmal um zwei Monate verschoben.

Das wäre nicht so schlimm, wenn man das Vertrauen haben dürfte, dass dann der zweite Teil eines Kompromisses gefunden würde, mit dem die Neuverschuldung entschlossen zurückgeführt und der Bundeshaushalt auf eine solide Basis gestellt würden. Dieses Vertrauen aber hat in dem für eine wirtschaftliche Führungsmacht unwürdigen politischen Spektakel mit der Senatsabstimmung in den frühen Morgenstunden des Neujahrstags mehr als Schaden genommen. Die Euroeuropäer werden den Amerikanern Zunder geben, sollten diese je wieder Lehrstunden in der Krisenabwehr erteilen wollen. Damit ist nicht gesagt, dass die Europäer besser agieren. Im Schuldentaumel versagt in unterschiedlicher Weise die Politik auf beiden Seiten des Atlantiks und lässt Weitsicht missen.

Trübe Aussichten für Defizitabbau

Für beide Seiten im Kongress ist der Kompromiss Niederlage und Erfolg zugleich. Präsident Barack Obama und die Demokraten haben - wenn auch nicht im gewünschten Ausmaß - ihr populistisches Umverteilungsstreben durchgesetzt, die Reichen mit höheren Steuern zu belasten. Die Republikaner können im Gegenzug darauf verweisen, dass die 2001 unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush eingeleiteten Steuersenkungen für das Gros der Amerikaner jetzt endlich unbefristet festgeschrieben sind. Keinen ernsthaften Erfolg gibt es dagegen beim Abbau des Defizits, auch wenn Obama das anders darstellt. Das liegt nicht daran, dass die Steuermehreinnahmen mit rund 600 Milliarden Dollar über zehn Jahre, die erste Einkommensteuererhöhung seit zwei Jahrzehnten, weitaus spärlicher ausfallen als von den Demokraten ursprünglich angestrebt.

Die schlechte Zeit der Steuererhöhungen

Auch Steuererhöhungen für die Wohlhabenden belasten die Wirtschaft. In der Umkehrung eines Diktums des gestorbenen Wirtschaftsnobelpreisträgers Milton Friedman gilt, dass keine Zeit eine gute Zeit für Steuererhöhungen ist. Auch wenn die amerikanischen Steuereinnahmen - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - im vergangenen Jahrzehnt zurückgegangen sind, leiden die Vereinigten Staaten weitgehend unter einem Ausgabenproblem, nicht unter einem Einnahmenproblem.

Den Beleg dafür hat der Senat selbst geliefert: Mit dem Kompromiss zur angeblichen Verringerung des Defizits werden zugleich unter anderem Agrarsubventionen fortgeschrieben, um den Anstieg des Milchpreises zu verhindern. Die trüben Aussichten auf einen entschlossenen Defizitabbau gründen in diesem mangelnden Willen vor allem der Demokraten im Kongress, von liebgewonnenen Staatsausgaben zu lassen. Auf republikanischer Seite gilt freilich dasselbe mit Blick auf die Militärausgaben. Ohne klare Einschnitte in den Staatsausgaben und vor allem in den Sozialversicherungen werden die USA ihr Schuldenproblem aber nicht in den Griff bekommen. Der Kompromiss gibt kein Signal, dass der Wille zu solchen Kürzungen bis Ende Februar gewachsen sein wird, wenn die Erhöhung der Schuldengrenze und die Zukunft der Ausgabenkürzungen anstehen.

Frankfurter Allgmeine Zeitung, 2. Jänner 2013

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