die furche: Herr Minister, haben Sie im Kampf gegen das AKW-Temelin die Flinte ins Korn geworfen?
Wilhelm Molterer: Nein, ich erinnere daran, wie mein Auftrag ursprünglich gelautet hat: Zu schauen, dass die Sicherheitsbedingungen aus österreichischer Sicht ausreichend sind und dass es eine möglichst breite Einbindung der politischen Parteien gibt. Beides ist gegeben und auch notwendig, denn Österreichs Stärke im Kampf gegen die Atomkraft ist nun einmal der möglichst breite Konsens.
die furche: Am Montagabend haben Sie mit den vier Klubchefs gesprochen. Wie geht es nun weiter?
Molterer: Mit dem von den Regierungsparteien vorgelegten Entschließungsantrag, der die Kriterien für den Abschluss des Energiekapitels mit Tschechien definiert und zu dem die Opposition ihre Vorschläge ergänzen soll, ist eine gute Grundlage geschaffen, um zu einer starken gemeinsamen österreichischen Position zu kommen. Und nur mit einer solchen können wir unsere Interessen durchsetzen.
die furche: Halten Sie an Ihrer viel gescholtenen Aussage, dass es das Recht jedes Staates ist, über seine Energieträger frei zu entscheiden, noch fest?
Molterer: Wichtig und zu meiner Verantwortung als ressortzuständiger Minister ist es, auf Realitäten aufmerksam zu machen: Dieses Recht hat Österreich als Erfolg bei seinem eigenen EU-Beitritt angesehen. Aber genau so wie wir uns nicht von außen bestimmen lassen wollen, was unsere Energieoptionen sind, gilt dieses Recht auch für andere Staaten. Klar ist aber - und das habe ich immer gesagt -, es ist das Nachbarschaftsrecht dort berührt, wo es um grenzüberschreitende Sicherheitsinteressen geht. Hier müssen wir mitreden, hier reden wir mit, und darauf gründet schlussendlich der Melker Prozess.
die furche: Wie bewerten Sie die tschechische Verhandlungsbereitschaft?
Molterer: Die tschechische Regierung erkennt das Interesse Österreichs an und ist bereit, mit uns zu einem guten Ergebnis zu kommen.
die furche: Ihnen wird auch vorgeworfen, dass Sie sich auf EU-Ebene zuwenig Verbündete gesucht haben.
Molterer: Dass es in der EU eine sehr breit gefächerte Interessenlage gibt, die nicht immer und unbedingt mit den österreichischen Interessen übereinstimmt ist, kein Geheimnis. Faktum ist aber auch, dass das grundsätzliche Ziel des Atomausstiegs ein Thema auf gesamteuropäischer Ebene sein muss - und daran arbeiten wir.
Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.
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