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Salzburger Volkshochschule

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Beinahe 20.000 Salzburger haben im Arbeitsjahr 1959/60 Kurse und Arbeitsgemeinschaften der Salzburger Volkshochschule belegt; davon entfallen allein auf die Stadt mehr als 10.000 Teilnehmer. Das ist in der Stadt ein Zehntel der Bevölkerung oder insgesamt ein Sechstel der Bevölkerung von Stadt und Land.

Wenn man Zahlen zur Bewertung einer Bildungsarbeit überhaupt heranziehen darf, so ist dies ein Beweis, daß die Salzburger Volkshochschule ein von weitesten Kreisen besuchtes Bildungsinstitut ist. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Zuerst einmal bietet die Volkshochschule in ihren praktischen Kursen zahlreichen Berufstätigen die Gelegenheit, sich Kenntnisse anzueignen, die auch in der beruflichen Arbeit nutzbringend verwertet werden können. Hierher gehören die kaufmännischen Fächer der Kurzschrift, Maschinschreiben, Buchhaltung, Lohnverrechnung u. ä. sowie vor allem auch die Sprachkurse, die im vergangenen Jahr von insgesamt 4376 Hörern belegt wurden. Interessant ist auch ein Blick auf das Interesse für einzelne Sprachen. An erster Stelle steht wieder Englisch mit 18 Kursen, knapp gefolgt von Italienisch mit 15 Kursen. Die Französischkurse mußten in den letzten Jahren bedeutend erhöht werden und haben jetzt beinahe die Zahl der Italienischkurse erreicht, nämlich 14. Außer Englisch, Italienisch und Französisch werden auch noch andere Sprachen unterrichtet; es laufen zwei Spanischkurse, zwei Russischkurse und je ein Kurs für schwedische, serbokroatische und slowakische Sprache. Es ist vielleicht auffallend, daß im Vergleich zu Englisch, Französisch und Italienisch die Sprachen unserer nördlichen, östlichen und südöstlichen Nachbarn entschieden weniger Interesse finden. Die Kurse für Serbokroatisch und Slowakisch sind erst in den letzten Jahren zustande gekommen. Die Volkshochschule darf sich gerade bei der Pflege gewisser Fremdsprachen nicht von der gegenwärtigen Situation beeinflussen lassen, sondern muß für lange Zeit vorausdenken.

Im Zusammenhang mit den Sprachkursen muß auch der Kurs „Deutsch für Ausländer“ erwähnt werden, der für die zahlreichen in Salzburg lebenden Ausländer, seien es Studenten des Mozarteums, Flüchtlinge oder aus irgendwelchen anderen Gründen in Salzburg lebende Fremde, eingeführt wurde. Ganz besonders hervorgehoben muß ein Lateinkurs werden, der außerhalb der Maturaschule für alle jene ausgeschrieben wurde, denen es nicht möglich war, ein Gymnasium zu absolvieren, die aber trotzdem der lateinischen Sprache besonderes Interesse entgegenbringen. Bei der Ausschreibung wurde befürchtet, der Kurs würde kaum belegt werden; die Einschreibungen bewiesen das Gegenteil, die Nachfrage war so stark, daß der Kurs geteilt werden mußte. Auch im zweiten Semester haben sich noch mehr als 30 Hörer in den Lateinkurs eingeschrieben.

Neben den kaufmännischen Kursen und den Sprachkursen müssen im Rahmen der praktischen Kurse auch noch die Koch- und Nähkurse erwähnt werden. Insgesamt besuchten im Arbeitsjahr 1958/59 1783 Frauen diese Kurse.

Einen bedeutenden Raum im Programm der iSalzburger Volkshochschule nehmen auch die sogenannten musischen Kurse ein. Es ist dies ein Sammelname für Mal- und Modellierkurse, Zeichenkurse, Bastelkurse u. ä. m. Insgesamt besuchten 1739 Hörer die musischen Kurse. Ein ähnlicher Ausgleich wie die Pflege eines Hobbys ist die körperliche Ertüchtigung, Turnen, rhythmische Gymnastik u. ä. 1075 Hörer besuchten solche Kurse.

Der größte Stolz einer Volkshochschule sind aber immer die wissenschaftlich-kulturellen Kurse. Es ist erfreulich festzustellen, daß diese Kurse von mehr als 3500 Hörern belegt waren, nur um zirka tausend weniger als die Sprachkurse. Die Volkshochschule muß natürlich immer bemüht sein, ihren Hörern möglichst zahlreiche Wissensgebiete zu erschließen und auch immer wieder neue Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, Arbeitsgemeinschaften über bestimmte Themen aufzubauen. Interessant ist es, daß in Salzburg die Kunstgeschichte einem ganz besonders starken Interesse begegnet. Die von einem bekannten Kunsthistoriker geleitete kunstgeschichtliche Reihe mußte sogar in den Wiener Saal des Mozarteums verlegt werden, damit alle Hörer Platz finden können. Grundsätzlich sei betont, daß die Kurse immer das Hauptgewicht der Bildungsarbeit der Salzburger Volkshochschule tragen. Nur in einem mindestens sechs Abende umfassenden Kurs ist eine systematische Wissensvermittlung erreichbar. Der Kurs hat aber noch eine über die reine Wissensvermittlung hinausgehende Aufgabe. Die Kursteilnehmer sollen zu einer Gemeinschaft, zu einer Art Familie zusammenwachsen. Dies gelingt auch in zahlreichen Kursen, die über die Kurszeit hinaus in Fühlung bleiben und manchmal gemeinsame Ausflüge, Abende usw. veranstalten.

Das letzte Ziel der Kurse wäre dann ein Sichkennenlernen und Verstehenlernen von Mensehen verschiedener Auffassungen. Gelingt es der Volkshochschule, in diesem Punkt auch nur bescheidene Schritte vorgehen zu können, so leistet sie wertvolle Bildungsarbeit im Sinne eines demokratischen Zusammenlebens und zur Förderung eines überzeugten Staatsbewußtseins.

Neben den Kursen gibt es aber noch die zahlreichen Sondereinrichtungen, an deren Spitze das Auditorium Academicum genannt werden muß. Als Volkshochschule einer“ Landeshauptstadt ohne eigene Universität hat die Salzburger Volkshochschule auch die Aufgabe, dem interessierten Publikum Vorträge akademischer Lehrer zu vermitteln. Es muß eben immer das Bestreben einer Volkshochschule sein, es ihren Hörern zu ermöglichen, über jedes Thema, das sie interessiert, den Vortrag eines wirklich kompetenten Fachmannes hören zu können. Da nun die Universitäten die Krone unseres Bildungssystems darstellen, muß der Volksbildner in zahlreichen Fällen Gelehrte der Universitäten einladen, um seinen Hörern einen Einblick in die Welt der Wissenschaft und der Forschung vermitteln zu können. Es genügt, die Flugblätter des Auditorium Academicum nur flüchtig durchzuschauen, um festzustellen, daß allein im Jahr 1959 Gelehrte zahlreicher Universitäten Europas, zum Beispiel Wien, Innsbruck, Graz, Aachen, Erlangen, München, Tübingen, Mainz, Marburg, Sant-Anselmo (Rom), Utrecht und Zürich auf Einladung der Volkshochschule zum Salzburger Publikum gesprochen haben. Die Themen der Vorträge umfassen die verschiedensten Fachgebiete.

Ganz besonders sei unterstrichen, daß auch zahlreiche Herren der Salzburger Theologischen Fakultät im Rahmen des Auditorium Academicum Vorträge gehalten haben. Diese Vorträge sind ein Teil der wertvollen Unterstützung der Volkshochschule durch die Theologische Fakultät. Es ist eine besonders angenehme Pflicht, hier dankend feststellen zu dürfen, daß das Dekanat der Theologischen Fakultät der Volkshochschule die nötigen Hörsäle zur Verfügung stellt und so die Abhaltung des Auditorium Academicum ermöglicht. Jedenfalls darf sich die Volkshochschule ohne Übertreibung rühmen, Pionierarbeit geleistet zu haben und mit dem Auditorium Academicum ein Muster für die Zusammenarbeit zwischen Volkshochschule und Universität gezeigt zu haben.

Eine andere der Sondereinrichtungen, die zahlreichen Salzburgern nützliche Dienste geleistet haben, sind die Maturaschule und die Arbeitermittelschule.

Ursprünglich führte die Salzburger Volkshochschule nur eine Maturaschule und einen Kurs zur Vorbereitung der Mittelschulprüfung (Beamtenmatura), die es den Hörern ermöglichte, sich auf die Externistenreifeprüfung vorzubereiten. Seit 1957 wurde aber auch mit dem Aufbau einer Arbeitermittelschule begonnen, der vom Bundesministerium für Unterricht bereits ein halbes Jahr später das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde. In viereinhalb Jahren kann hier das Reifezeugnis eines Realgymnasiums erworben werden. Vorbedingung ist: Erreichung des 17. Lebensjahres und Abschluß einer Lehrzeit. Es sei hier ganz besonders auf den Fleiß und Lerneifer der Teilnehmer verwiesen,, die sich durch lange Jahre jeden Montag bis Freitag Abend für Abend auf die Schulbank setzen müssen, um in verkürzter Zeit das Mittelschulstudium nachzuholen. Es ist selbstverständlich, daß nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrkräfte der abendlich ihre Freizeit opfern müssen. Im Zusammenhang mit den rein schulischen Sonder-einrichtungen muß auch der Hauptschulkurs angeführt werden. 159 Hörer konnten dank dieses von einem umsichtigen Pädagogen geleiteten Kurses die Abschlußprüfung der Hauptschule ablegen. Zahlreiche Berufstätige konnten sich auf diese Weise die Grundlagen für ein besseres berufliches Weiterkommen erarbeiten.

Zwei Sondereinrichtungen, die sich gegenseitig sinnvoll ergänzen, sind die Mütterschule und die Elternschule. Die eine unter der Leitung eines bekannten Arztes, die andere unter der eines erprobten Pädagogen, stehen beide im Dienste des Kindes. Die Mütterschule unterweist die werdenden Mütter in allen richtigen Verhaltungsmaßregeln während der Zeit der Erwartung des Kindes, die Elternschule widmet sich den verschiedenen Problemen des heranwachsenden und reifenden Kindes.

Die Salzburger Volkshochschule arbeitet ja nicht nur in der Stadt, sondern wie schon eingangs erwähnt, auch in 28 Zweigstellen und 22 Nebenstellen im Lande Salzburg. Die Salzburger Volkshochschule ist Mitglied des Verbandes österreichischer Volkshochschulen und pflegt mit den anderen Landesverbänden eine gute Zusammenarbeit. Dank der geographischen Lage Salzburgs bestehen auch zu den bayrischen Nachbarvolkshochschulen sehr gute Beziehungen, insbesondere die Volkshochschulen des südöstlichen Bayerns berufen oftmals Kursleiter und Vortragende der Salzburger Volkshochschule zu ihren eigenen Veranstaltungen.

Zum Schluß ein Wort über die rechtliche Stellung der Volkshochschule. Die Salzburger Volkshochschule ist ein Verein, dessen Präsident satzungsgemäß immer der Bürgermeister der Landeshauptstadt ist. Die Träger des Vereines sind Bund, Land, Stadt, die Kammern und die Gemeinden. Die Kammer für Arbeiter und Angestellte gewährt für zahlreiche Stiftungskurse eine Ausfallshaftung, diese Kurse sind dann allen Mitgliedern der Kammer für Arbeiter und Angestellte zu ermäßigten Gebühren zugänglich.

Die Arbeit der Volkshochschule wäre nicht möglich, ohne die Subventionen der Träger. Allerdings sei festgehalten, daß Subversionen und Eigeneinnahmen durch Kursgebühren sich gegenseitig die Waage halten. Trägern und Hörern gebührt daher das Verdienst, daß Salzburg eine Volkshochschule von Umfang und Bedeutung der SVH sein eigen nennen kann.

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