"Nachhaltiges Wirtschaften ist eine gute Investition"

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Wie es um die Nachhaltigkeit in Österreichs Betrieben steht und was noch zu tun ist, erklärt "respACT"-Geschäftsführerin Daniela Knieling.

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Wie es um die Nachhaltigkeit in Österreichs Betrieben steht und was noch zu tun ist, erklärt "respACT"-Geschäftsführerin Daniela Knieling.

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Seit 14 Jahren ist die Plattform "respACT - austrian business council for sustainable develop ment" federführend für den TRIGOS, den österreichischen Preis für nachhaltiges Wirtschaften, verantwortlich und setzt sich für mehr soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit in Österreichs Unternehmen ein. Die FURCHE hat mit Geschäftsführerin Daniela Knieling über die Entwicklung der letzten Jahre gesprochen.

DIE FURCHE: Dass uns das Thema Nachhaltigkeit dauerhaft beschäftigen wird, ist mittlerweile unumstritten. Und doch hat sich nachhaltiges Handeln in Wirtschaft und bei Unternehmen noch nicht großflächig durchgesetzt. Woran liegt das?

Daniela Knieling: Volkswirtschaftlich betrachtet gibt es weltweit mächtige festgefahrene Strukturen. Die dringend nötigen systemischen Veränderungen passieren hier langsam.

DIEFURCHE: Was bremst Unternehmen, sich stärker mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen?

Knieling: Aus Außensicht stellen sich Konkurrenz-und Kostendruck oft als Hürden dar. Andere dringende Herausforderungen wie Digitalisierung, Überregulierung und Marktanforderungen erscheinen kurzfristig wichtiger als die zugegebenermaßen längerfristige Auseinandersetzung mit der ökologischen und sozialen Verantwortung eines Unternehmens.

DIEFURCHE: Und welche Hürden gibt es im Unternehmen selbst?

Knieling: Aus meiner langjährigen Erfahrung ist aus innerbetriebswirtschaftlicher Sicht ein Schlüsselfaktor das Commitment des Topmanagements. Es reicht nicht, wenn der Vorstand oder die Geschäftsführung pressewirksame Statements abgeben. Sie müssen vor allem konsequent und ambitioniert langfristige Prozesse sowie Ressourcen im Unternehmen verankern. Es geht um eine echte Integration ins daily business. Im operativen Geschäft braucht es entsprechende Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nachhaltigkeitsmanagement ist stark interdisziplinär angelegt. respACT bietet unter anderem themenspezifische Arbeitsgruppen an, wo Nachhaltigkeitsverantwortliche Impulse für ihre tägliche Arbeit bekommen und sich über Branchengrenzen hinaus zu ökologischen und sozialen Themen und deren Umsetzung im Unternehmen austauschen können.

DIEFURCHE: Laut einer Umfrage vom Beratungshaus "Accenture" und der Mediengruppe "Havas" aus dem Jahr 2014 stecken Unternehmenslenker in einem Dilemma: Man ist sich zwar einig, dass Nachhaltigkeit für das Fortkommen der Unternehmen erfolgskritisch ist. Allerdings mache sich Frust breit, weil die Einbettung nachhaltiger Strategien im anstrengenden Veränderungsprozess nur schwer messbar sei.

Knieling: Das stimmt so nicht. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, nachhaltiges Management zu monitoren und zu evaluieren. Alle etablierten Nachhaltigkeitsmanagement-Systeme beinhalten aussagekräftige Kennzahlen, Daten und Fakten. Ohne Zahlen geht gar nichts. Ergänzt werden diese durch wertvolle qualitative Daten.

DIEFURCHE: Ein weiteres Ergebnis der Umfrage war, dass sich nicht wenige CEOs für die von ihnen initiierten Vorstöße nicht belohnt genug fühlen...

Knieling: ... Ja, da fehlt die Anerkennung. Hier erneut mein dringender Appell an die Politik, die Guten zu belohnen, auch wenn das abgedroschen klingen mag. Neben finanziellen Anreizen und bürokratischen Erleichterungen braucht es aber auch eine gewisse Aufmerksamkeit, um, wie vorhin angesprochen, starke Vorbilder zu schaffen. Aus meiner Sicht ist es auch absolut legitim, mit nachhaltigen Aktivitäten wirtschaftliche Vorteile erreichen zu wollen.

DIEFURCHE: Apropos wirtschaftliche Vorteile: Konsumenten erwarten einerseits Studien zufolge nachhaltiges Handeln von Unternehmen. Ob ein solches aber die Verbraucher in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst, ist nicht nachgewiesen.

Knieling: Grundsätzlich sehe ich es auch so, dass Business-to-Consumer-Branchen mehr Erfolge in dem Bereich haben können, wenn sie nachhaltig handeln. Dazu benötigt es reflektiertes Marketing und kein Greenwashing. Im Bereich Lebensmittel, Kosmetik, Kleidung, Kinderartikel sehen wir hier schon positive Entwicklungen. Aber Achtung: Ein übliches Ping-Pong-Spiel in der Nachhaltigkeitsdebatte führt dazu, dass die verschiedenen Sektoren sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Unternehmen sagen etwa, die Konsumenten müssen es aktiv einfordern. Die Politik sagt, es liegt in der Verantwortung der Unternehmen. Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen fordern genau diese Verantwortungsübernahme aller Sektoren ein.

DIEFURCHE: Sie haben Unternehmensinformationen angesprochen. Wie können einerseits Unternehmen ihre nachhaltigen Strategien "richtig" kommunizieren und wie können Konsumenten andererseits Greenwashing von echter Nachhaltigkeit unterscheiden?

Knieling: Die "10 Anzeichen für Greenwashing" des britischen Greenwash Guides zeigen die üblichen Marketingfallen auf. Hier wird ganz klar gezeigt, was man vermeiden sollte. Genau damit muss sich die Kommunikationsabteilung eines Unternehmens auseinandersetzen. Aus Sicht des Konsumenten kann man sich an etablierten Siegeln, zum Beispiel dem österreichischen Umweltzeichen, orientieren.

DIEFURCHE: Vorreiterunternehmen haben das Potenzial erkannt und nachhaltige Unternehmensführung in ihre Strategie integriert. Wie aber kann die breite Masse der Unternehmen für Nachhaltigkeit gewonnen werden?

Knieling: Teils geht es eindeutig um Risikoprävention. Wie schaut die Zukunft meines Unternehmens aus, wenn die Ressourcen künftig teurer zu beschaffen sind? Gründe dafür sind schon heute oft soziale Spannungen oder ökologische Limits. Ich beobachte häufig auch positive Dominoeffekte, wenn Unternehmen ihrer Konkurrenz ein Vorbild sind und andere nachziehen. Es braucht positive Anreize von Seiten der Politik. Eine Ökologisierung des Steuersystems ist seit langem eine wichtige Forderung, die substantielle Belohnungen für nachhaltige Unternehmen bringen würde. Es muss etwas wert sein, nachhaltig zu wirtschaften! Wir sind schon lange an einem Punkt angelangt, wo es nicht nur um Umsatzzahlen und Schaffung von Arbeitsplätzen geht. Heutzutage sind die Ansprüche an Ethik und Erfolgsdruck unter einen Hut zu bringen. Dafür braucht es gemeinsame Werte, ein starkes Wir-Gefühl. Weltweit engagieren sich Millionen Unternehmen und Social Entrepreneure für nachhaltige Veränderungsprozesse. Hier sind Weitsicht und Mut gefragt! Ich bin stolz drauf, bei "respACT" österreichische Vorreiterbetriebe als Mitglieder zu haben.

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