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Autobahn oder Ast?
Zwei Minister und alles, was an örtlicher Prominenz greifbar war, wurde aufgeboten, um in Kärnten, entlang des Wörthersees, 13 Kilometer Autobahn, die 683 Millionen Schilling gekostet hatten, zu eröffnen. Damit steht in Kärnten zwar nur ein Teilstück der Autobahn von Klagenfurt nach Villach, die bis 1972 fertig sein soll, zur Verfügung, aber man hat doch endlich „seine“ Autobahn.
Zwei Minister und alles, was an örtlicher Prominenz greifbar war, wurde aufgeboten, um in Kärnten, entlang des Wörthersees, 13 Kilometer Autobahn, die 683 Millionen Schilling gekostet hatten, zu eröffnen. Damit steht in Kärnten zwar nur ein Teilstück der Autobahn von Klagenfurt nach Villach, die bis 1972 fertig sein soll, zur Verfügung, aber man hat doch endlich „seine“ Autobahn.
Man beging den Tag auf echt österreichische Art, mit Blaskapelle, Ge-sangsverein, langen Reden und — was nicht ganz ins Konzept paßte — mit einer Handvoll zahmer Demonstranten, denen der Eröffnungspomp nicht gefiel. Typisch war nicht nur die Ubergabefeier, sondern auch der Umstand, daß man wenige Stunden vor der Eröffnung auf sogenannter höchster Ebene darüber beriet, wie es mit dieser Autobahn eigentlich weitergehen solle, wie man das bislang isolierte Betonband, das den Steuerzahlern weit über eine Milliarde Schilling kosten wird, in das geplante österreichische Autobahnnetz einfügen wird. Drastisch formuliert, könnte man behaupten: zuerst gebaut und dann über die Verwendung beraten. Diese Autobahn wird zwar bei Villach Anschluß an die Tauernautobahn finden und in Richtung Italien als „Südautobahn“ fortgesetzt werden, in Klagenfurt hingegen baut man — und denkt nach. Man will, so lautete das Ergebnis des Klagenfurter Autobahngipfels am Eröffnungstag, „die Autobahnplanung im Raum Klagenfurt neu überdenken“.
Zwar wird es dann eine durchgehende Schnellverbindung zwischen Klagenfurt und Villach geben, aber auch nicht mehr. Entsprechend klein — will man den Relativitätsgrundsatz gelten lassen — ist auch der Personenkreis, der von ihr profitiert. Nach dem Buchstaben des Gesetzes soll nämlich nur die Südautobahn von der Pack bis Thörl-Maglern gebaut werden. Wie man durch oder um Klagenfurt kommt, daran scheint man nicht gedacht zu haben. Im heurigen Frühjahr kam der Plan auf, die Autobahn mitten durch die Stadt, oder unter ihr hindurch zu führen, was auch eine Fortsetzung der sich nun bis in das Stadtgebiet erstrek-kenden Baustelle bedeuten würde. Die Klagenfurter SPÖ-Stadtfüh-rung überhörte vorerst diesen Protest, für den sich ÖVP-Landespoliti-ker eingesetzt hatten, und erklärte dann, dieses Projekt sei nie ernstlich zur Debatte gestanden. Stadt Klaggenfurt und Land Kärnten einigten sich schließlich, die von Osten kommende Südautobahn südlich von Klagenfurt vorbei durch das Rosental zu führen. Damit — und davon sprach niemand — würde es mit der nun bald gänzlich fertiggestellten „Aussichtsautobahn“ am Nordufer des Wörthersees gleich zwei Autobahnen entlang des Sees geben, was ironische Gemüter veranlaßte, eine Umbenennung des Wörthersees in „Autobahnsee“ zu erwägen. Bei Bautenminister Moser fand dieser Plan vorerst alles andere als Begeisterung. Er lehnte das Projekt in einem Fernsehinterview kategorisch ab. Am nächsten Tag in Klagenfurt klang der Schlag auf den Ministertisch wesentlich leiser. Zwar ließ er auch hier durchblicken, daß ihm eine Stadtdurchquerung oder Nordum-fahrung — würde man sich auf letztere einigen, könnte der nun im Stadtgebiet entstehende Autobahnteil wenigstens als Zubringer für den Stadtverkehr dienen — lieber wäre, erklärte sich aber auch damit einverstanden, daß das Land Kärnten, das ja für seinen Bereich die Planung durchführt, von sich aus die Rosentalvariante offenhält. Wann es in dieser Frage zu einer Lösung kommen wird und man weiß, ob man. bisher an einer Autobahn oder einem etwas langen Autobahnast gebaut hat, läßt sich freilich noch nicht absehen.
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