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Besuch im Skansen

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Kein Besuch Schwedens ist voll' ständig, wenn man das berühmte Freilichtmuseum in Stockholm, Skansen, nicht gesehen hat. Die Stockholmer besuchen es mehrmals im Jahr, und kein inländischer wie ausländischer Tourist vergißt dort hinzugehen. Skansen zählt zu einer der meist frequentierten Kultur-statten in Europa und hat jährlich mehr als drei Millionen Besucher aufzuweisen.

Skansen ist die Freilichtabteilung des Nordischen Museums in Stockholm, das schönste, älteste und bestorganisierte Museum unter freiem Himmel. Nichts wirkt dort tot, muffig oder verstaubt. Im Gegenteil, jedes Bauwerk, jeder Gegenstand scheint dort zu leben und erfüllt weiterhin seine jahrhundertealte, ursprüngliche Funktion, in einer neuen, jedoch völlig seiner früheren Umgebung angepaßten Umwelt. Alle im Skansen aufgestellten ländlichen wie städtischen Baukomplexe, zusammengetragen aus allen Provinzen Schwedens, sind nicht nur komplett eingerichtet, sondern zum Großteil auch bewohnt. Ganze Familien, in schmucke, alte Trachten gekleidet, bevölkern das Freilichtmuseum. Eine ungeheuer lehrreiche und originelle Einrichtung. „Ganz Schweden in einer Nußschale“, wie die Fremden zu sagen pflegen, obwohl Skansen nicht im entferntesten als klein zu bezeichnen ist.

Eine Eintrittskarte kostet 2 Schwedenkronen, zirka 10 Schilling, die Kinder dagegen zahlen nur 75 öre. Auf einem schütter bewaldeten, weitgestreckten Bergplateau, das an einen großen Park erinnert, liegen weitverstreut alte Höfe samt Nebengebäuden, Herrenhäusern, Lappenlager, Torfhütten, freistehende Windmühlen und Glockentürme, Speicher, Sennereien, eine alte Schmiede, eine Walkerei, einige Runensteine und anderes mehr.

Am westlichen Berghang breitet sich ein originelles Stadtviertel aus, das hauptsächlich aus alten Stockholmer Häusern mit ihren typischen Werkstätten, Kaufläden und bürgerlichen Wohnungen besteht. In einer Nachbildung einer Glashütte aus Dalekarlien zum Beispiel werden hier dem Publikum laufend die alten Methoden der Glasherstellung vorgeführt. Daneben befindet sich eine Töpferei im vollen Betrieb, weiter eine Kammacherei, eine Goldschmiedewerkstatt, eine alte Buchdruckerei usw. Alle im Skansen befindlichen Häuser, Höfe und Hütten sind das ganze Jahr bewohnt. Man kann in jedes Haus frei eintreten und alles genau besichtigen. Die Einwohner in ihrer schönen Landestracht erteilen dem Besucher jede Auskunft über Mobiliar, Geräte und das Leben auf ihrem Hof. Elektrisches Licht ist hier überall verpönt: die Stuben werden vom Kerzenlicht erhellt, und im Kamin wie auf offenen Herdstellen brennen knisternd dicke Holzscheite. Wer vom Herumlaufen müde geworden ist, kann in den ausgezeichneten Skansen-Restaurants Solliden oder Högloftet, die über stilechte, altnordische Räume sowie solche aus der Zeit Gustav Wasas verfügen, ausruhen und sich bei Kaffee mit Smörbroten und Kuchen oder einem Festsouper nach altschwedischer Art stärken und delektieren. Diese „Skansen Restauranger“ gehören zu den beliebtesten und originellsten, die die schwedische Metropole zu bieten. hat; deshalb finden hier auch laufend Repräsentations- und Familienfestlichkeiten, Jubiläen, Hochzeiten, Bankette wie auch einfache Kränzchen und Teesoupers statt.

Skansen verdankt seine Entstehung der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwachten Liebe zur Heimat und dem steigenden Interesse für die alte nationale Bauernkultur. Die Eröffnung wurde im Jahre 1891 vorgenommen — in dem Jahr, in dem Selma Lagerlöf und Fröding ihre ersten Werke veröffentlichten.

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