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Das Weltall stirbt am „ Wärmetod”
Seit knapp 70 Jahren haben wir plausible Gründe anzunehmen, daß unser Kosmos 20 Milliarden Jahre alt ist. Aus der Fluchtbewegung der Galaxien (E. Hubble 1929) und aus dem elektromagnetischen Bauschen des Baumes (A. Penzias, B. Wil-1 son 1965) war auszurechnen, daß wir in einem explodierenden Universum leben, dessen „Urknall” vor 20.000 000 000 Jahren stattgefunden hat.
Naturgeschichte ist seit der Existenz des denkfähigen Menschen auch Geistesgeschichte. Heute beschreibt die Physik das Universum anhand zweier grundlegender Teil-theorien: der allgemeinen Belati-vitätstheorie und der Quantenmechanik. Sie sind die großen geistigen Errungenschaften aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Scharfsinnige
Anwendungen dieser Theoren haben das Modell des Urknalls - den An -fang von Raum, Zeit und Materie -widerspruchsfrei bestätigt. Wir messen die Richtung der Zeit mit der Zunahme der thermodynamischen Unordnung (Entropie). Demnach käme die Zeit zum Stillstand, wenn die Unordnung ihren Höchstwert erreicht.
Mit anderen Worten: wenn jede Art gerichteter Energie in ungerichtete Bewegungsenergie der Atome, also in Wärme, umgewandelt sein würde. Am Ende der Zeit stünde der „Wärmetod” des Universums.
Am Ende dieses Jahrhunderts wird aber auch diese Vorstellung wieder in Frage gestellt. Stephen W. Hawking plädiert als wohl berühmtester Vertreter der Wissenschaft mit den String-theorien für eine Art „pulsierendes Universum” mit eil ' „Becycling” von „Schwarzen Loci1 i”. Damit wäre der Urknall keine I .iderheit, sondern nur der Durchgang des „schwingenden Kosmos” durch den immer wiederkehrenden Nullpunkt. Die Überlegungen entziehen sich naturgemäß der experimentellen Bestätigung.
Pierre Teilhard de Chardin als großer Vertreter einer spirituellen Sichtweise ergänzt den Begriff der „Energie”. Die physikalisch meßbare Energie bezeiehm i er als „tangentiale Energie”. Diese gehorcht den Gesetzen der Thermodynamik und fügt sich widerspruchsfrei in das Bild des „Wärmetodes”. Für das Phänomen der zunehmenden Komplexheit des Lebendigen bis Wn zur Bewußtheit der menschlichen Person und der planetarischen Menschengemeinschaft prägt er den Ausdruck der „radialen Energie”. Diese entzieht sich der Meßbarkeit, aber nicht der Beobachtbarkeit. Mit jedem menschlichen Leben nimmt d>s Bewußtsein - die ,,ra-1 diale Energie” - im Universum zu.
In jeder Seele liebt und rettet Gott teilweise die ganze Welt, die diese Seele auf besondere Art zusammenfaßt. Aspekte der heutigen Globalisierung hat Teilhard de Chardin schon 1940 als geistigen Verdichtungsvorgang beschrieben und „Pla-netisation des Menschen” genannt. Unabhängig von den Glaubenssätzen der Naturwissenschaft über Entropie-maximum oder Dauerpulsation glaubt er, daß am Ende der Zeit das Bewußtsein seine höchste Stufe erreicht haben wird.
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