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Pierre Teilhard de Chardin

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ZWISCHEN ALPHA UND OMEGA. Das Weltbild Teilhaids de Chardin. Von Franęois-Albert Viallet. Glock und Lutz, Nürnberg. 248 Seiten

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ZWISCHEN ALPHA UND OMEGA. Das Weltbild Teilhaids de Chardin. Von Franęois-Albert Viallet. Glock und Lutz, Nürnberg. 248 Seiten

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In Frankreich liegen gegenwärtig nahe an ein Dutzend Bücher und eine Fülle von Aufsätzen über das Werk des Jesuiten und Paläontologen Pierre Teilhard de Chardin vor. Im deutschsprachigen Raum sind bis Frühjahr 1959 nur ein Brief-Auswahlband („Geheimnis und Verheißung der Erde“) und eben das hier anzuzeigende Buch über Teilhard erschienen, in diesem Jahr folgen jedoch bereits der erste Band seiner Werke („Der Mensch im Kosmos“) und ein weiterer Briefband („Pilger der Zukunft, Reise in die Vergangenheit"). Ausführliche Hinweise auf das Leben und Denken dieses Mannes, der, wie immer man sich zu seinen kühnen Gedanken und universalen Spekulationen stellen mag, zu den herausforderndsten und bedeutendsten Gestalten der europäischen Christenheit in unserem Jahrhundert gehört, sind im Laufe der letzten Monate in den führenden katholischen Zeitschriften erschienen, so im „Hochland“, in „Wort und Wahrheit“, in der „Orientierung“. Es darf also angenommen werden, daß die Welle der Auseinandersetzung und der Anteilnahme am Werk Teilhard de Chardins bereits vom Westen her in unseren Raum eindringt, der nichts nötiger hat als echte Fragen, als ein wirklichkeit-ergriffenes In- Frage-Stellen, um aus seiner Stagnation wachgerüttelt zu werden.

Von ganz wenigen Fragen (etwa um den „gerechten Krieg", die Atomrüstung, den „mündigen Laien“) abgesehen, sind „die neuen Wirklichkeiten“, wie sie Weltraum, Forschung und Denken unserer Gegenwart vorstellen, noch kaum in die obersten Bewußtseinsschichten der Christen eingedrungen; von einer tieferen Erregung und Herausforderung zu persönlicher Stellungnahme ist noch nichts zu bemerken. Hier kann bereits die erste Einführung in Teilhard de Chardin durch Viallet (Hermen von Kleeborn hat die deutsche Fassung, die vom Autor selbst stammt, betreut) gute Dienste leisten. Vor schnellem Lesen und eilfertigem Urteil muß gewarnt werden. Pierre Teilhard de Chardin, Mitentdecker des Sinanthropus, als Naturwissenschaftler von seinen Mitarbeiter ynd einer internationalen Forscherwelt als ein Meister seines Fachs anerkannt, reflektiert in seinen weltanschaulichen Werken, Skizzen, Abhandlungen die Erfahrungen, die ihm in einem reichen Menschenalter zukamen: meist entstanden in Meditationen in den Wüsten Chinas und Zentralasiens, auf seinen Reisen und Forschungsfahrten in Indien, Ceylon, Nord- und Mittelamerika. Teilhard ringt um Worte: um neue Worte, welche die sehr vielschichtigen Bezüge seiner neuen Kosmosschau an deuten sollen. Es wäre leicht, bei manchen dieser Worte einzuhaken und ihr Unvermögen, eben diese Vielbezogenheit und ihren neuen Gehalt auszudrük- ken, zu kritisieren. Diese Vorwarnung muß ausgesprochen werden, da die böse Sucht des eilfertigen Urteilens und Aburteilens in unseren Zonen weitverbreitet ist. Das Buch Viallets wird dann recht verstanden, wenn es als eine erste Einladung angenommen wird, sich zunächst einmal darüber zu informieren, was Teilhard als „großer Christus“, als kosmischer Christus, als „Gott in der Schöpfung“, als „Glaube an die Erde" erlebt, erfahren, als gläubige und denkende Existenz vollzogen hat.

Nicht um Schreibtischspekulationen eines Monomanen handelt es sich ja hier, sondern um Erfahrungen eines Mannes, der nach übereinstimmendem Urteil aller jener Menschen, die ihn persönlich kannten, in einem Maße weltoffen, wirklichkeitshungrig, erd- und menschenliebend war, i n seiner Existenz als Ordensmann und Katholik, daß eben diese Verschmelzung die Erschütterung seiner Freunde und nicht weniger seiner Gegner erweckte.

Viallet schildert in den vier Hauptteilen seines Buches zunächst in einem „Porträt“ die Persönlichkeit Teilhards, seinen Lebensweg, dann das Profil des „persönlichen Universums“ in der Weltschau Teilhards; sodann die Rolle des Menschen im Kosmos, zuletzt „das andere Antlitz“: Gott in der Schöpfung, den „Christus der Evolution“ und die „Zukunft der Religion" im Werk Teilhards. Ein Nachwort skizziert Teilhard im Spiegel der Kritik und Kreise und Menschen um Teilhard de Chardin.

Wie tief das umfassende Wissen dieses Mannes in seinem Glauben geborgen ist, dafür hier, abschließend und eröffnend, einige Sätze Teilhards aus seiner Studie; „Wie ich glaube“: „ ... Nein, Gott versteckt sich nicht, dessen bin ich gewiß, damit wir Ihn suchen, ebensowenig wie Er uns leiden läßt, um unsere Verdienste zu vermehren. Im Gegenteil: über Seine Schöpfung gebeugt, die zu Ihm aufsteigt, arbeitet Er mit allen Kräften daran, sie zu beseligen und zu erleuchten. Wie eine Mutter betrachtet Er Sein neugeborenes Kind. Unsere Augen aber vermögen Ihn noch nicht zu schauen . .. Unsere Zweifel wie unsere Leiden iind der Preis und die Bedingung einer universalen Vollendung. Unter diesen Bedingungen nehme ich es auf mich, bis zu Ende einen Weg zu gehen, dessen ich mehr und mehr gewß bin, auf den Horizont zu, der mehr und mehr in Nebel getaücht ist: So glaube ich.“ t'H Üuiv.-Doz.

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