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Der Haß gegen Juden eint Neonazis und Islamisten

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Von den 100.000 Moslems in Wien haben sich gerade 100 Khomeini-Verehrer zum großspurig angekündigten Jerusalem-Tag am Wiener Stephansplatz eingefunden. Ein Transparent mit dem Konterfei des Verstorbenen wird hochgehalten. Gut ein Dutzend Männer in Mullahtracht, mit schwarzen Mänteln, Turban und weißem Bauschebart machen dem Imam alle Ehre. Eine Gruppe verschleierter Frauen skandiert „Freiheit für Palästina”. Volksschulmädchen mit dunklen Mandelaugen verteilen währenddessen Flugzettel an Passanten. Von „Juden, die selbst nie verzeihen, sondern unaufhörlich von Auschwitz und Holocaust trommeln und auf ewig Wiedergutmachung verlangen” ist dort zu lesen.

Man könnte diese Minidemonstration irantreuer Fundamentalisten getrost übersehen, würde da nicht eine Stimme mit unverkennbar österreichischem Dialekt vom Podium herunter „Allahu Ak-bar” verkünden: Herr Mohammed Lanzl ist Vorsitzen-

der des Vereins „Islamisches Kulturzentrum”, eines Treffpunkts radikaler schiitischer Moslems aus dem Nahen Osten und ebensolcher Konvertiten aus Osterreich. Beim Großteil der Moslems in Wien hat der Verein den Ruf einer schrägen, vom Iran gesteuerten Truppe.

Die schiitischen Mullahs nicken zufrieden, als Lanzl Haß gegen Israel predigt und zum „Palästina Lied” anstimmt. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn ein Österreicher im Anorak in

der Wiener Innenstadt zur Befreiung Jerusalems aufruft, das „unter der Zionisten Schmutz leidet” und vollmundig bekundet: „Unter der Führung des Imam tragen wir die Flagge des Islam.”

Der Bedeutungslosigkeit dieser Sektierer, die beileibe nicht stellvertretend für den Islam in Österreich stehen, könnte man am besten mit Nichtbeachtung begegnen, lockten solche Töne nicht auch Leute an, die ansonsten wenig gute Worte für orientalische Einflüße finden. Doch nichts eint so sehr wie ein gemeinsamer Feind. Obwohl es nur „Beligionswissenschaftli-ches Interesse” sein soll, das Stephan Pexa von den rechtsextremen „Volkssozialisten Österreichs” hie und da in die Kellerräume des „Islamischen Zentrums” führt, als Autor für das schrille, rechte Blatt „Das neue Wort”. Eine Leseprobe daraus: „Lediglich die Buchara Juden in Wien wurden des öfteren durch ungute Bemerkungen von Wienern belästigt. Nur als Tschuschen, nicht als Juden! Schauen sie doch just so aus wie manche unserer ,Gäste' aus südlichen Nachbarländern, deren Urheimat in Indien liegt.”

Die antizionistische Sektiererpartei ist freilich alles andere als harmlos. Alfred Warton, einer der „volkssozialistischen” Parteiführer verfügt über Kontakte auch zur militanten Neonaziszene in Deutschland, wie etwa zur „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei”, einer mittler-

weile verbotenen rechtsextremen Organisation.

Mit dem Bekanntwerden dieser Verbindungen konfrontiert, schwächt Lanzl gegenüber der furche freilich ab: „Die Marxisten vom Doku mentationsarchiv bezeichnen doch alles als rechtsextrem, was den Juden nicht in ihren Kram paßt”. Es sei der jüdische Zionismus, der mit seiner internationalen Propaganda Lügen verbreitet, die Presse beherrscht und den Islam bedroht. Der israelische Geheimdienst sei natürlich auch in Wien allgegenwärtig, seufzt der Österreicher Lanzl, der sich in seinem gerechten Kampf gegen die jüdische Weltverschwörung Mut beim Barmherzigen holt: „Schließlich heißt es immer noch Allahu Akbar, Gott ist Größer.”

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