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Wienerischer Auftakt in Salzburg

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Was die Provinz gegen die Bundeshauptstadt auch immer einzuwenden haben mag: in theatralischen Bereichen der Länder hat alles Wienerische leichtes Spiel. So war es ein glücklicher Gedanke des neuen Salzburger Theaterdirektors, sich mit einem Wiener Lustspielabend einzuführen. Gandolf Buschbeck hat die beiden Einakter, „Frühere Verhältnisse“ von Johann Nestroy und „Othello, der Mohr von Wien“ von J. F. Kringsteiner, selbst in Szene gesetzt und das Salzburger Publikum im Handstreich erobert. Nicht nur, daß die Stücke gut gewählt waren, daß der junge Direktor sich als einfallsreicher Regisseur voll komödiantischer Laune erwies —• er deutete auch die Grundsätze an, nach denen eine Provinzbühne geführt werden müsse. Sparsame Ausstattung, weniger Aufwand, mehr Phantasie, Hebung des schauspielerischen Niveaus durch Stückengagement einzelner bedeutender Künstler, Beschränkung im Spielplan auf das Leistbare. Wenn Buschbeck auf der eingeschlagenen Linie bleibt, möchte man ihm freundliche Prognosen stellen. Jedenfalls war dieser erste Abend ein Erfolg, wie ihn Salzburg schon lange nicht erlebt hat.

Im Mittelpunkt der Nestroy-Posse „Frühere Verhältnisse“ stehen zwei überragende Schauspielerpersönlichkeiten: Gusti Wolf als Pepi Amsel und Fritz Lehmann in der Rolle des Muffl. Beide beherrschen die Stilmittel des Wiener Theaters mit größter Natürlichkeit; sie geben ihren Rollen Figur und dem Text die Leichtigkeit einer Improvisation. Aber auch die Wiederbegegnung mit Franz Muxeneder (Holzhändler Scheitermann) ist für das Salzburger Publikum höchst vergnüglich. Gerti Gordon würde als Frau Scheitermann durch ein wenig Zurückhaltung an Glaubhaftigkeit gewinnen

Die Othello-Parodie des Nestroy-Vorläufers Kringsteiner wirkt auch heute noch durch die drastische Unbekümmertheit, mit der sich der Autor über das Drama Shakespeares lustig macht. Allein die Transponierung in das Lakaien- und Hausmeistermilieu birgt eine Unzahl komischer Möglichkeiten, und die opernhafte Stilisierung durch die Regie schafft zusätzliches Ergötzen.

Die Musik Alexander Steinbrechers ist liebenswürdig in ihrer wienerischen Substanz und voll lustiger Einfälle. Als Othello strahlt ■ Franz Muxeneder in sympathischer Schwärze; dem Desdemonerl gibt Gerti Gordon tänzerische Anmut. Höhepunkte sind wieder die appetitliche Wäscherin Gusti Wolfs und der sanft versoffene Cassio Fritz Lehmanns. Als urwienerischer Hausmeister Wastl setzt Kurt Strauss seine machtvolle Persönlichkeit ein. Friedemann Layer wird als musikalischer Leiter der Verpflichtung, die der Name auferlegt, vollauf gerecht. Die Bühnenbilder von Lois Egg und Erni Knieperts Kostümentwürfe erregten Entzücken. Ein gelungener Abend. Es gab viele Vorhänge.

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