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Shakespeare in Salzburg

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Vor einem Jahr hat Gandolf Buschbeck mit einem köstlichen Wiener Theaterabend seinen Einstand als Direktor des Salzburger Landestheaters gehalten. Aber mit einem Höhepunkt anzufangen, ist immer gefährlich. Publikum und Kritik fassen ihn als Versprechen für die Zukunft auf und bestehen auf dessen permanente Erfüllung. Bei dem allzu optimistischen Konzept Busch- becks waren Enttäuschungen vorauszusehen. Es ist heute eben unmöglich, einen Spielplan auf die Mitwirkung bedeutender Gäste aufzubauen, wenn man sich nicht auf Verträge stützen kann, sondern auf freundschaftliches Entgegenkommen angewiesen ist. Fernsehen und Film nehmen die Bühnenkünstler von einigem Rang so sehr in Anspruch, bieten ihnen solche Gagen, daß für die meisten ein Gastspiel an einem Landestheater ein unzumutbares Opfer bedeutet. Die notwendige Konsequenz wäre, sich in der Stückwahl auf solche Werke zu beschränken, denen das ständige Ensemble in allen Rol

len gewachsen ist. Ein großer Shakespeare aber, bei dem mehr als zwanzig Personen auf der Bühne stehen, wird peinliche Lücken aufdecken.

Damit ist das allgemeine Unbehagen bei „Romeo und Julia“ im Landestheater erklärt. Buschbeck hat die Tragödie selbst inszeniert und mit den verfügbaren Mitteln gewiß das Mögliche erreicht Einzelne Rollen konnten vollwertig, einige zufriedenstellend besetzt werden. Alles andere aber war — es muß leider ausgesprochen werden — Provinz. Also gerade das, was man hier nicht haben will. Wenn der Direktor Buschbeck dem Regisseur Buschbeck andere Aufgaben stellt Aufgaben, die der Struktur des Ensembles Rechnung tragen, wird dieser zu erfüllen vermögen, was wir uns von jenem erwartet haben.

Aber nun gab es in dieser zwiespältigen Premiere doch auch viel Gutes. In der jungen Elisabeth Gass- ner stand für die Julia eine Schauspielerin mit großen Möglichkeiten

zur Verfügung. Wohl klangen die lyrischen Passagen noch ein wenig aufgesetzt und künstlich. Aber das ist das Schwerste. Die Ausbrüche dagegen waren von elementarer Echtheit. Von dieser jungen Künstlerin geht etwas aus, und darauf kommt es vor allem an. In Ausstrahlung und Intensität blieb Gerhard Bailuch als Romeo hinter seiner

Partnerin zurück. Indes bot auch er eine gute Leistung; seine stärksten Augenblicke waren die der Ruhe und stillen Besinnlichkeit. Die gräflichen Elternpaare Montague und Capulet wurden von den Damen Eckhoff und Servaes und der Herren Wettich und Schober mit Würde dargestellt. Johannes Schütz (Escalus) und Sepp Scheepers (Mercutio) gestalteten Typen männlicher Kraift. Buschbecks Regie war besonders im Arrangement der Volksszenen, der Raufhändel und Zweikämpfe erfolgreich; in der Führung der Schauspieler nur dort, wo diese in der Lage waren, auf die Intentionen des Spielleiters einzugehen.

Als Bühnenbildner versuchte Lois Egg, durch eine Reihe risalitenähn- licher Bauteile, zwischen denen die Mauer fehlte, eine allen Schauplätzen gemeinsame Atmosphäre und den Akteuren viele Möglichkeiten des Auftritts und Abgangs zu schaffen. Die Verwendung der Drehbühne gestattete zwar raschen Szenenwechsel, artete aber in den tragischen Schlußbildern zu einem Ringelspiel aus.

Trotz aller Einwände gegen die Wahl des Stücks und gegen diese Aufführung muß gesagt werden, daß der Abend von der Jugend begeistert aufgenommen wurde; für sie war die Dichtung Shakespeares auch in der gebotenen Form ein großes Theatererlebnis. Und das allein rechtfertigt den Versuch, besonders in einer Zeit, da das musische Bedürfnis des jungen Menschen zur Domäne des Filmgeschäfts geworden ist.

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