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Solidarität mit den Geprügelten

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Völlige Religionsfreiheit herrscht in der Tschechoslowakei. Die Verfassung garantiert sie, internationale, von der CSSR unterzeichnete Erklärungen wie die Helsinki-Schlußakte dokumentieren die Absicht unseres nördlichen Nachbarlandes, dieses Menschenrecht zu gewährleisten.

Wer es trotzdem nicht glaubt, dem wird es eingeprügelt. Wie am vergangenen Freitag in Preßburg.

Zweifellos werden die CSSR-Verantwortlichen auch diesen Prügelkommunismus erklären können. Denn um Religionsfreiheit, so tönt es aus den Parteihochburgen von Prag über Preßburg bis auf den Wiener Höch-städtplatz, ging es bei der Preßburger Katholikenkundgebung doch überhaupt nicht.

Naiv, wer den tschechoslowakischen Katholiken glaubte, daß man von Staat und Partei unabhängige Bischöfe brauche, die Priesterausbildung aus der Umklammerung des Sicherheitsdienstes gelöst gehörte, die „Pa-cem-in-terris“-Geistlichen kein Vertrauen genießen und Religionsausübung außerhalb des Kirchenraumes schwere Nachteile mit sich bringe. Die Kommunisten wissen alles besser.

In dieser Sichtweise waren also wieder einmal ferngesteuerte, vom Westen aufgehetzte bürgerliche Umstürzler am Werk; Keiltreiber, die den gesellschaftlichen Grundkonsens in der CSSR und die guten Beziehungen zwischen Prag und dem Vatikan gefährden.

Für die kommunistische Partei in der Tschechoslowakei haben friedliche Demonstrationen, Gebet und Kerzenanzünden einen Staats- und sozialismuszerstörerischen Effekt. Man läßt daher Schlagstöcke wirbeln und kühlt die erhitzten Gemüter mit Wasserwerfern. West-Korrespondenten nimmt man vorsorglich in Haft, damit sie keinen falschen Eindruck von den Vorgängen gewinnen.

Unerträglich und lächerlich dieser Zynismus einer „staatstragenden“ kommunistischen Partei!

Kein einziger von den CSSR-Behörden der Preßburger Versammlung katholischer Aktivisten gegenüber erhobener Vorwurf konnte die These einer Staatsgefährdung erhärten.

Unsicherheit läßt die Prager Kommunisten — auch unter dem neuen Parteichef Miloä Jakei — gegenüber einer Kirche mauern, die aus dem Schatten tritt. Und damit belegt das Regime, was es eigentlich zu widerlegen galt.

Begreifen wir hier in Österreich? Das Entsetzen über die Preßburger Prügeleien war nicht gespielt. Doch die politischen Reaktionen waren den Vorgängen nicht angemessen. Man tut erstaunt darüber, was heute noch möglich ist und überläßt das Handeln wieder einmal Prag.

Wirksame menschliche und politische Solidarität mit den CSSR-Christen bedeutet mehr als bloßes Reagieren.

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