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Venezianische „Kriegsmaschine”

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Sie ist erfüllt von der Ästhetik der Renaissance, deren Philosophen und Architekten die Ordnung des Universums in einem Stadtplan universell umzusetzen trachteten. Vor allem aber ist sie der modernste Festungsbau ihrer Zeit, sozusagen ein Prototyp, in dem martialische und zivilisatorische Ideale zur Einheit verschmolzen. So, als sollte die Janusköp-figkeit menschlichen Erfindergeistes, sein Hang zum Edlen wie zum Gewalttätigen dokumentiert werden.

Entstanden ist die Stadt Palmanova aus einem schwerwiegenden Konflikt. Die Republik Venedig dehnte ab 1420 ihren Einflußbereich auf Friaul aus. Neben der Lagunenstadt suchten auch die Habsburger an dem Kuchen mitzunaschen, der mit dem Niedergang des Patriarchates von Aquileja zu verteilen war.

Weil andere Krisenherde und die wichtigen Handelsbeziehungen zu den Eisenproduzenten und Viehzüchtern des Habsburgerreiches zur

Verschiebung des Projektes rieten, begann Venedig erst 1593 mit dem Bau der sternförmigen Anlage. Zwischen Udine und Grado gelegen, wurde sie zum lange Zeit respektierten Siegel auf den fyiaulanischen Besitzungen der Serenissima. Das architektonische Grundmuster der Festungsstadt ist an das antike und mittelalterliche Erbe angelehnt. Im Zentrum liegt ein sechseckiger Platz, von dem aus sich die Gebäude und Straßen harmonisch ausbreiten. Sie werden von einem Neuneck umschlossen.

Den Ecken des 1800 Meter langen Befestigungsringes sind spitzförmi-ge Bastionen vorgelagert, um Angreifer gleich aus mehreren Richtungen attackieren zu können.

In Palmanova herrschte bis in unser Jahrhundert Kasernenhofstim-mung vor. Ziviles Leben vermochte nicht zu gedeihen. Die gesamte Anlage - viele sehen in ihr das einzige praktische Beispiel einer „idealen

Stadt” - legt aber die Vermutung nahe, daß die Planer sowohl an eine „mac-china militare” als auch an einen Ort Urbanen Lebens dachten. Zur Steigerung seines ästhetischen Wertes tragen Tore und Bastionen Ornamente; die Plätze haben geschlossene Ecken, sie sind geschützte Räume für gesellschaftliches Leben, nicht nur Straßenkreuzungen, wie sie dem militärischen Zweck genügt hätten.

Palmanova diente 204 Jahre Venedig, nach einem französisch-italienischem Intermezzo bis 1866 Österreich,und danach Italien. Ein letztes Mal wurde die Festung im Ersten Weltkrieg zum Schauplatz von Kämpfen und daher schwer beschädigt.

Wie Gemälde und Modelle zeigen, hatte die in Palmanova angewandte Militärarchitektur der strahlenförmigen Bastionen Vorbildwirkung für viele Städte in Spanien, Belgien, Holland, Deutschland, Österreich (zu sehen ist die Ansicht der Grazer Festungsanlagen) und im Baltikum.

Im Modell der polnischen Stadt Zamosc hat man neuerlich das Konzept der idealen Stadt verwirklicht. Münzen der verschiedenen europäischen Festungen und eine reichhaltige Sammlung von Waffen und Rüstungen ergänzt die Ausstellung, die in Palmanova und in Codroipo in der Villa Manin di Passariano noch bis 15. November zu sehen ist.

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