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Südtirols Geist von morgen

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In keinem anderen Lande ist die Entwicklung der Hochschülerschaft aus den eigenen Reihen so von Wichtigkeit als im Grenzland, und hier vor allem in Südtirol, wo die Zahl der einwandernden Italiener von Jahr zu Jahr größer wird und sich das eingesessene Volk daher um so mehr seines Lebensraumes und seiner Lebensstellung wehren muß. Hier ist es vor allem die Führungsschicht, die Hochschülerschaft, die einmal große Aufgabe haben wird, das Volk zu führen.

Es ist daher der Südtiroler Hochschülerschaft zu danken, daß sie durch ihre Statistiken, die sie in ihrer Zeitschrift, „Der Scholast“, veröffentlicht einen Einblick in ihre Probleme gibt.

Stetes Wachstum

Erfreulich ist, daß die Südtiroler Hochschülerschaft von Jahr zu Jahr wächst. Waren im Schuljahr 1956/57 nur 302 Studenten und Studentinnen an Hochschulen eingeschrieben (davon 128 an italienischen und 174 an ausländischen Hochschulen), so stieg diese Zahl im nächsten Schuljahr, 1957/58, bereits auf 369 (davon 130 an italienischen und 239 an ausländischen Universitäten — schon um 67 i mehr) und im Schuljahr 1958/59 auf 430 Studenten (davon 300 an ausländischen und 130 an italienischen Universitäten), also wieder um 61 Studenten mehr. Im Jahre 1959/60 waren es schon 490 Studenten und Studentinnen (davon 3 52 an ausländischen und 138 an italienischen Universitäten), und im Jahre 1960/61 stieg die Zahl auf 576 Hochschüler (davon studierten 415 an ausländischen und 161 an Italienischen Hochschulen). Die Zahl hat sich also seit 1956/57 um 274 Studierende erhöht, die der an ausländischen Universitäten Studierenden von 174 auf 415 (also um 241), die der an italienischen Hochschulen allerdings nur um 33.

Die einzelnen Fakultäten

Aufschlußreich ist die Aufteilung der Hochschüler auf die einzelnen Fakultäten.

Von den Theologen studierten im Jahre 1956/57 insgesamt fünf an ausländischen Hochschulen und keiner in Italien (die Priesterseminare sind hier nicht angeführt); auch im nächsten Schuljahr 1957/58 studierten sechs Hörer an ausländischen Universitäten, während im Jahre 1958/59 von den 17 Theologen schon elf an italienischen Hochschulen und nur mehr sechs im Ausland inskribiert waren 1960/61 gab es 25 Theologen, davon 15 an italienischen und zehn an ausländischen Fakultäten. Bei dieser Fakultät hat sich also das Studium an italienischen Hochschulen durchgesetzt, während an den meisten anderen Fakultäten die Zahl der im Auslande Studierenden von Jahr zu Jahr anstieg.

An Philosophen gab es 1956 im ganzen 68 (davon 36 im Auslande und 37 in Italien); die Zahl stie£ bis zum Jahre 1960/61 auf 130 Hörer, davon 113 an ausländischen und 17 an italienischen Hochschulen, so daß die Zahl der in Italien Studierenden um 19 sank, während in der gleichen Zeit die der Hörer an ausländischen Hochschulen um 68 anstieg.

An der juristischen Fakultät betrug die Hörerzahl 1956/57 insgesamt 31 (davon 18 an italienischen Hochschulen und nur 13 an ausländischen) und stieg bis zum Studienjahr 1960/61 auf insgesamt 71 Hörer - um 40 mehr; davon waren 37 in Italien und

34 im Ausland inskribiert. Der Grund dafür ist, daß jeder Südtiroler Student, der im Auslande sein Hochschulstudium absolviert, eine Nostrifizierung an einer italienischen Universität einholen muß.

Wenig gefragt sind die Staatswissenschaften. Hier hat sich die Zahl der Studierenden nicht erhöht. 1960/61 gab es acht Hochschüler, gleich viel wie 1956/57. Auch die Besucherzahl an den italienischen und ausländischen Fakultäten war gleich, vier zu vier.

Ebensowenig frequentiert war die Tierärztliche Hochschule. Von drei Hörern im Jahre 1956/57 stieg die Hörerzahl im Jahre 1960/61 lediglich auf das Doppelte, also auf sechs, wovon fünf im Ausland und nur einer in Italien die Hochschule besuchten.

Es ist eigentlich verwunderlich, daß das Veterinärstudium nicht mehr Anklang findet, da doch Südtirol ein ausgesprochenes Bauernland ist und Tierärzte nach wie vor im Lande sehr gesucht sind.

Trotz alledem: Viele Mediziner

Wesentlich besser stehen die Zahlen bei den Medizinern. Waren es im Jahre 1956/57 37 Hörer (davon 28 im Auslande und neun in Italien), so stieg diese Zahl bis zum Jahre 1960/61 auf insgesamt 53 (davon 48 an ausländischen und nur fünf an italienischen Hochschulen), also ein Anstieg der Studierenden um 16 Hörer.

Die Möglichkeit des Fortkommens in Südtirol ist für Mediziner nicht gerade rosig, da die Stellen in den öffentlichen Krankenhäusern zum größten Teil von Italienern besetzt werden und so dem deutschen Arzt lediglich die Landpraxis und die Privatpraxis in den Städten verbleibt, aber auch da hat er einen schweren Kampf zu kämpfen, da die Kassenpraxis ebenfalls vorwiegend von italienischen Ärzten ausgeübt wird.

Nur gering ist das Interesse der Studierenden an der Pharmazie. 1956/57 waren es drei Studenten und 1960/61 vier, also in den fünf Jahren, deren Statistik uns vorliegt, lediglich ein einziger Student mehr. Davon studierten drei im Ausland und nur einer in Italien.

An zweiter Stelle in der Anzahl der Hörerschaft stehen die Wirtschaftsund Sozialwissenschaften mit 88 Hörern im Jahre 1960/61 (davon 30 an ausländischen und 58 an italienischen Hochschulen) gegen 32 im Jahre 1956/57, also eine Erhöhung von 56 Hörern in fünf Jahren. Auch an dieser Fakultät waren in allen Jahren mehr Hörer an den italienischen Hochschulen als an ausländischen.

Gesunken ist die Hörerzahl merkwürdigerweise an den land- und forstwirtschaftlichen Fakultäten: sie ist von 38 im Jahre 1956/57 auf 33 im Jahre 1960/61 gefallen. Davon studierten 1960/61 25 an ausländischen Hochschulen und neun an italienischen.

An dritter Stelle steht die Technik. Im Jahre 1956/57 studierten 38 Hörer an den technischen Hochschulen (28 an ausländischen und zehn an italienischen Hochschulen); die Hörerzahl stieg bis zum Jahre 1960/61 auf 84 Hörer (um 46), davon 78 an ausländischen und nur sechs an italienischen Hochschulen.

Die Zahl der Hörer an den naturwissenschaftlichen Fakultäten hat sich in den fünf Jahren von 1956/57 auf 1960/61 verdoppelt (von 30 auf 60 Hörer). Davon studierten 1956/57 20 an ausländischen Hochschulen und zehn an italienischen, im Jahre 1960/61 52 an ausländischen und acht an italienischen Hochschulen.

Viele Anfänger — weniger Absolventen

Die Bewegung innerhalb der Hochschülerschaft überhaupt weist ebenfalls eine steigende Tendenz auf. Von 1959/60 auf 1960/61 wurde ein Zuwachs von insgesamt 86 Hochschülern gezählt. Wurden im Jahre 1956/57 86 inskribiert, so sanken die Inskriptionen 1957/58 auf 78, stiegen aber im nächsten Jahre schon auf 87, im nächsten Jahre 1959/60 auf 96 und im Jahre 1960/61 auf 110 Neuimmatrikulierte.

Aber nicht alle stehen das Studium durch. Im Jahre 1956/57 beendeten ihr Studium 18 Hörer, im Jahre 1957/58 45, im Jahre 1958/59 28 und im Jahre 1959/60 41.

Stadt — Land, Burschen — Mädchen

Die Übersicht wäre nicht vollständig, wollte man nicht auch die Studenten nach ihrer sozialen Herkunft feststellen.

Studenten aus den Städten gab es 1956/57 147, vom Land 155; 1957/58: 182 Städter und 187 vom Land; 1958/59: Landbevölkerung 229, Stadt 201; 1959/60: 171 vom Land, 219 aus der Stadt; 1959/60: 305 vom Land und 271 aus der Stadt. Dieser letzte Anstieg der Studenten aus der städtischen Bevölkerung um 52 Studenten in einem einzigen Studienjahr ist bezeichnend für den wachsenden Anteil der Stadtbevölkerung am Hochschulstudium, und es ist zu erwarten, daß er weiter ansteigt.

Im Schuljahr 1960/61 studierten an philosophischen Fakultäten 50 Mädchen im Ausland und sechs in Italien (71,8 Prozent), zwei Rechtswissenschaften im Ausland (2,6 Prozent), eine Staatswissenschaften in Italien (1,3 Prozent), drei Medizin im Ausland (3,8 Prozent), eine Pharmazie im Auslande (1,3 Prozent), acht Naturwissenschaften, davon sechs im Ausland und zwei in Italien (10,3 Prozent), drei Technik im Ausland (3,8 Prozent), eine Wirtschaftsund Sozialwissenschaft in Italien (1,3 Prozent), und drei besuchten Kunstakademien im Ausland (3,8 Prozent).

Die Tendenz der Neuimmatriku-lierungen geht vor allem zu den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (30), der Technik (23) sowie merkwürdigerweise auch zur Philosophie und Philologie (19), während Pharmazie und auch Land- und Forstwirtschaft und Tierheilkunde weniger gefragt sind.

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