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Südtirols „Skolasten“

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In keinem Land ist die Entwicklung der Bevölkerung so abhängig von seiner zukünftigen geistigen Führung wie gerade in den Grenzländern mit nationalen Minderheiten. Gilt es doch in erster Linie, die geistige Führung nicht der Gegenwart, die unbestritten ist, sondern in der Zukunft zu sichern. Deshalb ist die Statistik der Hochschüler, die kürzlich die Zeitschrift der Südtiroler Hochschüler, „Der Skolast“, veröffentlichte, also der heranwachsenden geistigen Führer, mehr denn je ein Blick nach vorne, denn davon hängt es schließlich ab, wie das Volkstum in seiner Ursprünglichkeit und in seiner geistigen Form seinen Weg in die Zukunft nimmt.

Die Entwicklung der Südtiroler Hochschülerschaft weist von Jahr zu Jahr eine erfreulichere Aufwärtsbewegung auf.

Waren es im Schuljahr 1956/57 nur 302 Hochschüler, von denen 128, oder 42,4 Prozent, an italienischen Hochschulen und 174, oder 57,6 Prozent, an ausländischen Hochschulen studierten, so waren es im nächsten Schuljahr, 1957/58 bereits 369 (eine Steigerung von 67 Hochschülern), wovon 130 an italienischen und 239 an ausländischen Hochschulen studierten. Prozentuell ging der Besuch an italienischen Hochschulen auf 35,2 Prozent zurück, während der Besuch an ausländischen Hochschulen auf 64,8 Prozent anstieg. Im folgenden Studienjahr, 1958/59 blieb der Besuch an den italienischen Hochschulen mit 130 gleich, während er an ausländischen Anstalten auf 300 anstieg, also studierten in diesem Jahr schon 230 Südtiroler mehr an ausländischen Universitäten, was nunmehr einem Verhältnis von 30,2 Prozent inländischer und 69,8 Prozent ausländischer Studierender gleichkommt. Der Prozentsatz an Studierenden an ausländischen Hochschulen steigt weiter bis zum Jahre 1961/62.

Die absolute Anzahl der Studierenden steigt von Jahr zu Jahr. So hat sich die Anzahl der Südtiroler Hochschüler von 1956/57 auf 1963/64 um 555 Studenten gesteigert, was mehr als eine Verdoppelung bedeutet

Der Hauptgrund, warum mehr Südtiroler an ausländische, darunter besonders österreichische Universitäten gehen, bildet wohl das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung der Studientitel.

Was nun die Universitäten betrifft, an denen die Hochschüler Südtirols studieren, so sind, wie eben erwähnt, in erster Linie die österreichischen Hochschulen führend. In Innsbruck studierten 28,8 Prozent und in Wien 21,6 Prozent der Südtiroler. Von den insgesamt 242 Südtirolern, die in Innsbruck studierten, entfielen auf: Theologie 16, Philosophie und Philologie 103, Rechtswissenschaft 29, Staatswissenschaften 3, Medizin 44, Pharmazie 7, Naturwissenschaften 33 und Wirtschafts- und Sozialwissenschaft 7 Studenten. An zweiter Stelle steht Wien mit insgesamt 185 Südtiroler Hochschülern, wovon auf Theologie 1, Philosophie und Philologie 20, Rechtswissenschaft 8, Staatswissenschaft 5, Medizin 19, Pharmazie 1, Naturwissenschaften 17, Land- und Forstwissenschaft (Bodenkultur) 29, Technik 27, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft 36 und Kunstakademie 14 Hörer entfallen. Die anderen österreichischen Hochschulen sind bedeutend schwächer besucht.

Insgesamt studieren in Österreich derzeit 511 Südtiroler. Die übrigen im Ausland Studierenden verteilen sich auf Deutschland mit 90 Hochschülern, je ein Süd tiroler in der Schweiz und in Denver, USA. In Italien studieren insgesamt 254 Südtiroler,Am stärksten besucht ist die Universität Padua mit 77 Studenten, gefolgt von Florenz mit 58, Mailand mit 26, Rom mit 24, Venedig mit 21 Studenten, während sich die anderen italienischen Hochschulen mit geringeren Besucherzahlen begnügen müssen.

Den Fakultäten nach studieren 20,7 Prozent der Südtiroler Philosophie und Philologie, 12,4 Prozent Rechtswissenschaft, 15,8 Prozent Technik, 15,3 Prozent Wirtschaftsund Sozialwissenschaft, 9,9 Prozent Naturwissenschaft, 9,3 Prozent Medizin, während sich die restlichen

16.6 Prozent auf Land- und Forstwirtschaft, Theologie, Kunst, Staatswissenschaft, Pharmazie und Veterinärmedizin verteilen. Auffallend ist bei dieser Statistik, daß sich verhältnismäßig sehr wenige Studenten mit Land- und Forstwirtschaft befassen.

Technik studieren “ insgesamt 135 Hörerr

Auch volkstumsmäßig ist die Herkunft der einzelnen Studierenden aufschlußreich. So studieren 202 Bozener. Wenn man bedenkt, daß Bozen lediglich heute noch 18.766 deutsche und ladinische Einwohner zählt, so ist die Prozentzahl recht erheblich und zeigt vor allem vom unbeugsamen Willen der Bozner Hochschüler, die Führung im Lande zu behalten. Hinter Bozen folgt Meran mit insgesamt 101 Hochschülern, Bri-xen mit 47, Bruneck mit 31, Sterzing mit 16, das Unterland (von Bozen bis Salurn) mit 47, das Überetsch mit 29, das Sarntal mit 6, Eisacktal mit 95(!), Groden (also hauptsächlich Ladiner) mit 22 und das zweite Ladinertal, das Gadertal mit 19, das Pustertal mit 81, das Ahrntal mit 18, das Etschtal mit dem Burggrafenamt mit 62, das Vinschgau mit 53 Studenten.

Ein Blick auf die weibliche Studentenschaft: Philosophie und Philologie hörten insgesamt 77 Sudentin-nen, wovon 12 im Inland (Italien) und 65 im Ausland studierten.

Aus welchen Berufen der Väter stammen die Studenten? Erfreulich ist vor allem, daß die Hochschüler, die von Bauern kommen, immer mehr werden. Waren es im Jahre 1960/61 28,4 Prozent und im Jahre 1961/62 schon 28,5 Prozent, so gab es im Jahre 1963/64 bereits 29,4 Prozent oder 105 Studenten bäuerlicher Herkunft. Prozentuell entstammen 29,4 Prozent bäuerlichen Familien (der weitaus größte Teil), 15,17 Prozent freien Berufen, 12,25 Prozent Beamtenfamilien,

13.07 Prozent Kaufleuten, 10,62 Prozent Gewerbetreibenden, 4,67 Prozent Arbeiterfamilien, während sich der Rest auf andere Berufe aufteilt.

daß die studierende Jugend nach Abschluß der Studien und Erlangung der akademischen Grade im Lande bleibt und sich der Heimat widmet. Der beste akademische Nachwuchs würde dem Volke nichts nützen, wenn er sich nach Abschluß der Studien in das Ausland verflüchtigte und die Seinen allein ließe.

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