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Amtssprache Deutsch für Südtirol: Wer bezahlt?

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Kürzlich hörte man wieder von einem besonderen Aspekt der Südtirolfrage, der schon Ende des Sommersemesters in der Presse diskutiert wurde: das Vollstudium des italienischen Rechts in Innsbruck.

Diese Studienrichtung, die es den Südtirolern ermöglicht, in Österreich ihren Doktor juris zu machen, ist seit einem Jahr ein ordentliches Studium, das schon seit 1974 als Studium irreguläre angeboten worden war, aber für jeden einzelnen Fall einer Sonderbewilligung bedurfte.

Im Juni sorgte dann ein (entgegen dem Amtsgeheimnis durchgesickerter) Beschluß des juristischen Fakultätskollegiums für einige Aufregung.

Die Innsbrucker Juristen richteten ein Schreiben an das Wis-

senschaftsministerium, in dem sie sich „außerstande" erklärten, „ein Vollstudium des italienischen Rechtes zu vollziehen", wenn nicht ein eigenes Institut und eine Zentralbibliothek dafür geschaffen würden. Kostenpunkt: jährlich zirka 4,7 Millionen Schilling, das sind, auf 30 bis 35 Studierende umgerechnet, 150.000 Schilling pro Kopf.

Wissenschaftsminister Herta Firnberg sagte umgehend die erforderlichen Mittel zu und gab vor zwei Wochen auf eine schriftliche parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Felix Ermacora bekannt, daß ihr Ministerium

auch in Zukunft bemüht sein werde, „die erforderlichen Mittel für die Ausbildung der Südtiroler Studenten an der Universität Innsbruck in angemessenem Aus-* maß zur Verfügung zu stellen."

Somit scheint das finanzielle Problem gelöst und dem Innsbrucker Fakultätsbeschluß der Boden entzogen.

Was aber bleibt, ist die Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines solchen Studiums, die hinter den Bedenken des juristischen Fakultätskollegiums stand.

1980/81 waren 62 Südtiroler Jus-studenten inskribiert, 33 legten Staatsprüfungen ab. Letztes Jahr wurden 78 Jusstudenten von 20 Lehrbeauftragten betreut. 12 Lehrer kamen von italienischen Universitäten und mußten zu ihren Veranstaltungen zwischen Innsbruck und Italien hin- und herpendeln - auf Kosten des Staates Österreich. '""Soll Wien nun allein die Ausbildung für Juristen zahlen, die letztlich dem italienischen Staat zugute kommen, wenn Rom nichts dazu beiträgt?

Wenn die Zweisprachigkeit in

der Südtiroler Justiz eingeführt wird, werden die zweisprachig ausgebildeten Südtiroler Juristen aus Innsbruck die einzigen qualifizierten Kräfte sein.

Seit Südtirol zu Italien gehört, hat sich Österreich immer als seine Schutzmacht verstanden und sich im Pariser Abkommen sogar verpflichtet. In diesem Sinne genießen im universitären Bereich die Südtiroler verglichen mit anderen Ausländern eine Reihe von Begünstigungen, sie sind den Inländern faktisch gleichgestellt.

Darüber hinaus versteht sich die Universität Innsbruck als Landesuniversität für ganz Tirol, die besonders den deutschsprachigen Südtirolern offensteht.

Das wirft Probleme auf beim Jusstudium, das „staatsspezifisch" ist, da in der Regel jeder Staat eine eigene, von anderen verschiedene Rechtsordnung hat.

Will nun die Innsbrucker Universität den Südtirolern die Möglichkeit geben, allen Studienrichtungen auf Deutsch nachzugehen, muß sie auch das in einem Teil Tirols geltende italienische Recht lehren.

Das ist aber nur sinnvoll, wenn es fachlich gleichwertig dem Studium an einer italienischen Universität ist. Dazu ist das von den Innsbruckern geforderte eigene Institut unbedingt notwendig.

Das am 20. August unterzeichnete Abkommen über die Zusammenarbeit der österreichischen und italienischen Universitäten ermöglicht nun die Vereinbarung von gemeinsamen Projekten in Lehre und Forschung sowie die Errichtung gemeinsamer Studienpläne. Nach diesen „integrierten Studienprogrammen" darf sich der Studierende nach Belieben aussuchen, an welcher Partneruniversität er sein Studium absolviert.

Von italienischer Seite wurde lange erwogen, in Bozen oder Trient eine eigene zweisprachige Universität aufzubauen. Da ein solcher „Neuling" aber Jahre gebraucht hätte, sich wissenschaftlich zu profilieren, ist die faktische Bestätigung Innsbrucks als gemeinsame Landesuniversität nur zu begrüßen.

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