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Eine Universität für Südtirol

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Um die mit dem „Pakef'-Abschluß errungene Autonomie in Südtirol weiter zu festigen, braucht es nicht nur eine politische Linie und eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs, sondern auch eine klare Bildungspolitik.

Auch die Söhne und Enkelkinder der heutigen Südtiroler sollen die deutsche Sprache weiterhin sprechen und pflegen. Dazu braucht es entsprechende Schulen - und Lehrpersonal. Gemäß dem Autonomiestatut verbleibt in Südtirol das Lehrpersonal „rechtlich und wirtschaftlich” beim Staat. (Dies ist in der Provinz Trient nicht der Fall, und auch nicht in der autonomen Region Aosta.)

Die Notwendigkeit eines ständigen Nachwuchses beim deutschen und ladinischen Lehrpersonal haben die zuständigen Kreise in Südtirol, darunter Kulturlandesrat Bruno Hosp, längst eingesehen. So sind Überlegungen zur Errichtung einer Universität in Bozen, wo die mehrsprachige Südtiroler Intelligentia von morgen herangezogen werden soll, derzeit wieder aktuell.

Heute können Südtiroler Maturanten nur an den Universitäten von Innsbruck oder Trient, oder gar in Wien, studieren. Im Augenblick besitzt Südtirol nicht einmal die Zuständigkeit für die Schaffung einer solchen Universität in Bozen. Daher wird die erste Aufgabe der zuständigen Behörden darin bestehen, die rechtlichen Bedingungen zum Aufbau eines eigenen Hochschulsystems herzustellen.

Seit April 1992 gibt es die „Europäische Akademie Bozen” (EURAC), eine Institution mit Hochschulcharakter. Bei ihrer Gründung standen verschiedene Körperschaften Pate, darunter das Südtiroler Kulturinstitut, das Südtiroler Bildungszentrum, das Südtiroler Wirtschafts- und Sozialinstitut, sowie das „Consorzio Lavoratori e Studenti” und das „Institute Altoatesino di Coordinamento cultu-rale”. Ihr Leiter ist Werner Stuflesser.

Die EURAC ist eine iangfristige Investition in die Zukunft Südtirols. Sie wird sich vornehmlich der praxisorientierten Forschungs- und Fortbildungstätigkeit widmen. Schwerpunkte sind Sprache und Recht, Umweltschutz (Ökologie im Alpenraum), Volksgruppen- und Autonomiefragen, sowie fach- und südtirolspezifische Fortbildung. Zu den Partnern der EURAC gehören die Landesakademie Krems, die Vorarlberger Akademie Schloßhofen, Infoterm Wien sowie die Universitäten Innsbruck, Graz, Bern und Hildesheim.

Vorderhand stehen der Akademie einige Räume im renovierten Gebäude der Landkommende des Deutschen Ordens (erbaut 1508) zur Verfügung, in absehbarer Zeit wird sie ihren Sitz in einen Neubau verlegen. Ihre finanziellen Mittel - Jahresbudget etwa drei Millionen Schilling - erhält sie von der Provinz Südtirol.

Eine weitere Einrichtung mit akademischem Niveau gibt es in Brixen. Das ist die Philosophisch-Theologische Hochschule, eine Institution päpstlichen Rechts. Wenn man dort zehn Semester lang studiert, kann man mit dem Bakkalaureat in Theologie abschließen, was dem Grad des Diplomtheologen entspricht. Um aber Magister oder gar Doktor der Theologie zu werden, muß man gegenwärtig noch wenigstens ein Semester in Innsbruck studieren.

Vorstufen: Brixen, EURAC

Zum Priesteramt Berufene brauchen dann noch zwei weitere Semester zur Einführung in den pastoralen Dienst. Für Laientheologen gibt es nach einem Studium in Brixen die Tätigkeit als Religionslehrer in einer öffentlichen Schule oder den Einsatz in kirchlichen Bildungshäusern. Momentan gibt es in Brixen mehr Mädchen als junge Männer unter den etwa 400 Studenten. Schon 1607 war Brixen Sitz eines Priesterseminars. 1945/46 war es das einzig funktionierende deutschsprachige Gymnasium Südtirols. Heute sind die Brixener Hochschule und die EURAC in Bozen die Vorstufen zu einer echten, auf die Ausbildung von Lehrpersonal spezialisierten Universität für Südtirol, wo die Kurse mit der Überreichung eines „Diplo-ma universitario” beendet werden.

Zur Erreichung dieses Zieles setztLandesratHosp auf den „Freundschaftsvertrag” zum offiziellen „Paketabschluß” zwischen Österreich und Italien. Landesrat Hosp wünscht sich „eine generelle, flexible und europäisch orientierte Lösung”.

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