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Komm lernen nach Österreich!

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Während des Wintersemesters 1953/54 waren an österreichischen Hochschulen 3229 ausländische Studenten inskribiert, das entspricht 16 Prozent der Gesamthörerschaft. Vergleicht man dies mit den Verhältnissen der Zwischenkriegszeit — 1926 z. B, lag der Anteil der ausländischen Studenten bei 31 Prozent—, so drängt sich die* Frage auf, weshalb das Ausländerstudium so stark zurückging — eine Frage, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt weiden sollte.

Man braucht nur einen Blick über die Grenzen zu werfen, um einen Begriff davon zu bekommen, welche Bedeutung in anderen Ländern dem Studium ausländischer Studenten beigemessen wird. Das Fulbright-Programm und andere Stipendien bringen z. B. alljährlich einige tausend junger Ausländer nach Amerika, wo sie nicht nur ihre fachliche Ausbildung fortsetzen und vervollkommnen können, sondern auch mit Hilfe verschiedener öffentlicher und privater Organisationen mit der amerikanischen Lebensweise vertraut gemacht werden.

In Frankreich, wo die zur Verfügung stehenden Mittel wesentlich bescheidener sind, ist man mit Erfolg bemüht, möglichst viele ausländische Studenten, teils auch durch Stipendienaktionen, ins Land zu bringen, und bietet ihnen in der Cite Universitaire und im berühmten Quartier Latin alle merklichen materiellen und sozialen Erleichterungen. (Studentenrestaurants, verbilligte Theaterbesuche usw.) In Italien zahlen ausländische Studenten die halben Inskriptionsgebühren und es stehen ihnen alle Vergünstigungen offen, die die Inländer beanspruchen können. Die deutsche Bundesrepublik gewährt den Ausländern — gleich den deutschen Studenten — halbe Fahrpreise auf der Eisenbahn bei Fahrten von und zum Studienort, zu Seminaren u. dgl.

Beispiele dieser Art könnten beliebig fortgesetzt werden. Was immer in den einzelnen Ländern für das Ausländerstudium investiert wird, kommt später mit Zinseszinsen wieder herein. Politische, wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen bahnen sich an, und in der einen oder anderen Weise wird der in seine Heimat zurückgekehrte Student werbend für das Gastland wirken und dazu beitragen, falsche Vorstellungen oder Vorurteile über dieses Laad daheim zu beseitigen.

Oesterreich hat auf diesem Gebiet vieles nachzuholen. Wie beschränkt auch die praktisehen Möglichkeiten sein mögen, die uns zur Verfügung stehen, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß heute schon vieles für die ausländischen Studenten hätte unternommen werden können, wenn die Oeffentlichkeit, vor allem auch die maßgebenden Wirtschaftskreise, mit diesen Problemen stärker vertraut wären. Eine Reihe von Ländern, darunter beispielsweise Indien, haben sich in den letzten Jahren stark interessiert gezeigt, ihre Studenten nach Oesterreich zu senden, in der Praxis ist man ihnen aber bei uns nur selten mit der nötigen Aufgeschlossenheit begegnet.

Dies muß allein deshalb sehr bedauert werden,' weil es die internationale Lage Oesterreichs besonders nötig erscheinen läßt, daß unsere Probleme im Ausland Beachtung und Verständnis finden - was ja sehr oft nicht der Fall ist.

Einen vielversprechenden Anfang hat das Bundesministerium für Unterricht mit seiner seit vorigem Jahr laufenden Stipendienaktion gemacht. Auch haben sich bereits in den vergangenen Jahren einzelne Organisationen im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit der Betreuung ausländischer Studenten oder einzelner ihrer Gruppen befaßt. Nicht zu vergessen die nationalen Interessenverbände, zu denen sich einige der in stärkerer Zahl vertretenen Studentengruppen selbst zusammengeschlossen haben. Worauf es nun ankäme, ist eine umfassende Initiative zur Koordinierung aller bisher schon vorhandenen Bestrebungen und darüber hinaus zur Schaffung einer zentralen Stelle, die den ausländischen Studenten während ihres Aufenthaltes in Oesterreich mit Rat und Tat zur Seite steht, ihnen alle möglichen Erleichterungen schafft und im Rahmen eines Klublokals oder Heimes den unerläßlichen Kontakt untereinander und mit ihren österreichischen Kollegen zu bieten vermag.

Derzeit sind Bestrebungen im Gange, den „Oesterreichisch-Ausländischen Studentenklub“, wie er bis 1938 bestand, wieder ins Leben zu rufen. Tatsächlich hatte sich dieser Verein unter Förderung offizieller Stellen und internationaler Organisationen von Professoren und Studenten der Wiener Hochschulen schon damals für die ausländischen Studenten eingesetzt und ihnen auch ein auf hohem Niveau stehendes, vielseitiges und interessantes Programm geboten, wie noch aus den vorhandenen Unterlagen hervorgeht und von ehemaligen Mitgliedern des Klubs versichert wird.

Man kann dieser neuen Initiative nur die besten Erfolge wünschen. Wenn es gelingt, auf Grund des bereits bewährten Beispiels des alten ..Studentenklubs“ und unter Verwertung der in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen die Unterstützung aller interessierten Stellen zu gewinnen, wird auch der Zustrom ausländischer Studenten an unseren Hochschulen wieder ansteigen. Diese werden ihren Aufenthalt in Oesterreich auch in angenehmer Erinnerung behalten und die Zahl unserer Freunde in der Welt vermehren. Man wird die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer solchen, in unserem eigenen Interesse gelegenen Entwicklung nicht bestreiten können.

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