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Inszenieren mit dem Computer
Technikabläufe auf die Sekunde genau, eine Probebühne unterm Dach, neue Balkonbestuhlung und Bodenbeläge erwarten Künstler und Besucher.
Technikabläufe auf die Sekunde genau, eine Probebühne unterm Dach, neue Balkonbestuhlung und Bodenbeläge erwarten Künstler und Besucher.
Wir sollten jeden Tag in die Kirche gehen, zum Dank, daß nichts passiert ist“, sagt Robert Stangl, technischer Leiter der Staatsoper und bezieht sich auf das Risiko, das durch den viel zu spät erfolgten Umbau der Bühnentechnik der Wiener Staatsoper entstanden wäre. Statt Gebeten gibt es derzeit in der Staatsoper also Probeläufe, denn die neue Technik will probiert werden.
„Jetzt geben wir solch riesige Summen aus, und dann kann die neue Technik nicht mehr als die alte“, nimmt Werner Zwickelsdorfer von der Bundesbaudirektion allen Kritikern den Wind aus den Segeln. Die neue Bühnentechnik kann wirklich nicht mehr als die alte, aber sie arbeitet präziser. „Ich kann jetzt dem Wunsch eines Regisseurs genau entsprechen und in zehn Sekunden einen Prospekt bewegen“, sagt Stangl. Statt „mittelschnell“ und „langsam“ gibt es die Zeitangaben in Sekunden.
Möglich macht dies das Computerprogramm, das für jede einzelne Inszenierung eingespeichert wird. „Längerfristig werden weniger Techniker notwendig sein, diese aber noch höher qualifiziert“, meint der Pressesprecher. Vierzig Jahre funktionierte die bestehende Mechanik, die Sicherheitsauflagen für das Bedienungspersonal werden aber immer höher.
„Stellön Sie sich einen alten VW vor“, vergleicht Walter Renner von der Gebäudeverwaltung den Umbau mit einem Autoservice. 370 Millionen Schilling stehen seit 1991 und bis 1996 für den Umbau der Staatsoper zur Verfügung: 262 Millionen für die Hydraulik der Bühne, in de- rem Inneren sich eine geheimnisvolle, patentierte Flüssigkeit namens Quinto Lubric befindet; 60 Millionen für die Verbesserungen im Zuschauerraum, 48 Millionen für die Haustechnik.
In dieser Summe ist die Umsteh lung der Elektroversorgung, ehemals von der Hofburg, jetzt aus zwei Wie ner Umspannwerken, eine Sanierung der Heizung, aber noch immer keine Klimaanlage enthalten. Als einzige Erleichterung wird bei Aktbeginn über Eis geblasene kühle Frischluft zugeführt werden, ansonsten wird es im Sommer weiter heiß bleiben.
Neu errichtet wurde eine Probebühne, sie ist im Rohbau fertig. Für sie wurde ganz oben unter dem Walmdach auf der Seite des Ringes eine Mauer durchgestoßen, die akustischen Maßnahmen für die Proben des Orchesters und der Solisten gesetzt, das Baumaterial über eine Fensterluke hereingehievt. Diese muß - laut Verordnung des Denkmalamtes - bei Dunkelheit automatisch ver schließbar sein, um das Wiener Stadtbild vor falschen „Lichtblicken“ zu bewahren. Die dafür notwendigen etwa 34 Millionen Schilling Baukosten sollen Miet- und Fahrtspesen für bisher angemietete Probe-Objekte ersparen.
Am Tag der Offenen Tür, am 11. Dezember, werden die Zuschauer ausgetauschte Sitzreihen am Balkon, neue Bodenbeläge, den frisch ausgemalten Marmorsaal und neue Sanitäranlagen bemerken. Den Staub und Schutt werden Putztrupps weggekehrt haben. Die Arbeiter haben sich zurückgezogen — die spannendste Inszenierung der letzten fünf Monate ist unwiederbringlich vorbei. .
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