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Nicht Kommunismus, aber Verelendung!
Diesem weltweiten Plan gegenüber hat Lateinamerika den Vorteil, daß Peking bisher ein schwaches Echo findet, aber die Nachteile, daß die wachsende Verelendung die Massen in die Arme der Demagogen treibt und die historische' Zersplitterung in 18 Einizelstaaten lähmt, denen vorläufig aus längst überholtem Nationalismus ihre „Souveränität“ am wichtigsten erscheint. Das zeigt sich gerade bei der Abwehr revolut:onä-rer Bewegungen. Der „politisch' Verfolgte“ wird vom Nachbarland nicht ausgeliefert, sondern hat dort Anspruch auf „Asyl“. Die Schaffung einer „interamerikanischen Polizei“ könnte eine Entwicklung einleiten, bei der Gefahren, die dem Kontinent drohen, nach neuen Gesetzen von überstaatlichen Organen bekämpft werden.
Anderseits muß man aber damit rechnen, daß umgekehrt die Machtmittel des Kontinents zu einzelstaat-ldchen inneren Auseinandersetzungen mißbraucht werden. Die — noch weit verbreitete — Vorstellung, daß „die Kommunisten“ die „Träger der Weltrevolution“ seien, wird von der lateinamerikanischen Realität widerlegt Die meisten Mitglieder der kommunistischen Parteien sind Moskau treu geblieben und treten im Rahmen der sogenannten „friedlichen Koexistenz“ für die Bildung der „Volksfronten“ ein. Die „Achse Havanna-Peking“ wird von linken Nationalisten, Sozialisten, Trotzkisten und „Neoanarchisten“ vertreten. Die komplizierte und unübersichtliche Zusammensetzung der heutigen „Revolutionsfront“ wird innerpolitisch ausgenützt.
Bei allen Militärputschein in Lateinamerika beobachtet man, daß die Aufständischen ihren Gegnern das Schild „Kommunisten“ um den Hals hängen, auch wenn diese nicht das geringste mit ihnen zu tun haben. So hat die brasilianische Regierung typisch bürgerlichen Kapitalisten, wie dem Exprä-sidenten Dr. Kubitschek, dem Schöpfer von Brasilia, als „Aufrührer“ die politischen Rechte auf zehn Jahre entzogen. Zur Zeit ist vor dem militärischen Entkommunizierun.gsaus-schuß ein ähnliches Verfahren gegen den Erzbischof von Brasilia, Monsi-gnore Jose Newton de Amelia Ba-tista, im Gange, dem vorgeworfen wird, bei einem „Roumd-Table-Ge-spräch“ im „Radio National“ mit einem führenden Funktionär des abgesetzten Regimes für die Agrarreform eingetreten zu sein. Dieser Vorwurf wirkt um so grotesker, als der Papst und Kennedy diese Reform forderten und sie nicht der frühere Präsident Goulart, sondern der jetzige Marschall Castelo Branco im Parlament, durchsetzte.
So dürfte der Plan zu der Schaffung der Interamerikanischen Polizei Widerstand aus der Besorgnis finden, daß sie zur Beseitigung einr feindlichen Regierungsgruppe mißbraucht wird und statt der Revolutionäre der Havanna-Peking-Richtung die lateinamerikanischen Liberalen auf der Strecke bleiben.
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