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Polemik & Kooperation

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Es hatte alles so harmonisch in einer der ersten Adressen Wiens für Gourmets begonnen. Eine erlesene Journalistenrunde, darunter selbstverständlich auch der Verfasser dieses Beitrages, traf sich im „Steirer-eck” mit dem damaligen Generalsekretär im Außenamt, dem jetzigen Bundespräsidenten Thomas Klestil zu einer tour d'horizon über den damaligen Stand der österreichischen Außenpolitik. Freimütig, wie gewohnt, berichtete Klestil auch von der Einschätzung Kurt Waldheims in aller Welt. Der Außenamtsgeneralse-kretär fügte dann hinzu, daß offenbar die Präsidentschaft Waldheims Österreich international Schaden zugefügt habe, weshalb Waldheim kein zweites Mal mehr kandidieren sollte.

Nach Rücksprache mit einem Mitarbeiter Klestils, ob es wünschenswert wäre, etwas von dem Treffen zu veröffentlichen, wurde das sehr begrüßt und keinerlei thematische Einschränkung gemacht. Was ich damals in der furche schrieb, lesen Sie im Kasten links oben. Kaum war der Text via Austria Presse Agentur auf die Tische der Zeitungsredaktionen geflattert und auch im Außenamt gelandet, gab es heftige Interventionen, das doch nicht zu veröffentlichen. Obwohl es für Klestil sehr unangenehm war, er und sein Mitarbeiter fürchteten um ihre Karriere, stand er doch zu dem Gesagten. Andere Zeitungen zogen nach und brachten, was sie zunächst für nicht wichtig oder opportun hielten. Der „Standard” bescheinigte der furche, sich nicht unterwürfig, sondern „einfach journalistisch” verhalten zu haben. Für den Verfasser bedeutete die Publikation jedoch die Ausladung als Moderator eines Treffens der Hexagonale (später Zentraleuropäische Initiative) in Wien. Die Nachgeschichte ist bekannt: Waldheim hat nicht mehr kandidiert, Klestil wurde zum Präsidentschaftskandidaten der ÖVP und ist heute Nachfolger Waldheims.

Eine andere Episode betrifft den kirchlichen Bereich in Tschechien. Nach diversen Veröffentlichungen in der furche 1990 im Zusammenhang mit der Entdeckung der Strukturen der seinerzeitigen Untergrundkirche in unserem nördlichen Nachbarland und nach der Publizierung des Buches „Jeder war ein Papst” durch den Autor dieses Artikels, kam es zu heftigen Kontroversen zwischen dem Autor und dem Prager erzbischöflichen Ordinariat. Offensichtlich durch Interventionen seitens der höchsten Prager kirchlichen Stellen wurde der Verfasser sogar als* „Störer des gut freundschaftlichen Verhältnisses zwischen österreichischer und tschechischer katholischer Kirche” bezeichnet. Als der Autor nicht lange danach in Prag zufällig im dortigen Priesterseminar mit einigen seiner Kritiker zusammentraf, denen aus kirchendiszi-plinären und -politischen Gründen daran gelegen war, daß über die Vorkommnisse in der Untergrundkirche nichts veröffentlicht werde, kam es zu einem relativ freundlichen Gespräch. Am nächsten Tag war ein Mittagessen mit dem Prager Erzbischof Vlk, dem schärfsten Kritiker des Autors, vorgesehen: In der Meinung, der Autor würde erscheinen, ließ sich Vlk bei dem Mahl entschuldigen. Ein persönliches Gespräch in diesem Rahmen hätte wohl viel zur Klärung und Aufarbeitung von Ressentiments beitragen können. Bis heute ist die sogenannte Untergrundkirche in Tschechien und teils auch in der Slowakei ein rotes Tuch für die dortige kirchliche Hierarchie. Von den von der furche aufgezeigten Problemen mit verheirateten Priestern, einem verheiratetem Bischof und wahrscheinlich mehreren zu Priestern geweihten Frauen, wollte man ursprünglich gar nichts wissen. Durch unsere Publikationen wurde man erst aufmerksam. Zu hoffen ist, daß trotz manchmal notwendiger Polemik auf die Kooperation nicht vergessen wird.

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