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Der Bundespräsident und Pater Udo

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„Für Österreich ein toller Erfolg“, so bewertete Bundespräsident Klestil seine Romreise vergangene Woche, die ihn auch zum Papst führte.

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„Für Österreich ein toller Erfolg“, so bewertete Bundespräsident Klestil seine Romreise vergangene Woche, die ihn auch zum Papst führte.

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Die Überreichung der österreichischen EU-Ratifikations- urkunde an den Depositarstaat Italien bildete wohl den Aufhänger für den freundschaftlichen Besuch von Bundespräsident Thomas Klestil bei seinem italienischen Amtskollegen Oscar Luigi Scalfaro im römischen Quirinalpalast am vergangenen Donnerstag. Aber gemäß der Überzeugung von Außenminister Alois Mock, daß auch „sehr gute Beziehungen nicht dazu führen, daß es keine Probleme gibt“, waren die diversen politischen Treffen sehr wohl von den aktuellen offenen Fragen zwischen den beiden — ab Jän-ner 1995 - EU-Partnern bestimmt.

Südtirol ließ sich als Thema nicht ausklammern: Österreich hat Wünsche an Italien: Die ehemaligen „Freiheitskämpfer Südtirols, von den Italienern gnadenlos als „Terroristen“ apostrophiert und mit den „Brigade Rosse “-Mördern gleichgestellt, sollen begnadigt werden. Für Klestil herrscht insofern Unklarheit, als mit ständig wechselnden italienischen Regierungen und Justizministern kaum auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen ist. Daher stellt jetzt Österreich einmal seinen Standpunkt in einer Art Memorandum dar, „weil“ - so Klestil - „die Kontinuität im Informatiönsprozeß verlorengegangen ist“.

AußenministerMock hob gemeinsam mit seinem italienischen Amtskollegen Antonio Martino die Bedeutung eines neuen Minderheitenschutzdokuments der Zentraleuropäischen Initiative (früher Penta-, dann Hexagonale) hervor: Das von Österreich und Italien als erste ZEI- Mitgliedsstaaten unterzeichete Dokument definiert eindeutig den Be griff „nationale Minderheit“ und legt deren Rechte auf freie Benützung der Minderheitensprache öffentlich und privat, auf Unterricht der und in der Minderheitensprache, das Recht auf Zugang zu den Medien und das Recht auf Gründung von politischen Parteien dar.

Mock und Martino bekannten sich zur Zentraleuropäischen Initiative. Bundespräsident Klestil würdigte gegenüber der FURCHE die ZEI, an der Italien — trotz seiner Hinwendung zum Mittelmeerraum - größtes Interesse habe. Die Probleme Italiens mit Slowenien (Österreich unterstützt nach wie vor seinen Nachbarn bei dessen EU-Assoziierungsbemühungen) nahmen breiten Raum ein. Mock: „Slowenien hat den größten Aufschwung unter den Reformländern zu verzeichnen. Aber wir glauben, daß bei den Verhandlungen um italienisches Vermögen in Slowenien sehr ungeschickt und nicht zielführend agiert wurde, als Laibach seinem Außenminister die nötige Unterstützung versagte.“

Beim Papstbesuch, den Klestil auch der Prächtigkeit halber sichtlich genoß, wurden offiziell innerkirchliche Probleme Österreichs nicht angegangen. Klestil bedeutete der FURCHE jedoch, daß er mit Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano sehr wohl informativ darüber geredet habe. Er, so Klestil, erhalte von engagierten Katholiken immer wieder Dossiers über die Lage der Kirche. Auf die Frage, ob mehr von den sogenannten „Progressiven“ oder den „Konservativen“, meinte Klestil: „Fragen Sie den Pater Udo.“

Das tat die FURCHE auch. Der Paudorfer Pfarrer bestätigte, daß ein Mitglied der Vereinigung „Weg der Hoffnung“ versucht habe, via Präsidentschaftskanzlei dem, Papst ein Schreiben über die Situation in der Diözese St. Pölten zu übermitteln, weil der Nuntius auf bisherige Aktionen - 55.000 Unterschriften zur Ablöse Kurt Krenns — nur „hinhaltend“ reagiert habe. P. Udo Fischer wörtlich: „Der Papst ist immerhin auch ein ausländisches Staatsoberhaupt und unser Bundespräsident hat auf seinen Auslandsreisen immer wieder Menschenrechtsfragen angesprochen. Rom soll merken, daß sich unsere Diözese zunehmend polarisiert und spaltet. Daher wollten wir über ihn Rom mitteilen, daß - wenn es stimmt, was Kardinal Alfons Stickler über die Existenz eines Schismas gesagt hat - unsere Diözese mehrheitlich schismatisch ist. Und diese Situation hat der Bischof bewirkt.“

Hinsichtlich des jüngsten Streitthemas der österreichischen katholischen Kirche - Kommunionverbot für wiederverheiratete Geschiedene - wollte sich Klestil gegenüber der FURCHE zunächst nicht äußern, welche' persönliche Meinung er dazu habe: Innerkirchliche Debatten seien kein Thema für einen Bundespräsidenten. Nach Insistieren der FURCHE bekannte Klestil, daß er das Problem wie Bischof Stecher oder Weber sehe: „Geht es um Dogmen, um die Durchsetzung eines Gesetzes oder geht es tun den Menschen?“

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