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Distanz zu Rom? Nein!

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FURCHE: Herr Bischof, es hieß häufig, man könne die Kritik von Kardinal Alfons Stickler an der österreichischen Ortskirche deswegen nicht verstehen, weil aus dem Mund des Papstes nie Kritik gekommen sei. Gilt das noch nach diesem Ad-limina-Besuch?

BISCHOF JOHANN WEBER: Es ist sicher zum Vorschein gekommen, daß das, was Kardinal Stickler in der von uns nach wie vor als unglücklich eingeschätzter Form dargelegt hat, sich in manchen Inhaltspunkten mit den Äußerungen des Papstes berührt.

FURCHE: Das Recht des Papstes, Bischöfe zu ernennen, wurde nie bestritten, wohl aber kritisiert, daß zuwenig Information über anstehende Bischofsernennungen und in Frage kommende Kandidaten erfolgt sei. Ist in diesem Zusammenhang für die Zukunft irgendetwas geklärt worden?

WEBER: Wir haben an verschiedenen Stellen, die damit befaßt sind, immer wieder darüber gesprochen, und ich hoffe schon, daß in Zukunft die Vorgangsweise eine solche sein kann, daß Eruptionen, wie sie in letzter Zeit geschehen sind, nicht wieder vorkommen.

FURCHE: Sehen Sie nach diesem Ad-limina-Besuch bessere Chancen, gemeinsam für diese Kirche in Österreich weiterzuarbeiten?

WEBER: Ich möchte das absolut bejahen. Wir Bischöfe sagen mit voller Übereinstimmung, voller Überzeugung, es möge niemand irgendwie mit einem Auf- Distanz-Gehen zu Rom rechnen. Das im Konzil so in den Vordergrund gestellte Wort „Commu- nio“, das ja mehr ist als bloß Gemeinschaft oder Einheit, es bedeutet einen Zusammenhalt, der aber nicht allein auf menschlichen Interessen beruht, sondern von Christus getragen ist, das steht für uns außer Zweifel. Diese Communio hat einige unabdingbare Ausfaltungen. Das ist die Communio, die Gemeinsamkeit der Bischöfe untereinander mit dem Papst. Ebenso ist es die Gemeinsamkeit der Bischöfe mit dem ganzen Volk Gottes.

FURCHE: Es ging immer um die beiden Themen Empfängnisverhütung und wiederverheiratete Geschiedene. Wird es in diesen Fragen Änderungen des Kurses geben, neue Äußerungen der Bischöfe?

WEBER: Wir sind entschlossen, sehr ernst darüber nachzudenken. Ich glaube aber, daß die Änderungen bereits geschehen sind. Wenn ich Empfängnisverhütung anspreche, so hat sich in den letzten 20 Jahren viel verändert. Ich verweise auf die wachsende Reserve allgemeiner Art gegen Chemie, gegen künstliche Eingriffe in Naturabläufe. Und viele Leute sagen, da wird jetzt eine Hölle losgelassen in der Gentechnologie. Offensichtlich ist auch eine Grauzone vorhanden zwischen Mitteln, die eine Empfängnis verhindern, und Mitteln, die eine bereits vollzogene Empfängnis zerstören.

Wiederverheiratete Geschiedene — das wird ein schmerzhaftes Ringen bleiben. Die Zahl der Scheidungen wächst ununterbrochen, und es könnte bald der Zeitpunkt erreicht werden, auch in Österreich, daß die Zahl der in diesem Sinn gescheiterten Ehen weit größer ist als die Zahl derer, die von Anfang an intakt geblieben sind. Wir stehen immer mehr einer öffentlichen, sich auch in Gesetzen niederschlagenden Zurückreihung, ja Mißachtung der Ehe gegenüber.

Mir liegt es am Herzen, daß wir, wenn wir über den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene nachdenken, über die Kommunion überhaupt nachdenken müssen. Jeder praktische Seelsorger steht ja vor dem beklemmenden Problem, daß der Kommunionempfang oft keinen Schutz mehr hat, auf den Paulus im Korintherbrief hinweist.

FURCHE: Hat das Thema Kurt Waldheim bei den Gesprächen eine Rolle gespielt?

WEBER: Man hat etwas naiv gemeint, wir hätten diesen Besuch eingefädelt, wir waren überhaupt nicht beteiligt. Wir waren selber Hörer dieser Nachricht. Wir halten fest, daß der Vatikan ein souveräner Staat ist, der diplomatische Beziehungen anknüpft. Wir halten fest, daß unser Bundespräsident demokratisch gewählt ist und daß es üblich ist, daß der Vatikan niemanden selber einlädt, sondern jede Besuchsbitte annimmt, wenn die Voraussetzungen da sind. Wir hoffen, daß dieser Besuch sich für unser Vaterland Österreich gut auswirkt.

FURCHE; Bei vielen Katholiken ist die Bestürzung über Äußerungen des Gewerkschaftsbundpräsidenten Anton Benya zum Verhalten des Papstes in Polen und gegenüber Waldheim groß. War Ihre Bestürzung auch groß?

WEBER: Ich für meine Person finde diese Äußerungen schon sehr, sehr seltsam. Jeder weiß, wie es dem polnischen Volk geht, und es ist mit den Händen zu greifen, daß für diese Menschen der Besuch des Papstes ein Zeichen von Hoffnung, von Gemeinsamkeit und auch von Glauben und Gebet ist. Daß man das — und in einem Atemzug den Empfang Waldheims — in die Schublade „Unruhe stiften“ hineingibt, das halte ich schlicht für unverständlich.

Das Gespräch führte Heiner Boberski.

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