Nimmt "Gottes rechte Kirche" zu?

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Sektenbroschüren, in denen katholische Gruppen mit sektiererischen Zügen fehlen, will der Journalist Thomas M. Hofer durch sein neues Buch über die "rechte Kirche" ergänzen.

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Sektenbroschüren, in denen katholische Gruppen mit sektiererischen Zügen fehlen, will der Journalist Thomas M. Hofer durch sein neues Buch über die "rechte Kirche" ergänzen.

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Nach den Ereignissen der letzten Wochen läßt sich kaum noch bestreiten, daß die römisch-katholische Kirche, und zwar nicht nur in Österreich, einer schweren Zerreißprobe ausgesetzt ist. Zwar wird eine Klassifizierung in "rechts" oder "links", von "(erz)konservativ" bis "(ultra)progressiv" oft als fragwürdig empfunden, aber im Grunde ist die zunehmende Polarisierung jedem bewußt, und auch, wo wer in diesem Spektrum anzusiedeln ist. Bei jedem aktuellen Konflikt, etwa jenem um Kardinal Groer und Bischof Krenn, scheinen manchen die Fakten oder Indizien immer unwichtiger zu werden, es zählt nur, daß man treu auf der einmal gewählten Seite steht.

Umso beachtenswerter sind dann Menschen wie der unbestritten konservative Salzburger Erzbischof Georg Eder, der in der Causa Groer redlich um Wahrheitssuche bemüht ist, obwohl sich etliche konservative Katholiken auf eine bedingungslose Groer-Verteidigung eingeschworen haben. Genau dieses blinde Einschwören auf eine Position macht aber den Fundamentalismus aus, den der Journalist Thomas M. Hofer in seinem neuen Buch "Gottes rechte Kirche" behandelt und im Untertitel "Katholische Fundamentalisten auf dem Vormarsch" sogar als wachsende Gefahr darstellt. Wobei nur die Frage bleibt, ob nicht zwischen konservativ, rechts und fundamentalistisch (es gibt natürlich auch linke "Fundis") sorgfältig unterschieden werden muß, vor allem wenn es einzelne Personen betrifft - siehe der in Hofers Buch häufig genannte Erzbischof Eder.

Hofer ortet katholischen Fundamentalismus bei einer Reihe von Gruppen, die seiner Meinung nach in die Sektenbroschüre des Familienministeriums gehörten und innerkirchlich schon lange umstritten sind. Er beginnt mit der - seit 1988 freilich nicht mehr katholischen, sondern schismatischen - Priesterbruderschaft St. Pius X. (Lefebvrianer), setzt mit den "romtreuen" Traditionalisten der Priesterbruderschaft St. Petrus fort und behandelt dann auch ausführlich die wichtigsten anderen in Österreich tätigen "Spaltpilze" im katholischen Bereich (das ist nicht nur ein Vorwurf von außen, das wollen sie meist selbst im Sinne des Bibelwortes "Ich bin nicht gekommen, um den Frieden zu bringen, sondern das Schwert" sein): Opus Dei, Engelwerk, Katholische Pfadfinderschaft Europas, Das Werk, Neokatechumenat. Auch die Kartause Gaming, die Zeitschrift "Der 13.", die Verbindungen gewisser Kirchenkreise zur FPÖ oder die militanten Gegner der Abtreibung kommen ausführlich vor. Hofer, der vornehmlich im "profil" und im "Falter" publiziert, kann natürlich den dort üblichen Stil nicht verleugnen, stellt aber, soweit seine Recherchen überprüfbar sind, in seinem Buch - von kleinen, kaum ins Gewicht fallenden Fehlern abgesehen - die Probleme korrekt dar. Er läßt auch Vertreter der kritisierten Vereinigungen - nicht alle waren dazu bereit - zu Wort kommen. "Information, nicht Polemik oder Sensationshasche" sei sein Ziel, betont er im Nachwort. Natürlich ist das Buch, wie der Autor selbst schreibt, "kein vollständiges Inventar des katholischen Fundamentalismus", aber immerhin die bisher seriöseste kritische Gesamtdarstellung dessen, was in Österreich derzeit mit dem Begriff "rechte Kirche" umschrieben werden kann.

Gottes rechte Kirche. Katholische Fundamentalisten auf dem Vormarsch. Von Thomas M. Hofer. Ueberreuter Verlag, Wien 1998. 256 S., geb., öS 291,

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