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Donau und Calafatti im Kunsthaus

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Um die lange geplante, seit Monaten eifrig propagierte Ausstellung „Donau — Strom unserer Heimat“ haben sich unzählige Institutionen und Referenten bemüht — und den Brei verdorben: Noch so schöne Lichtbilder wirken nicht, wenn sie zu hunderten, pedantisch auf gleiche Größe geschnitten, an die Wände gehängt werden: nach dem ersten halben Hundert hat man die anderen satt; und noch so schöne Bilder (wie von Franz Klasek, Sergius Pauser, Paul Meißner usw.) sind umsonst gemalt, wenn sie so lieblos und schematisch zwischen die Lichtbilder gestellt werden. Und Begleittexte und Bildlegenden sind in einer Ausstellung nicht am Platz, wenn sie im Stil von Baedekern und Geographiebücher-Exzerpten verfaßt sind. Einige hübsche Schiffsmodelle muten in dieser staubtrockenen Umgebung wie vergessene Spielsachen an.

Daß an der Donau einst ein Weltreich endete, daß sie später ein Weltreich aneinanderband; daß an ihren Ufern die Nibelungen entlangzogen, an ihnen sich die europäische Geschichte immer wieder zu entscheidenden Wendungen entschloß — nichts davon wird in dieser Ausstellung sichtbar, nichts davon ist in ihr zu verspüren. Da gibt es keine Karte, auf der die Sünden einer unsachgemäßen Regulierung sichtbar würden, keinen Plan, aus dem die Rolle der Donau im bestehenden und zukünftigen europäischen Wasserstraßennetz deulich würde, da ist nichts über die Entwicklung des Donauschiffsverkehrs zu erfahren — da gibt es nur professional aneinandergereihte Photographien und Bilder eines Stromes. Man würde kaum vermuten, daß an ihm die Goten, Türken und Franzosen, die Awaren, römische Legionäre, Kelten und weiß der Himmel was für Völker und Herren ihre .Pferde getränkt haben ... Welch ein Thema — und wie verfehlt behandelt!

Der Prater erlebte um die vergangene Jahrhundertwende seine größte Blüte; eine Uebersicht über die Zahl der Praterbuden in der Prater-ausstellung „Calafatti in der Sezession“ erzählt es. Aber sie ist nur bis zum Jahre 1932 geführt und bricht dann ab; inzwischen sind zwei Jahrzehnte in den Prater gegangen, die manche Veränderung mit sich brachten, Kriegsverwüstung und Wiederaufbau. Ein Vergleich des Damals mit dem Heute wäre nicht verfehlt gewesen. Ueberhaupt ist der Teil der Ausstellung, der Stücke aus dem Prater-museum zeigt, etwas dürftig geraten; Vitrinen, die nur ein paar Wurstelpuppen oder einige dünne Broschüren zeigen, wirken leer. Nichtsdestoweniger gibts unter dem Wenigen manches Interessante zu sehen: eine (handgeschriebene) Anklageschrift ge-gegen eine gewisse Marie Kuchaf, die ihr Kind im Prater weggelegt hat; eine Ankündigung von Schreyers Affentheater; Bilder von Basilio Calafatti und dem Rumpfkünstler Kobelkopf, und eines zweiköpfigen Kindes, das zeigt, wie weit schon frühere Zeiten Takt und guten Geschmack vermissen ließen. Bunter (und schon deshalb pratergemäßer) erscheint die Zusammenstellung der Oelbilder und Graphiken, die etwas willkürlich Mittelmäßiges neben Erstklassigem an die Wände verteilt. Ein Erlebnis sind die in Mischtechnik gearbeiteten Bilder Gerhard Swobodas, Sternbilder des Praters, die Wurstelprater und Feuerwerk zum Milchstraßensystem wandeln. Daneben muß selbst eine Reihe so schöner und farbenfreudiger Bilder wie die eines Eisner, Fischer, Kosel, Pauser, Pippal, Pregartbauer oder einer Liselott Beschorner verblassen. Günther Kraus gelang es in seinen Prater-kompositionen das Bewegte des Praters an die Oberfläche zu heben, der nun als Meer erscheint. Oskar Laskes „Wurstelprater“ fehlt es an Dufys Leichtigkeit der Farmdurchdringung, Arminio Rothstein ist in seinen Graphiken (Feder) reifer als in seinen Oelbildern, Ceno Kossaks Projekte und Skizzen endlich über den „Prater, wie er sein könnte“ scheinen ein wenig abstrakt und unbeleckt von Praterluft.

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