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Gewissensfragen

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Trotz zahlreichen Bemühungen höchster staatlicher Stellen und einsichtsvoller Menschen bleibt die Rassenfrage in den USA, namentlich in den Südstaaten, ein unbewältigtes Erbe der Vergangenheit. Wieder greift ein amerikanischer Film dieses Problem auf und beleuchtet es aus der Perspektive der Kinder, die durch den jäh und vehement ausgebrochenen Rassenkonflikt in ihrer kleinen Welt, einem Städtchen in Alabama, zum erstenmal das wahre Gesicht ihrer Umwelt erkennen müssen. Im Mittelpunkt des Films „W e r die a ihitjigall s.tört“ stęhp der verwitwete Rechtsanwalt Atticus Finch, der einępKijldepi nicht nurVater,. sondern auch guter Freund ist. Atticus Finch hat auch die Pflichtverteidigung des der Schändung angeklagten Negers übernommen, vermag aber trotz selbstlosen Bemühungen, unter Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit, die Voreingenommenheit des Geschworenengerichts und der Bevölkerung nicht zu überwinden. Leider ist die formale Seite dieses Films, der übrigens kürzlich zusammen mit Ingmar Bergmans „Licht im Winter“ mit dem Großen Preis des Internationalen Katholischen Filmbüros (OCIC) ausgezeichnet wurde, allzu konventionell geraten. Sein Stil ist episch breit, und eine Fülle von nebensächlichen Einzelheiten und Begebenheiten dehnt die Handlung. Trotz dieser formalen Mängel jedoch begegnen wir hier einem Streifen, dessen hohe ethische und humane Qualitäten ihre Wirkung auf den Zuschauer nicht verfehlen.

Vilgot Sjöman, Schüler des schwedischen Meisterregisseurs Ingmar Bergman, griff das uralte und ewig aktuelle Thema der bindungslosen Liebe auf und stellt die Gewissensentscheidung einer jungen Frau in den Mittelpunkt seines Erstlingswerkes „Schlafwagenabteil“ („Älskarin- nan“). Es ist die Geschichte eines jungen Mädchens zwischen zwei Männern, einem von oberflächlicher Zärtlichkeit erfüllten Studenten und einem verheirateten, reifen Mann, dessen Liebe sich zuletzt als ichbezogenes, flüchtiges Verhältnis erweist. .Der Film ist keineswegs einer christlichen Moral verpflichtet, doch selten wurde die ganze Skala des Leids und der Verzweiflung als Folge bindungsloser und selbst- zweckhafter Liebesbeziehungen so bestürzend sichtbar gemacht. Es wird die Passion dieses Mädchens deutlich vor Augen gestellt, das sich dann zuletzt aus leidvoller Erfahrung zur inneren Lösung von diesen ungeordneten Beziehungen durchringt, wobei ein kleiner Lichtstreif an Hoffnung sichtbar wird. Der Film besticht nicht nur durch die handwerklich sicher gestaltete psychologische Studie, sondern auch durch die überragende Darstellung der Frau durch Bibi Andersson, die auch für diese Leistung mit dem „Silbernen Bären“ von Berlin 1963 als beste weibliche Darstellerin ausgezeichnet wurde.

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Wer die Nachtigall stört“", „Die Horden des Khan“, „Heimweh nach St. Pauli“, „Der Fuchs geht in die Falle“, „Die Hafenkneipe von Tahiti“, „Wiener Geschichten“. — IV a (Für Erwachsene, mit Vorbehalt): „Schlafwagenabteil“, „Die Italienerin und die Liebe“. — VI (Abzulehnen): „Heißer Strand“. — " = „empfehlenswert“.

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