Lobbyist für den Film

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roland teichmann, 33, ab Mai Direktor des Österreichischen Filminstituts (ÖFI), im Gespräch zur Zukunft des österreichischen Films.

Die Furche: Kam die Bestellung zum Direktor des Österreichischen Filminstitutes für Sie überraschend?

Roland Teichmann: Ja. Die Entscheidung hat weiß Gott keine lange Vorgeschichte gehabt.

Die Furche: Die Filmbranche hat ja fast aufgeatmet...

Teichmann: ... und das hat mich gefreut, aber auch überrascht. Einer meiner Ansprüche meiner bisherigen Tätigkeit im Fachverband der Audiovisons- und Filmindustrie war es, vor Ort und bei Festivals zu sein; dadurch haben mich schon viele gekannt. Gerade als ich begonnen habe im Umfeld von Film zu arbeiten, da war ja auch der internationale Erfolg des österreichischen Films.

Die Furche: Wie ist Ihr persönlicher Zugang zu Filmen?

Teichmann: Es ist einfach so, dass man die Dinge, die man gern macht, besonders gut zu machen versucht. Mich hat der Bereich Kunst und Kultur im Allgemeinen immer interessiert, und ich habe ihn beruflich angestrebt. Es war Zufall, dass ich nach dem Jusstudium bei der Wirtschaftskammer begonnen habe. Da habe ich gesehen, dass man hier viele Gestaltungsmöglichkeiten und einen großen Freiraum hat. Ich habe in der Fahrzeugindustrie begonnen - aber das war für mich nicht der Bereich, den ich mir vorgestellt habe: So habe ich versucht, mich innerhalb des Hauses zu verändern - und das war dann die Audiovisions- und Filmindustrie, wo ich seit Anfang 2003 bin...

Die Furche: ... und ab Mai verwalten Sie dann den Hauptteil der österreichischen Filmförderung.

Teichmann: Ich sitze ja schon jetzt als Vertreter des Fachverbandes im Kuratorium des Österreichischen Filminstitutes, von daher kenne ich das ÖFI schon recht gut. Das wirklich Wichtige dort ist aber die Auswahlkommission. Natürlich werden im Kuratorium wichtige Grundsatzentscheidungen getroffen. Deswegen ist es auch wichtig, dass im Kuratorium das gesamte Filmschaffen vertreten ist. Staatssekretär Morak hat ja die Absichtserklärung abgegeben, die er sicher auch bald in die Tat umsetzt, dass vom Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden und vom Regieverband zwei Vertreter ins Kuratorium kooptiert werden.

Die Furche: Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen und dem Staatssekretär?

Teichmann: Sehr korrekt und gut. Wir haben einen kontinuierlichen Meinungsaustausch. Ich betone aber, dass die Tätigkeit im ÖFI keine parteipolitische ist. Es geht da um Interessenspolitik. Aber es ist nicht nur mein Job, sondern auch der des Staatssekretärs, seine Klientel zu vertreten.

Die Furche: Die "Morak"-Diagonale wurde zwar abgesagt, die von den Filmleuten organisierte "originale" Diagonale, die jetzt stattfindet, wird vom Bund trotzdem nicht unterstützt.

Teichmann: Ich habe da einen pragmatischen Zugang: Die Diagonale hat eine Geschichte, die man nicht wegdiskutieren kann. Ich finde es grundsätzlich gut, wenn sich die Filmschaffenden auf die Füße stellen und sagen: Das wollen wir nicht. Unterm Strich ist das Ergebnis aber durchaus brauchbar: Es gibt jetzt eine Diagonale, die vom Großteil derer Filmschaffenden wirklich unterstützt wird, und es gibt die Bereitschaft des Staatssekretärs, die Struktur bis zur Diagonale 2005 zu erhalten. Das ist ja auch ein wesentlicher Beitrag. Und die Zustimmung seinerseits, dass sich die Branche ihre Leute selber wählt und aussucht, ist auch ein sehr gutes Zugeständnis, mit dem man zufrieden sein kann.

Die Furche: Interessant wird es ja nach dieser Diagonale, weil es dann darum geht, wie es 2005 ausschaut...

Teichmann: Wichtig ist, dass die Diagonale das Filmfestival der gesamten Filmschaffenden ist - dazu gehören neben den Schauspielern und Regisseuren auch die Produzenten; und da gab es ja einen Riss. Das war sicher nicht gut: Die Branche sollte sich nicht auseinanderdividieren lassen - ganz im Gegenteil.

Die Furche: Der österreichische Film konnte zuletzt international reüssieren wie kaum zuvor. Schaden da die Konflikte des letzten Jahres?

Teichmann: Natürlich ist die Sache mit der Diagonale durch die internationalen Medien gegeistert. Aber ich glaube, dass das in keiner Relation zu den Erfolgen des österreichischen Films steht. Ich bin jedesmal begeistert, wenn man bei den Filmfestivals sieht, wie viele Filme erfolgreich sind. Da ist so viel kreatives Potenzial da und eine Aufbruchstimmung, die man wirklich nicht genug unterstützen kann. Man muss aber auch sehen: Festival-Erfolge sind wichtig und schön - und gute Visitenkarten, aber Festivalerfolge sind noch nicht der Markterfolg. Sie sind zwar das Tor zum Markt - aber nicht der Markt selbst. Und dieser nächste Schritt, der sollte halt gelingen. Michael Haneke etwa zeigt, man kann beides vereinen - einen anspruchsvollen Film zu machen und kommerziell erfolgreich zu sein...

Die Furche: Wieviel kann man aber tatsächlich mit 9,7 Millionen Euro, wie dem ÖFI für 2004 zur Verfügung stehen, machen?

Teichmann: Geld kann es nie genug geben. Aber es ist viel Geld, mit dem man schon einiges machen kann. Es fördert ja nicht allein das ÖFI die Filme, duch wenn das ÖFI der "Leitförderer" ist.

Die Furche: Trotzdem klagt die Branche, über zuwenig Geld. Es gibt ja Modelle - etwa in Großbritannien den Lottoschilling für die Filmindustrie oder in Frankreich eine kleine Steuer auf Kinokarten: So finanzieren auch amerikanische Filme die französischen mit!

Teichmann: Es ist natürlich das Wunschsystem, dass amerikanische Blockbuster den heimischen Film finanzieren. Ich glaube nur, dass es hierzulande nicht funktioniert, weil der Markt zu klein ist. Und die österreichischen Kinos sind schon genug gebeutelt: Wenn man denen noch etwas herunterreißt und dann noch den Verwaltungsapparat einrechnet, dann bleibt unterm Strich nicht viel übrig. Frankreich hat aber auch eine ganz andere Filmkultur. Das geht mir in Österreich ab: Film ist bei uns gesellschaftspolitisch einfach nicht so wichtig wie etwa in Frankreich. Auch da muss man ansetzen. Klar: Ohne Förderung kann es keine Filme geben. Aber man könnte ja auch in Richtung privates Kapital denken. Es gibt in Österreich als einem der wenigen europäischen Ländern kein Steuersystem, das private Investitionen in Filmprojekte zieht.

Die Furche: Das heißt, steuerliche Anreize für privates Kapital.

Teichmann: Ja. Wir haben das schon in der Schublade, und dieses Modell rechnet sich ja auch durch die Mehrproduktion. Nicht im Laufe von zwei, aber doch von mehreren Jahren. Denn es stimuliert die Produktionstätigkeit.

Die Furche: Das ÖFI ist also auch ein Lobbyist.

Teichmann: Natürlich. Das ÖFI ist ein Kompetenzzentrum für den österreichischen Film. Es ist mehr als ein Bankomat, wo die Produzenten ihre Karte hineinstecken und Geld herausbekommen und sich freuen - oder keines kriegen und beleidigt sind. Da soll sich schon ein bisschen mehr tun.

Die Furche: Welche inhaltlichen Akzente wollen Sie im ÖFI setzen?

Teichmann: Abgesehen vom wirklich notwendigen Erhalt der Vielfalt halte ich besonders den Nachwuchsbereich für akzentuierungsbedürftig - vielleicht auch über Abschlussfilme der Filmakademie, die man übers ÖFI mitfinanzieren könnte, wenn man einen erfahrenen Produzenten mitholt. Ein zweiter Bereich wäre Nachwuchsarbeit mit dem ORF: Es muss der erste Film ja nicht ein Kinofilm sein, und das Fernsehen ist ja nicht "Bääh" - es gibt dazu da auch erste Signale vom ORF.

Die Furche: Seit kurzem sendet der ORF am Sonntagabend verstärkt österreichischen Film. Allerdings erst nach 23 Uhr : Eigentlich programmiert er mit dieser Sendezeit österreichischen Film tot...

Teichmann: Damit kann man natürlich nicht glücklich sein. Der ORF ist aber ein wesentlicher Partner des heimischen Filmschaffens, und als solchen muss man ihn auch behandeln. Aber der ORF muss auch umgekehrt die Filmschaffenden und das ÖFI als Partner behandeln.

Das Gespräch führten Otto Friedrich und Matthias Greuling.

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