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Anders als in Österreich

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Die ersten konkreten Versuche, die Sozialpartnerschaft als gewaltlose Methode der Konfliktregelung in Südtirol systematisch anzuwenden, finden sich um die Mitte der siebziger Jahre. Wenn auch die Idee der Sozialpartnerschaft aus Österreich entlehnt war, so zeigte sich bei den ersten Realisierungsversuchen in Südtirol bald sehr deutlich, daß hier nicht einfach nur das österreichische Modell kopiert werden konnte.

Im wesentlichen gibt es in Südtirol vier größere Gewerkschaftsbünde, die das in Italien bestehende Vielparteien-System widerspiegeln. Es sind dies der AGB/ CGIL, der SGK/UIL und der SGB/CISL, die - in der genannten Reihenfolge - politisch der KPI, den Sozialisten und den Christdemokraten nahestehen. Sie alle haben mehrheitlich italienischsprachige Mitglieder.

Dazu kommt der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB), der analog zur Südtiroler Volkspartei (SVP) das Konzept verfolgt, die Südtiroler von links bis rechts in einer Sammelbewegung aufzufangen. Lediglich der ASGB war in den siebziger Jahren der Idee der Sozialpartnerschaft gegenüber aufgeschlossen genug.

1980 wurde im Rahmen des Südtiroler Wirtschafts- und Sozialinstituts auf informeller Basis, nur auf der Grundlage des Konsensus der Beteiligten, die Sozialpartner-Kommission errichtet. Ihr gehören mit Sitz und Stimme folgende Organisationen an: der Südtiroler Wirtschaftsring (SWR), der die deutschen Teile der Industriellenvereinigung, des Handwerkerverbandes, der Kaufleutevereinigung sowie den Hotelier- und Gastwirteverband umfaßt; der Südtiroler Bauernbund (SBB); der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB); der Katholische Verband der Werktätigen

(KVW); der Dachverband für Natur- und Umweltschutz (DfNUS).

Gegenüber Österreich weist die Sozialpartnerschaft in Südtirol zwei Besonderheiten auf: Erstens befinden sich neben der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkomponente auch die Bauern und die Umweltschützer gleichberechtigt am sozialpartnerschaftlichen Verhandlungstisch, was zu erklären vermag, daß grünen oder alternativen Listen bei politischen Wahlen in Südtirol nicht jene Bedeutung zukommt wie jüngst in Österreich.

Zweitens darf keiner der an der sozialpartnerschaftlichen Runde beteiligten Verbände durch Verhandlungsdelegierte repräsentiert sein, die auf Staats-, Regional- oder Landesebene ein politisches Mandat bekleiden. Damit ist eine personelle Verflechtung zwischen Sozialpartnern und Politikern, wie sie in Österreich gegeben ist, in Südtirol bewußt aus-eeschlossen worden.

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