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Ausländer

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Als ich mit meiner Familie noch als„ Gastarbeiter “in Wien lebte, wohnten in einem Nachbarhaus Türken. Eines Tages redeten unsere Kinder von diesen Nachbarn genauso wie die Wiener Kinder, nämlich von „Ausländerkindem “.

Da versuchte ich meinen Kindern klarzumachen, daß sie zwar keine Türken sind, aber auch Ausländerkinder. Zuerst haben sie gelacht, dann haben sie mir erklärt, daß sie schließlich Bayern sind, allenfalls noch Deutsche und somit keine Auįlander sein könnten.

Es hat eine Weile gedauert, bis sie begriffen haben, daß es kein angeborener Makel aus minderwertiger Herkunft ist, Ausländer zu sein. Daß vielmehr jeder Mensch, sogar ein Österreicher oder ein Deutscher, durch bloßes Überschreiten seiner Staatsgrenze schlagartig zum Ausländer werden kann.

Daran erinnere ich mich immer wieder, wenn ich bei ttns in Deutschland oder bei Euch in Österreich von wachsender Ausländerfeindlichkeit und von Ausländerhaß lese. Da frage ich mich dann, warum diesen bornierten Provinzdeppen niemand erklärt hat, wieviele Kilometer sie nur zu fahren brauchen, um plötzlich selbst Ausländer zu sein.

Einer von meinen österreichischen Freunden, ein Tiroler Schauspieler, der schon lange als erfolgreicher „Gastarbeiter“ in München lebt und eine bayerische Frau hat, ist letztes Jahr an die Adria gefahren. Bei dieser Gelegenheit habe ich mit seinen Kindern einmal das Thema Ausländer durchgeblö- delt.

Kinder, habe ich gesagt, ihr habt ein furchtbares Schicksal, nämlich eine einheimische Mutter, aber einen Ausländer zum Vater. Sobald ihr jetzt von Kiefersfelden nach Kufstein über die Grenze fahrt, habt ihr einen einheimischen Vater, aber dann ist eure Mutter Ausländerin. Und schon nach einer halben Stunde, sobald ihr die Grenze am Brenner hinter euch habt, sind eure Eltern beide Ausländer.

Meine Kinder und die meines österreichischen Freundes haben inzwischen kapiert, daß die Welt aus unserer Sicht von mindestens vier Milliarden Ausländem nur so wimmelt.

Da fragt man sich aber, ob die Menschen überhaupt imstandesind, bei aller Forschung und Entdeckung von Makro- und Mikro-Kosmos, jemals auch irgendetwas über die Menschen zu lernen.

Bayern und Österreicher können da große Vorbilder sein. Wir zum Beispiel sind fast immer gut zu den über 60.000 österreichischen Ausländem in Bayern und dezimieren sie nur dadurch, daß wir sie aufheiraten. Gehet hin und tuet desgleichen an den bayerischen Ausländem in Österreichl

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