Kastanienbaum_im_Schnee - © Wikimedia / Bernhard Mücke

Ein Credo wartet auf sein Leben

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Ich will dich annehmen, wie du bist.

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Ich will dich annehmen, wie du bist.

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„Frag nicht, woher ich gekommen bin / frag nicht, wohin ich morgen geh. / Nimm mich hin wie im Frühling die Blumen, / wie im Winter den Schnee“, so beginnt ein Lied von Mario Hené aus dem vergangenen Jahrtausend. Das könnte ein Anfang sein zwischen uns allen. Die Frage, was wir voneinander halten – im Sinne des zweifelnden Hinterfragens der anderen Existenz –, muss aufhören, und anfangen muss einzig das Menschsein in den Institutionen aller Art und in den Religionen. Nimm mich hin, wie ich bin! Das ist doch die eigentliche Bitte, die uns treibt, welchen Glaubens, wessen Denkungsart auch immer. Wenn uns das Wunder der Annahme geschieht, werden wir vom bewegten Beweger oder von der bewegten Bewegerin beWEGt: zum DU.

Ich will dich annehmen, wie du bist. Ein Credo wartet auf sein Leben.

Am 17. Jänner wurde der Tag des Judentums begangen, am 18. Jänner begann die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ und Christinnen. Als ein gemeinsames Bedenken ­unserer Möglichkeiten füreinander. Neben den offiziellen
Headlines für die Gedenk- und Gebetstage unter dem Motto „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben ... und deinen Nächsten wie dich selbst“ gelten mir Gedanken des pünktlich vor dem Ersten Weltkrieg am 18. Jänner 1914 geborenen Schriftstellers Arno Schmidt: „Jeder vergleiche sein eigenes beschädigtes Tagesmosaik!“ Das Leben finde auf einem „Bindfaden der Bedeutungslosigkeit“ statt und sei nicht mehr als ein „löchriges Dasein“. Und so zerschneidet er die Sprache und kommt der Lebenslüge auf die Schliche und sagt da­rum: „Ich lüg’ gans gern, wenn ich Zeit hab.“ Das tun so viele jetzt auch; wir haben nur keine Zeit MEER. Aber ein Credo von der Liebe zum Du in unserem Herzen: Ich will dich annehmen, wie du bist, Du Mensch und Du Welt, und bitte: Nimm Du mich hin, wie ich bin!

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i. R.

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