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Neuer Aufbruch in Niederösterreich

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Im Land um Wien regen sich die Geister. Nach der Gründung des Niederösterreich-Fonds, der wissenschaftliche und künstlerische Arbeit fördern und eine Kulturzeitschrift herausgeben soll, wurde nun auch eine „N iederösterreichische Gesellschaft für Kunst und Kultur“ ins Leben gerufen. „Wenn die Gesellschaft wirklich imstande ist, das Kulturleben zu intensivieren, werde ich gern mit ihr Zusammenarbeiten“, sagt der Kulturlandesrat Leopold Grünzweig, „Neue Mittel der Kulturförderung sind hur zu begrüßen - egal von welcher Seite.“

Dieses „egal von welcher Seite“ bezieht sich auf die Verschiedenheit der politischen Standorte. Grünzweig ist Sozialist, der Initiator der neuen Gesellschaft, der Badener Bürgermeister Viktor Wallner, gehört der Volkspartei an. Doch soll als Geschäftsführer ein parteiloser Fachmann tätig sein, jemand, der auf dem Gebiet der Werbung reiche Erfahrungen gesammelt hat und sich für Kultur interessiert.

Die neue Gesellschaft will vor allem die Begegnung mit zeitgenössischer Kunst fördern. Es sollen bisherige Organisationen der Erwachsenenbildung zur Mitarbeit gewonnen und neue Zentren errichtet werden. Man will verschiedene Modelle der freien kulturellen Aktivität ausprobieren, Versuche anstellen und auch die experimentelle Kunst fördern. Man denkt ferner daran, einen „Kulturmarkt“ und eine „Kulturservicestelle“ zu errichten, Die Gründung einer ähnlichen „Servicestelle“ hat das Unterrichtsministerium allerdings bereits vor längerer Zeit angekündigt.

Was will die Servicestelle der Niederösterreicher? Sie soll verschiedene bereits bestehende Gruppen von Künstlern und Literaten unterstützen und die Gründung neuer Gruppierungen fördern; man will die kulturellen Veranstaltungen im Land zeitlich und thematisch koordinieren, einer Annäherung zwischen Volksvertretern und Künstlern den Weg bahnen, die niederösterreichische Presse kulturell betreuen; man will vor allem zuerst eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation erarbeiten und dann mit „geradezu wissenschaftlicher Methodik“ Vorgehen.

Es ist unverkennbar, daß die Gruppe um Viktor Wallner eine allgemeine Erneuerung des kulturellen Lebens in Niederösterreich ins Auge gefaßt hat, ohne allerdings die Verbindung mit den bisherigen Traditionen abreißen zu lassen. Die Reformpläne lassen neue Konfrontationen erwarten. Die bestehenden Gruppen in Niederösterreich etwa auf dem Gebiet der Literatur, wie der Kreis junger Autoren um die in St Pölten redigierte Zeitschrift „das pult“, wie die Lyriker der Zeitschrift „Podium“ oder wie der unter Führung von Albert Drach recht aktive Niederösterreichische PEN- Club wollen mit der neuen Niederösterreich-Gesellschaft in Verbindung treten. Es wird sich zeigen, ob die Erneuerung im Rahmen bestehender Zeitschriften und Vereine vor sich gehen kann oder ob sich nun in Niederösterreich neue Künstlergruppen formen werden.

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