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Es tut sich was in Niederösterreich!

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Als in diesem Jahr der Herbst ins Land zog, begannen in Niederösterreich vielerorts frühlinghaft Ideen und Aktivitäten zu sprießen. Getragen werden diese Aktivitäten von verschiedenen Vereinen und Gesellschaften, die alle, obwohl verschiedenen politischen Richtungen nahestehend, von einem Grundgedanken ausgehen: der Förderung und Formung eines eigenständigen und zeitgemäßen Landesbewußtseins. Von dieser gemeinsamen Basis agieren sie in verschiedene Stoßrichtungen.

flerbstliche Freude herrschte unter den Mitgliedern der „Gesellschaft der Freunde Niederösterreichs” (Präsident: Botschafter Dr. Johannes Deng- ler, Vizepräsident: Dr. Fritz Rotter-Le Beau) über den Beschluß der Landesregierung, auf den Bau des Amtsgebäudes Minoritenplatz zu verzichten. Sie forderten erneut eine eingehende Prüfung der Frage „Landeshauptstadt Niederösterreich”, da für sie ein Großteil der Probleme des Landes aus seiner Hauptstadtlosigkeit erwächst. Erfreut machte man auch auf die Intentionen des Landeshauptmanns Maurer aufmerksam, die dadurch freiwer-

denden Mittel für die Sicherung der Arbeitsplätze in Niederösterreich zu verwenden. Dies entspricht etwa der Forderung der Gesellschaft „Niederösterreichisches Geld nicht nach Wien, sondern nach Niederösterreich!”

Akzente ganz anderer Art setzte der „Niederösterreichfonds” (Geschäftsführer Dr. Hans Magenschab) durch die Herausgabe des „morgen”, einer „Kulturzeitschrift aus Niederösterreich”. Der „Fonds” konstituierte sich anläßlich des zehnjährigen Amtsjubiläums von Landeshauptmann Maurer und machte sich zum Ziel, „im Sinne eines richtigen und umfassenden Kulturbegriffes die vielen kulturellen und geistigen Regungen unbürokratisch zu fördern.” Wobei nun „Fonds” und Zeitschrift einander ergänzen sollen.

György Sebestyön, Chefredakteur des „morgen”, möchte, über die Dokumentation des kulturell Vorhandenen hinausgehend, daß niederösterreichische Wirklichkeit untersucht wird - etwa die Donauproblematik, der Suburbanismus, die Dorfbildgestaltung - und daraus Folgerungen zu zukunftsorientierten Unternehmungen gezogen werden. Aus der Vergangenheit gräbt,man Unbekanntes, jedoch mit Niederösterreich Zusam menhängendes aus, zunächst von Kokoschka, Gütersloh und Frieden.

Die weitestgestreuten und zahlreichsten Aktivitäten initiierte die jüngste der um das Ansehen Niederösterreichs bemühten Gesellschaften, die „Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur” (Geschäftsführer Dr. Helmut Grausam). Sie versucht im Rahmen der „Kulturausschnitte” alles Aktuelle zu präsentieren. So fanden im vergangenen Monat an sieben verschiedenen Orten des Viertels unter dem Wienerwald Lesungen niederösterreichischer Autoren wie Peter Marginter, Alfred Gesswein und Hermann Gail statt. Im Frauenbad in Baden wurde die Amulf-Rainer-Ausstel- lung eröffnet. Am Badener Stadttheater kam es - als Gemeinschaftsproduktion mit dem ORF-Landesstudio Niederösterreich - zur Aufführung des Stückes „Die Stunde der Spieler” der niederdsterreichischen Autoren Peter Schuster und Peter Zumpf. Auf einem einwöchigen Seminar sollen im Dezember einander niederösterreichische Autoren und Schauspieler sowie Vertreter des Landesstudios Niederösterreich kennenlernen und miteinander Produktionen für den Hörfunk erarbeiten. -

Als Stätte kultureller Begegnung möchte Dr. Franz Slawik, der Leiter des Dr.-Karl-Renner-Institutes, das von ihm gegründete „Niederösterreichische Kulturforum” verstanden wissen. Zur Realisierung dieser Zielsetzung veranstaltet das Forum Seminare und Symposien, die interessierten Niederösterreichern Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit bekannten Wissenschaftern und Künstlern bieten sollen. Das Symposion des heurigen Herbstes stand unter dem Titel: „Das Ende der Kunst.” Man hatte eine nicht niederösterreichspezifische Thematik gewählt, um nicht im Provinziellen verhaftet zu bleiben. Bei den zahlreichen kleineren Aktivitäten des Forums steht das Kommunikative und Emanzipatorische im Vordergrund: so entwarfen in Laa an der Thaya Künstler gemeinsam mit Kindern eine begehbare Plastik für den dortigen Spielplatz.

Überraschenderweise gibt es unter den einzelnen Niederösterreichgesellschaften nur geringe Kontakte und Koordination. Dieser Umstand wird einerseits auf das erst kurze Bestehen einiger Gesellschaften zurückgeführt, anderseits sogar als Positivum empfunden, da nur so genügend verschiedene Impulse gesetzt werden können.

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