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Gelungenes Fest?

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Der Erfolg des ersten Donaufestivals (18. Juni bis 24. Juli 1988) sei „über alle Erwartungen groß“ gewesen, meinte Niederösterreichs Kulturlandesrat Liese Prokop in einem ersten Resümee zur FURCHE. Tatsächlich hat es ein Fest dieser Größenordnung mit über hundert Veranstaltungen aus Theater, Musik, Kunst, Literatur, Film, Tanz und vielem mehr in Osterreich noch nicht gegeben. Die verantwortlichen Politiker zeigten Initiative und bewiesen Mut zur Innovation und damit zum Risiko.

Im so reichhaltigen Programm fand sich die avantgardistische Kunst an prominenter Stelle. Ge-

rade in einem Land wie Niederösterreich, wo man sich auf kulturellem Gebiet seit jeher mit der Geschichte verbunden fühlt, ist dies ein Wagnis. Philip Glass“ Oper „1000 Airplanes On The Roof“, ein futuristisches Musikdrama, gab den Veranstaltern recht. Von vier Millionen, die dieses Musikspektakel kostete, wurde eine Million wieder eingespielt. Die Vorstellungen waren restlos ausverkauft. Bei all der Akklamation wurden freilich auch kritische Stimmen laut: sowohl die Musik, als auch der Text und das Bühnenbild — meinten manche — seien langweilig und enttäuschend. Wie auch immer, der große Publikumserfolg der im Hangar drei am Flughafen Schwechat aufgeführten Oper gehört nun zur guten Reputation des Donaufestivals.

Von organisatorischer Seite aus weist man immer wieder gerne darauf hin, wie wichtig und zeitgemäß es sei, einen Musiker wie den amerikanischen Avantgardisten und niederösterreichische Volksmusikgruppen unter einen Hut zu bringen. „Die Grundideologie“ sei, so Liese Prokop, „keine elitäre Kunst zu präsentieren“. Dadurch entstehe ein Nebeneinander von Moderne und Tradition, wobei man bei der neueren Kunst nicht so sehr auf Qualität achtete, als vielmehr darum bemüht war, zu zeigen, welche künstlerischen Bestände es gibt.

Ein Pluralismus, den mancher Kritiker in Frage stellt. Auch anläßlich der TV-Sendung Cafe Central, die dem Festival gewidmet war, wurde für die Zukunft eine Diskussion über die Frage angeregt, ob diese Vielfalt nicht den Verzicht auf jedes Maß bedeute und dem Dilettantismus

Falkner vor der Rosenburg

Tür und Tor öffne. Kunstverständige Beobachter meinen, daß in großen Teilen der Ausstellung „Balanceakte 88“ neben international renommierten Künstlern wie Wolfgang Denk und Norbert Fleischmann pure Verbindlichkeit regiere.

Dieser Pluralismus wird naturgemäß von den politisch Verantwortlichen vehement verteidigt. Die Förderung der Moderne werde, so Liese Prokop zur FURCHE, im Verlauf des für 1990 fix eingeplanten zweiten Donaufestivals intensiviert. Im literarischen Bereich wolle man in Zukunft verstärkt zeitgenössische Autoren miteinbeziehen. Bei der diesjährigen „Literazzia“ wurden ja hauptsächlich bereits verstorbene Dichter präsentiert. Burgschauspieler Erich Auer, der aus Werken von Josef Weinheber, Alexander von Villers und Gerhart Fritsch las, lobte im Gespräch mit der FURCHE das „sehr ambitionierte und kunstbeflissene Publikum“ Niederösterreichs, das in seinem Kunstverständnis sogar über das von Wien zu stellen sei.

Trotzdem blieben die Leute bei

(Foto Crepaz)

vielen Veranstaltungen aus. Eugen Scherer, Generalsekretär der Niederösterreichischen Donaufestivalgesellschaft, erklärte im Gespräch mit der FURCHE, die Ausstellungen seien „stoßweise gut besucht“ worden. Er bezeichnete die Ausstellung „Die Nibelungen — Bilder von Liebe, Verrat und Untergang“, die aus München übernommen wurde, und „Hinter den Wänden“ als die publikumswirksamsten, „Geburt einer Hauptstadt“ in St. Pölten als Flaute. Viele Zuschauer wurden dagegen bei den Inszenierungen von Heinz Holecek, „Das brennende Haus“ von Joseph Haydn und „Die Geschichte vom Soldaten“ von Igor Strawinsky, beim Wachauer Theaterfest (etwa 15.000), bei diversen Musikveranstaltungen (etwa 15.000) und beim Altstadtfest (etwa 60.000) registriert.

Genaue Zahlen wird das Wirtschaftsforschungsinstitut eruieren. Das Donaufestival-Büro erhofft sich dadurch Ratschläge für die Planung der nächsten Festspiele in zwei Jahren. Gewiß wird die Untersuchung ergeben, daß die Werbung zu spät eingesetzt

hat. Liese Prokop meint, man habe innerhalb kurzer Zeit die Organisation auf die Beine stellen müssen und auch die PR-Arbeit, mit der sie sich unzufrieden zeigt, erst knapp vor Beginn des Festivals beginnen können. Reisebüros müßten in Zukunft etwa ein Jahr im voraus die Veranstaltungstermine erfahren.

Viele Anfragen, die auch aus dem Ausland kamen, konnten so nicht mehr bewältigt werden, womit dem trotzdem sehr belebten Fremdenverkehr und den Gastronomiebetrieben ein Löwenanteil am Kuchen entgangen sein muß. Ausländische Journalisten wurden überdies viel zu spät eingeladen. Trotzdem gab es ein mediales Echo. Scherer weist stolz auf das positive Bild hin, das die „Budapester Rundschau“ vom Donaufestival gezeichnet hat.

Nicht nur wegen der Umwegrentabilität zeigte sich, daß Wirtschaft und Kunst einander unterstützen sollten. Elfriede Verhounig von der für Betriebsansiedlung, Wirtschaftsförderung und Regionalisierung zuständigen Landesfirma Eco-Plus berichtete der FURCHE über das Symposion „Ökonomie und regionale Entwicklung“. Ein Ergebnis der Tagung sei darin zu erkennen, daß Künstler in Hinkunft betriebswirtschaftlich denken sollten, nicht ohne sich vor einem Vereinnahmungsprozeß zu schützen. Auch für die regionale Entwicklung könnte die Kunst Entscheidendes beitragen. Bei einer gleichzeitig verstärkten Betonung des donaueuropäischen Aspekts könnte das Donaufestival eine sowohl regionale wie internationale Signalwirkung haben.

Das Wesentlichste in dieser Hinsicht war wohl das große internationale Symposion „Modell Donauregion“ in Melk unter Teilnahme von fünfzig zum Teil weltberühmten Gelehrten und Autoren aus dreizehn Ländern. Daß die Gäste den spontanen Beschluß faßten, eine Donau-Gesellschaft für Kultur zu gründen, zeigt die kulturpolitischen Möglichkeiten. Niederösterreich könnte als Motor einer zukünftigen donaueuropäischen Zusammenarbeit wirken.

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