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Beispiel Donaufestival

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Neben den zur Tradition gewordenen Festspielen, wie sie in Wien, Salzburg oder Bregenz jährlich stattfinden, wurden im letzten Jahrzehnt zahlreiche zusätzliche Festspielaktivitäten in Österreich gesetzt Zeitlich begrenzt, meist themenzentriert und fast immer ortsgebunden versuchen sich diese Veranstaltungen als fester Bestandteil des Kulturangebotes zu etablieren.

Auch Niederösterreich versucht sich seit dem Vorjahr mit dem „Donaufestival“ am Festspielmarkt einen Platz zu sichern, jedoch mit einer bisher neuartigen Konzeption. Unter dem Motto „Das ganze Land ist Bühne“ sind die Festspielaktivitäten über das gesamte Bundesland verteilt In den fünf Wochen ab Mitte Juni fanden im Rahmen des Donaufestivals rund 500 Veranstaltungen an etwa siebzig Orten statt. Ebenso war das inhaltliche Spektrum breit gefächert; es umfaßte die Bereiche Tanz, Theater, Musik, Ausstellungen und Wissenschaft Da es für eine derartige Festspielkonzeption keine wirklich vergleichbaren Erfahrungen gibt, konnte man auf die Ergebnisse dieses Experimentes gespannt sein. Vorweg zusammengefaßt: Die Qualitätsvorgaben konnten erfüllt werden - die internationale Fachpresse reagierte mit vorwiegend positiver Kritik auf den künstlerischen Wert nicht jedoch jene hinsichtlich der Einnahmen und der Ausgaben, die deutlich unter- beziehungsweise überschritten wurden.

Was ist daraus für die weiteren Donaufestivals zu schließen?

Die Einhaltung von Ausgabenlimits läßt sich bei entsprechender Verbesserung der Leistungsstruktur des Veranstalters in Zukunft sicher bewerkstelligen. Die Einnahmenseite läßt sich jedoch nicht allein durch stärkere Professionali- sierung derOrganisationin den Griff bekommen, sondern erfordert die Beantwortung von zwei Vorfragen. Erstens: wieviel ist den politischen Entscheidungsträgem Kulturpolitik beziehungsweise kulturorientierte Wirtschaftspolitik wert? Und zweitens: wieviel läßt sich durch den

Verkauf von Eintrittskarten und sonstigen Leistungen realistischerweise erwirtschaften?

Im Vergleich zur traditionellen Wirtschaftsförderung wird der Kulturförderung noch untergeordnete Bedeutung zuerkannt, weil den eingesetzten Mitteln nur geringe volkswirtschaftliche Anstoßeffekte zugemessen werden. Dieses gesellschaftliche Beurteilungsparadigma läßt sich jedoch so undifferenziert nicht melu: aufrechterhalten. Zahlreiche Untersuchungen belegen inzwischen, daß bestimmte Kultur bereiche als Teil der hochrangigen Dienstleistungen (Quartärer Sektor) immer größere wirtschaftliche Bedeutung gewinnen. Die Entscheidung der niederösterreichischen Spitzenpolitiker, den Weg des Donaufestivals fortzusetzen, zeugt nicht nur von einer kulturellen Aufbruchstimmung, sondern auch von politischem Instinkt für den Umstand, daß der Paradigmenwechsel zur „Kultur als Zukunftsindustrie“ unaufhaltsam ist.

Die Frage, wieviel Mittel für das Donaufestival zur Verfügung stehen sollten, läßt sich leichter beantworten, wenn noch deutlicher als bisher zwischen der sogenannten Regionalschiene und der internationalen Schiene unterschieden wird.

Erstere könnte dem kulturpolitischen Auftrag, die regionale Partizipation und kulturelle Identifikation zu fördern, dienen, letztere könnte sich an den internationalen Kultumachfragetrends orientieren. Erstere ist im wesentlichen auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen (Subventionen), für letztere haben auch andere Finanzierungskomponenten maßgebliche Bedeutung (vor allem Einnahmen aus Kartenverkäufen, Sponsorgelder, Umsätze aus der Verwertung von Rechten). Die internationale Schiene eröffnet zudem auch beachtliche regionalwirtschaftliche Effekte durch die Umwegrentabilität im Fremdenverkehr.

Erst mit dieser Zweiteilung des Donaufestivals in Veranstaltungsbereiche läßt sich auch die Aufbringungsseite besser in den Griff bekommen. Für die Regionalschiene ist festzulegen, wieviel sie insgesamt kosten darf, und hiefür sind Mittel aus der Kulturförderung ši cherzustellen. Für die internationale Schiene stellt die Subvention einen limitierten Basisbeitrag dar, der durch kommerzielle Einnahmen ergänzt wird. Aufgrund der hoben Umwegrentabilität ist der Beitrag der öffentlichen Hand auch eine wirtschaftspolitische Investition.

Diese Trennung in einen rein gemeinnützigen Tätigkeitsbereich und einen kommerziellen Tätigkeitsbereich hat freilich vielfältige organisatorische und gesellschaftsrechtliche Konsequenzen. Die eingangs gestellte Frage nach dem Markt für das Donaufestival läßt sich nach dieser grundlegenden Betrachtung schlüssiger beantworten. Die Kemzielgruppen für Veranstaltungen der Begionalschiene und der internationalenSchiene sind nämlich gänzlich andere. Erste re besteht aus den kulturinteressierten Einwohnern der Region, letzte-

re aus Kulturkonsumenten außerhalb Niederösterreichs. Das sinddie Zielgruppen, die auch durch entsprechende Information und Marketing gewonnen werden sollten. Das hat natürlich auch Rückwirkungen auf die Organisationsstruktur.

Das Donaufestival könnte somit zwei sehr unterschiedliche Märkte bearbeiten: die zahlreichen regionalen Märkte, im Sinne einer aktivierenden mittel- und langfristig konzipierten „Kulturpolitik von unten“ und den überregionalen Markt im Sinne einer Kulturpolitik, die 6ich an internationalen Nachfragetrends orientiert und Niederösterreich international profiliert. Auf beiden Feldern ist mittel- und langfristig konzipierte Aufbauarbeit zu leisten. Es ist zu hoffen, daß diese Profilierungschance Niederösterreichs im kulturpolitischenBereich, aber auch im Bereich innovativer Regional- und Wirtschaftspolitik voll genutzt wird.

Der Autor ist Geschäftsführer in der für die Regionalisierung Niederösterreichs zuständigen EGO-PLUS.

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