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Der „Eisenkern“

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Der schon vor Jahren von der Grazer Messe ins Auge gefaßte Plan, alljährlich gemeinsam mit der Frühjahrsmesse eine ständige Spezialaus-stellung zu veranstalten, traf bei allen offiziellen Stellen, um deren Unterstützung gebeten wurde, auf erfreute Zustimmung. Die Wahl für das Objekt dieser Sonderschau fiel auf das für die Steiermark seit Jahrtausenden traditionelle Eisen, auf welchem nennenswerte Sparten der steiri-schen Wirtschaft auch heute noch basieren. So wurde also damit begonnen, das Projekt eines

„Eisenkerns“ für die Grazer Frühjahrsmesse zu entwickeln, einer regelmäßig wiederkehrenden Sonderschau, an welcher die gesamte österreichische eisenschaffende und eisenverarbeitende Industrie repräsentativ vertreten sein sollte. Dankbar sei hervorgehoben, daß sich insbesondere der Bundesminister für Handel und Wiederaufbau Dr. Fritz Bock mit größtem Nachdruck für die Verwirklichung des Projektes einsetzte und daß es zweifellos seiner Initiative zugeschrieben werden kann, daß sich auch weitere Mitglieder der Bundesregierung für die Unterstützung des Planes durch die ihnen untergeordneten Stellen aussprachen. Und schließlich waren es die entsprechenden Abteilungen und Sektionen der Handelskammer Steiermark, die die praktischen Vorarbeiten für das Zustandekommen einer möglichst kompletten Beteiligung der betreffenden Industriezweige durchführten, weil es sich nicht nur darum handelte, den einzelnen Unternehmungen eine einmalige repräsentative Teilnahme zu empfehlen, sondern um eine langjährige Bindung mit gleichzeitiger finanzieller Verpflichtung.

Es wurde bei früheren Gelegenheiten schon darauf verwiesen, daß die Grazer Messe, von einigen nicht sehr ins Gewicht fallenden, aber dennoch dankbar aufgenommenen materiellen Unterstützungen abgesehen, völlig auf eigenen Füßen steht, das heißt ihren gesamten Wiederaufbau und Ausbau aus den eigenen Einnahmen finanzierte! Ein nicht unbegründeter Hinweis, wenn man das Bild betrachtet, welches die erste Grazer Nachkriegsmesse im Jahre 1948 bot, und es mit dem heutigen Aussehen der Messe vergleicht. Die seither errichteten Hallen aus Glas,

Eisen und Beton, die Schaffung von Wegen, die

Anlage einer Kanalisation, die flächenmäßige Ausdehnung durch den Erwerb von Grundstücken und schließlich die allgemein gerühmte gärtnerische Ausgestaltung haben Beträge erfordert, die nur nach und nach eingenommen werden konnten. Zweifellos waren es gut angelegte Gelder, denn die Grazer Messe genießt ob ihrer räumlichen und flächenmäßigen Gestaltung berechtigtes Ansehen, und insbesondere auch die immer stärker vertretenen ausländischen Aussteller äußern ihre Genugtuung darüber, daß der fortschreitenden technischen Perfektion der einzelnen Ausstellungsobjekte und der zunehmend ästhetischen Form selbst großer Schaustücke ein äquivalenter äußerer Rahmen geboten wird. Diese Feststellungen sollen nicht in Selbstlob ausarten; sie waren aber notwendig, um zu verstehen, daß die Grazer Messe zwar mit größter Begeisterung an die Schaffung eines eisernen Kerns ging, daß es ihr jedoch an den ausreichenden Mitteln fehlte, diesen zum Teil sehr großen Objekten einen entsprechenden Ausstellungsraum zur Verfügung zu stellen.

Es ist klar, daß es angesichts dieser Schwierigkeit mit besonderem Dank hervorgehoben werden muß, daß die Verhandlungen mit den Unternehmungen der österreichischen eisenerzeugenden und eisenverarbeitenden Industrie dank deren Entgegenkommen erfolgreich abgeschlossen werden konnten: Die zur Teilnahme entschlossenen Betriebe haben sich nicht nur bereit erklärt, diese Zusage zehn Jahre hindurch aufrechtzuerhalten, sondern auch die Pacht für die beanspruchte Ausstellungsfläche so im voraus zu entrichten, daß die Finanzierung einer neuen, ausschließlich dem Eisenkern vorbehaltenen Halle aus Stahl und Glas gesichert erschien und mit dem Bau auch so rechtzeitig begonnen werden konnte, daß er sich anläßlich dieser ersten allgemeinen Frühjahrsmesse mit der erstmalig veranstalteten Sonderausstellung Eisen bereits fix und fertig präsentiert. Für eine verhältnismäßig kleine Messe, die sich aber erfolgreich behaupten und an Ansehen von Jahr zu Jahr noch gewinnen kann, eine bemerkenswerte Leistung, die noch durch die Tatsache unterstrichen wird, daß auch sie durch eigene Anstrengungen zustandegekommen ist. Die Messeleitung ist sich selbstverständlich dessen bewußt, daß die opferbereite Haltung der Schwerindustrie mit einem zwar von Herzen kommenden, aber dennoch nur schlichten Dank bei weitem nicht abgegolten werden kann und daß es daher neuer und zusätzlicher Leistungen bedürfen wird, um dieses Opfer zu vergelten.

Es wird sich in erster Linie darum handeln, die vorhandenen Mittel so einzusetzen, daß die Grazer Messe trotz zahlreicher anderer ähnlicher Messeveranstaltungen nicht nur ihre derzeitige Anziehungskraft beibehält, sondern noch weiter ausdehnt, zusätzliche Aussteller und zusätzliche Besucher — vor allem Interessenten — erhält.

Diesbezüglich wird man den bisher bewährten Weg sicherlich weiter beibehalten können, denn die Grazer Messe war auch bisher keine Prunkschau, an welcher „man“ aus Repräsentationsgründen teilnehmen mußte, sondern eine Arbeits- und (wie wir nicht ohne Genugtuung feststellen dürfen) Erfolgsmesse. Ihren Ruf und ihre wachsende Beliebtheit verdankt sie in erster Linie der Tatsache, daß die Aussteller zum weit überwiegenden Teil sehr befriedigende Umsätze erzielen oder Geschäfte anbahnen konnten, daß sich also der greifbare Erfolg sehr unmittelbar einstellte. Die Messeleitung wird alle Anstrengungen unternehmen, daß dies auch weiterhin keine Änderung erfährt, und sie wird es sich insbesondere angelegen sein lassen, durch eine systematische und ausgedehnte Werbung neue Interessentenschichten zu gewinnen. Angesichts der wirtschaftspolitischen Entwicklung in Europa wird man dabei vor allem auch danach trachten müssen, gewisse Schwerpunkte zu schaffen, das heißt die Werbung in jenen Staaten zu verstärken, welche für die österreichische Wirtschaft von Bedeutung zu werden versprechen. Daß angesichts dieser neuen und zusätzlichen Bemühungen die alten Interessenten und Dauerkunden der Grazer Messe nicht vergessen, sondern gleichfalls tatkräftig weiter in ihren Erfolgsanstrengungen unterstützt werden, ist selbstverständlich! i Das besondere Anliegen, der Grazerlvtessei Bildete der Ausbau derB!mfsfn'aftlicrfe%l- Rehungen zudeneuropäKcäremSüdost- und Ost-f Staaten und an der Dringlichkeit dieses Anliegens hat sich nichts geändert. Gewisse Teilerfolge berechtigen zu einiger Hoffnung, aber es wäre vermessen, auf diesem Sektor mit baldigen entscheidenden Wendungen zum Besseren zu rechnen. Dennoch ist die Leitung der Grazer Messe nach wie vor der Ansicht, daß die in dieser Richtung unternommenen Anstrengungen nicht vergebens waren und daß sich aus den ersten bescheidenen Ansätzen eines Tages doch wieder normale Handelsbeziehungen entwickeln werden. In dieser Hinsicht können vermutlich auch auf den neugeschaffenen Eisenkern der Messe gewisse Hoffnungen gesetzt werden, aber auch die in der ganzen Welt weiter wachsende Erkenntnis, daß der Völkerfrieden dann am dauerhaftesten gewährleistet werden kann, wenn der durch eine lebhafte Wirtschaft steigende allgemeine Wohlstand weitere Steigerungen erfährt, berechtigen zu einigem Optimismus. Dieser Optimismus und diese Zuversicht haben die Leitung der Grazer Messe auch bisher beherrscht; und nicht zuletzt diese beiden Eigenschaften waren und sind es, denen die Grazer Messe ihre heutige Stellung verdankt.

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