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Vorarlberg und seine Messe

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Ehe die Dornbirner Messe 1949 gegründet wurde, erörterte man in Kreisen der Vorarlberger Wirtschaft den Gedanken einer großen Landesausstellung. Er wurde vom Verkehrsverein der Stadt Dornbirn aufgegriffen und zunächst als Export- und Musterschau verwirklicht, bis daraus 1951 offiziell eine Messe wurde. Schon daraus geht hervor, wie eng regionale Interessen mit dieser Messe verknüpft sind. Jeder Veranstalter einer Messe oder messeartigen Ausstellung weiß aus Erfahrung, daß solche Unternehmen aus zwei Organisationen bestehen, deren Belange sich freilich decken.

Erstens ist die Messegesellschaft bestrebt, als Firma ihre eigenen Ausgaben für die Adaptierung von vorhandenen oder die Errichtung neuer Baulichkeiten sowie für den Ablauf der Veranstaltung durch Einnahmen zu decken, sie ist ein kommerzieller Betrieb wie jeder andere in der gewerblichen Wirtschaft.

Zweitens aber wird jede gesunde Messe ihre besten Dienste den Ausstellern leihen, die durch ihre Teilnahme das einzige Ziel verfolgen, ihre Waren schauzustellen, Kunden zu gewinnen und sofort am Platz oder im Verlauf weiterer Verkaufsgespräche nach der Messe umzusetzen. Die Aussteller pflegen daher lebendige Kontakte zur Messeleitung auch nach Abschluß des Mietvertrages und nach Erledigung der erforderlichen

Formalitäten, sie sind ihr Partner. An manchen Messeplätzen bestehen daher auch Ausstellervereinigungen zur Abwicklung ihres Verkehrs mit der Messeleitung, zum Vortrag neuer Gedanken und zur Verbesserung des Ablaufes der Veranstaltung.

Als Messegesellschaft mit dem Sitz in Dornbirn ist also der Wirtschaftskörper des Landes Vorarlberg vornehmlich der Träger des Dornbirner Messegedankens seit zwölf Jahren, und insofern ist man berechtigt, zu fragen, was die Industrie, das Gewerbe, der Handel, der Verkehr, die Stadt und nicht zuletzt das Finanzamt von ihr gewinnen. Die Partnerschaft mit den Ausstellern hingegen löst die Messegesellschaft von ihrer lokalen Basis, denn der hohe Anteil von Firmen aus dem übrigen Österreich und dem Ausland verpflichtet zur überregionalen Dienstleistung. Die Messeleitung muß diese internationale Aufgabe erfüllen, ohne dem einheimischen Aussteller ein Vorrecht zu gewähren, sie muß „überparteilich” handeln. Auf diese Weise aber wächst die Messegesellschaft in einen Organismus höherer Rangordnung mit vielfältigen Verflechtungen zu allen Bundesländern, zu zahlreichen anderen Staaten hinein. Man braucht nur einen Posttag in der Messekanzlei erleben, um bestätigt zu finden, daß die Verbindungen wirklich in alle Erdteile reichen.

Werbekosten machen sich bezahlt

Einige Angaben mögen diese Tatsache illustrieren. Unter den rund tausend Ausstellern der Dornbirner Messe, für die in den zwölf Hallen Ausstellungsraum vorhanden ist, befinden sich regelmäßig 60 Prozent österreichische und 40 Prozent ausländische Firmen. Aber auch die Gesellschafter der Messe stammen nicht durchweg nur aus Vorarlberg. Es gehören ihr einige gesamtstaatliche Verbände an, nämlich der Verein der Baumwollspinner und Weber Österreichs, der Fachverband der Bekleidungsindustrie und die Vereinigung österreichischer Seidenweber. Anderseits genießt die Messe selbstverständlich die Vorteile einer Einrichtung im Lande Vorarlberg in Form von Subventionen verschiedener Stellen und man kann sagen, daß sie in der finanziellen Abwicklung von auswärtigen Behörden, wenn man von gewissen Beiträgen des Bundes für das Bauprogramm absieht, unabhängig gebart. Die Einwohner des Landes honorieren die Initiative der Messegesellschaft durch einen beispielhaft starken Besuch. Ihre Eintrittsgelder sind in der Bilanz ein wichtiger Posten geworden.

Die Pluspunkte der Messe für die Wirtschaft des Landes Vorarlberg sind ebenso zahlreich wie gewichtig. Durch die Messewerbung wird, auch wenn von einem Ausstellungsgut aus anderen Gebieten berichtet wird, der Name des Landes im In- und Ausland propagiert. Seit dem Bestand der Dornbirner Messe hat sich die Kenntnis von den wirtschaftlichen Exportleistungen der Vorarlberger Firmen weithin in Europa und auch in Übersee verbreitet. Diese Informationen werden untermauert durch die vielen Tausende Einkäufer des Auslandes. In den Büros der heimischen Betriebe weiß man diese Auswirkung sehr zu schätzen, sie erleichtert den Außenhandel mehr als man ursprünglich anzunehmen wagte. Erst die Messegesellschaft brachte größere Gruppen von ausländischen und innerösterreichischen Wirtschaftsjournalisten ins Land, deren Artikel zu dem erfreulichen Echo in der Welt gehören, das Vorarlberg gefunden hat. Es wäre aber leichtfertig, wollten wir behaupten, allein mit Messewerbung und Pressefahrten wäre es getan. Die Vorarlberger Textilindustrie beispielsweise baut dauernd die gewonnenen Positionen auf den Märkten aus, sie beschickt auch fremde Messen und tritt auf den Österreich- Wochen vielfach mit eigenen Angeboten auf. Denn sie hält sich an den Grundsatz, daß eine Werbung für ihre Güter nur dann durchschlägt, wenn sie gezielt, pausenlos und in attraktiven Formen erfolgt. Zu diesem Satz sei erläuternd hinzugefügt, daß die Vorarlberger Modeschauen mit Modellen aus besten Häusern ein solches Mittel darstellen, um den Kunden zu gewinnen. Der Einsatz nicht unbeträchtlicher Werbegelder ist nicht zu vermeiden, sie kehren mit dem steigenden Umsatz wieder zurück.

Das Klima der Messetage

Die Stadt Dornbirn und die Wirtschaft des Landes Vorarlberg haben bestimmte Unterlagen darüber, was die Messe, der sie ihre Unterstützung leihen, indirekt wieder einbringt, auch wenn sie an dem Risiko beteiligt sind, das der Bau von Hallen bringt. Es gibt eben keinen Gewinn ohne Einsatz.

Unzweifelhaft hat die Dornbirner Messe auch erheblich zur Verstärkung des sommerlichen Fremdenverkehrs beigetragen. Für den Messegast liegt dann der Besuch der künstlerischen Bregenzer Festspiele in der Landeshauptstadt nahe. Die auswärtigen Gäste sind auch dann, wenn sie nicht als Einkäufer, sondern nur als Schaupublikum erscheinen, doch wiederum Konsumenten, worüber das sprunghafte Anschwellen der Nächtigungszahlen und der Getränkesteuern Auskunft gibt. Indem wir diese Zufriedenheit der Kassiere und der lokalen Instanzen mit dem „Messetrubel” verzeichnen, sei doch nicht übersehen, daß die Aktivität, die Dornbirn schon viele Monate vor dem Beginn seiner Messe in der Bevölkerung auslöst, alle herkömmlichen Ansichten widerlegt, als ob der sichtlich verbreitete Wohlstand, den man den Vorarlbergern zuschreibt, zur „Ruhe auf den Lorbeeren” verleite. Ganz im Gegenteil, der nicht geleugnete Stolz auf das Werk, das die Messe ist, die Genugtuung über das Gelingen auch gewagter Projekte, etwa die Durchführung einer in Mitteleuropa einmaligen Textilchemie- und Faserschau mit zwanzig Weltfirmen aus neun Staaten in Europa, Amerika und Ostasien, und die Einsicht, daß man den Fortschritt zu fördern hat, diese Ergebnisse sind vielleicht noch wichtiger als der in Schillingen erreichte Umsatz einer Messe.

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