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Uber alle Grenzen hinweg

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Wenn die 16. Export- und Mustermesse Dornbirn am 11. Juli 1964 ihre Tore öffnet, pflegen Veranstalter und Sprecher der Textilwirtschaft den Ausstellern einen ausgezeichneten Geschäftserfolg zu wünschen. Heuer können sie das mit dem besten Gewissen tun, denn die Konjunkturprognose lautet für Österreich günstig. Die wirtschaftliche Blüte wird anhalten, und man kann also an den Dornbirner Messeständen sehr gute Umsätze erwarten. Ich kann aus Erfahrung hinzufügen, daß auch in Zeiten des flüssigen Verkaufes einer Ware die Teilnahme des Erzeugers an Messen und Ausstellungen nicht entbehrt werden kann. Das Schaustellen der Ware ist eine breite und tiefe Werbungsaktion, und man soll nicht übersehen, daß man an den Werbekosten nicht sparen darf. Die Erkenntnisse der Psychologie sind heute vielfach auf die Propaganda angewandt worden, und es ist einer ihrer Grundsätze, daß sie keine Pause verträgt.

Deshalb ist es für die Dornbirner Messegesellschaft eine außerordentliche Genugtuung, daß ihre Hallen wieder voll belegt sind und wir in den letzten Wochen sogar Schwierigkeiten zu überwinden hatten, damit noch verspätete Anmeldungen überhaupt berücksichtigt werden konnten. Man muß auch die österreichischen Messen unter dem Gesichtspunkt beurteilen, daß sie die Integrationsgrenzen in Europa überwinden helfen. Wir erklären uns das starke Interesse ausländischer Betriebe an unserer Messe eben damit, daß sie die wirtschaftliche Funktion dieses Handelsplatzes schätzen und -sich seiner bedienen, um Kunden in Österreich zu gewinnen. Wenn auch unsere Regierung gegenwärtig in Verhandlungen über eine Assoziierung mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft steht, wird bis zur Effektuierung eines Vertrages doch noch einige Zeit verstreichen. Erst dann wird sich die Aufgabe der Dornbirner Messe wandeln und wahrscheinlich den Erzeugern und Ausstellern aus der Kleinen’Freihandelszone ihre gelten Dienste leihen..

Die verkėhršp’olitische’ Lage des Messeplatzes Dornbirn gestaltet sich in Zukunft günstiger. Für Vorarlberg bringen die nächsten Jahre zwei Autobahnen aus Stuttgart und München an den Bodensee, wo der bayrische Ast über Bregenz an die Arlbergstraße und die neue schweizerische Nationalstraße entlang unserer Grenze nach Süden durch einen Tunnel an das italienische Netz angeschlossen wird. Wenn auch die österreichischen Bundesbahnen die Arlbergstrecke zwischen Bregenz und Innsbruck mit Ausnahme der schwierigen Bergstrecke nach Landeck auf ZweigeleiSigkeit umgebaut haben, dann rückt Vorarlberg aus einem Randstück wieder in die Mitte einer großartigen Verkehrsachse. Die Dornbirner Messe wird dann neue Chancen nutzen können, was also unseren Optimismus unterstützt.

Die Dornbirner Messeleitung hat seit ihrer Gründung versucht, die Textilfachmesse auszubauen und trotzdem auch allen übrigen Branchen die Messetore offen zu halten. Unsere Messe dient nicht nur der Textilwirtschaft auf gesamtstaatlicher Ebene, sondern auch dem regionalen Bedürfnis. Sie zeigt Neuheiten auch des allgemeinen Maschinenbaues, der Elektrotechnik, der Holzverarbeitung, der Werkstattechnik und bringt Ausstellungsgut für das Gastgewerbe, die Hotellerie, die Bauwirtschaft, das Büro, das moderne Handelsgeschäft und sogar vielseitigen Bedarf des Landwirtes. In der Ausstellerliste sind alle österreichischen Länder mit namhaften Firmen vertreten. Auf dem Messegelände wird der Aufbau dekorativer, also verkaufswerbender Firmenstände und Sonderschauen durchgeführt. Gemeinschaftsausstellungen veranstalten die Vereinigung österreichischer Seidenweber, die Bekleidungsindustrie, der Verband der Vorarlberger Stickereiindustrie und das niederösterreichische Wirtschaftsförderungsinstitut, das kunstgewerbliche Artikel vorführt. Völlig neu ist eine Sonderschau unter dem Titel „Das Schaufenster des Textilhandels”, die von bekannten Vorarlberger Textilhandelsfirmen erstellt wird und den Fortschritt neuzeitlicher Schauwerbung zeigen soll.

Rund ein Viertel der Dornbirner Aussteller kommen heuer aus der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein, aus Belgien, England, Finnland, Frankreich, Holland, Italien, Portugal, Ungarn und USA.

Eine erstmalige Sonderausstellung von besonderer Art ist die der finnischen Textilindustrie. Finnland zeigt hier erstmals auf einer österreichischen Messe Textilien, Meterware, Teppiche, Wandteppiche, Möbel- und Vorhangstoffe, Trikotwaren und Bekleidung. Auch in diesem Jahr ist also das Ausland sehr stark auf der Dornbirner Messe mit in Österreich und auch in dritten Staaten gut gefragten Artikel vertreten. Dies gilt für die umfassende Chemiefaserschau ebenso wie für den Textilmaschinen- und den allgemeinen Maschinenbau. Das ausländische Angebot enthält aber auch Textilwaren, Textilfarben und Textilhilfsmittel, ferner Werkzeuge, Elektrogeräte und diversen Bedarf für gewerbliche Betriebe und die Hotellerie. Daß auch Erzeugnisse des Auslandes aufliegen, ermöglicht dem Fachmann einen Vergleich von Ausführung und Preis mit gleichartigen Inlandswaren, was im Konkurrenzkampf große Bedeutung hat. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Dornbirner Messe viele ausländische Erzeugnisse zeigt, die in Österreich überhaupt nicht oder nur in geringen Serien erzeugt werden, etwa Webstühle, Wirk- und Strickmaschinen oder synthetische Faserstoffe und Textilfarben.

Dornbirn hat sich aber auch zu einem Tagungszentrum entwickelt, wofür die Messe der geeignete Anlaß ist. Zum dritten Male findet knapp vor Messebeginn in Dornbirn eine internationale Chemiefasertagung statt, die vom Österreichischen Chemiefaserinstitut Wien durchgeführt wird. Sie ist der Forschung und der Praxis auf diesem wichtigen Gebiet der Erzeugung und Verarbeitung neuer Textilrohstoffe gewidmet. Ebenfalls vor der Eröffnung der Messe hält der Verein österreichischer Textilchemiker und Coloristen in Dornbirn seine Hauptversammlung ab, verbunden mit einem zweitägigen wissenschaftlichen Seminar. Während der Messe selbst hält die Bundesinnung der Kleidermacher Österreichs ihre Bundesinnungs-Tagung ab, während sich erstmalig für Österreich Schaufenstergestalter des Textilhandels bei einem Seminar, treffen, das Fachleute aus Österreich, der Bundesrepublik Deutschland uftd der Schweiz abhalten. Dieses Seminar wird durch die erwähnte Sonder Schau „Das Schaufenster des Textilhandels” ergänzt. Nicht unerwähnt darf ich ein Rundgespräch von österreichischen, deutschen und schweizerischen Textilhändlern lassen, auf dem gemeinsam interessierende Probleme in Gesprächsform behandelt werden sollen. Natürlich finden wie immer auch wieder Sitzungen der Textilverbände statt.

Als Messepräsident lade ich die Leser der „Furche” herzlich zum Besuch unserer Messe ein. Unser Bundesland wird ihnen die traditionelle Gastfreundschaft erweisen und ihnen empfehlen, auch ihren Urlaub in Vorarlberg mit seinen vielbewunderten Naturschönheiten zu verbringen. Wir hoffen, daß wir sehr viele Gäste am Messegelände willkommen heißen können, denn Dornbirn ist eine Reise wert.

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