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Ein neues Gesicht

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Wer die am 26. September beginnende Grazer Herbstmesse 1959 besucht, wird bei einem Ver- gleich mit der letzten Frühjahrsmesse sofort erkennen, daß sich der äußere Rahmen dieser wirtschaftlichen Großveranstaltung in knapp vier Monaten wesentlich verschönert hat. Ganz abgesehen von den zahlreichen Arbeitskräften, die an vielen Stellen des Geländes mit der Fortsetzung der Kanalisierung«- und Verkabelungsarbeiten, mit dem Bau neuer Wasserzuleitungen, mit der Entstaubung von Straßen und Wegen emsig beschäftigt waren, gab es massierten Arbeitseinsatz an einer ganzen Reihe von Baustellen. Ihm sind der Abriß des alten, schon baufällig gewordenen Reininghauspavillons und die Abräumung und Einebnung des dadurch gewonnenen Bauplatzes für die in Aussicht genommene Errichtung einer repräsentativen Halle der steirischen Schwerindustrie, aber auch der Bau einer neuen mit Welleternit gedeckten Halle aus Stahl und Profilitglas an Stelle der alten Holzbaracke zu danken, deren Bezeichnung als „Halle VII“ eines komischen Beigeschmackes nicht entbehrte. Die neue Halle VII, deren Bau einen Kostenaufwand von 1,2 Millionen Schilling erforderte, ist jetzt eine wirkliche Halle und wird bei der Herbstmesse der Schauplatz einer großen Modeschau werden.

Die Dächer der großen, die Tierausstellungen beherbergenden Halle XVI wurden neu eingedeckt und mit Peloplast-Wellplatten-Fenstern versehen, wodurch die Ausstellungsräume viel mehr Helligkeit erhielten. Die Büromaschinen- Halle XV bekam eine Scheinfassade aus Holzkonstruktion und die gigantische, eine Fläche von 8828 Quadratmeter bedeckende Holzhalle XI, in der hauptsächlich Maschinen untergebracht sind, mußte von Grund auf überholt werden, eine Arbeit, die ziemlich kostspielig war und Monate in Anspruch nahm.

Aber nicht nur die Messeleitung hat hier ganze Arbeit geleistet, auch Pächter und Mieter von Messeplätzen haben beträchtliche Investitionen für Neubauten getätigt. So hat sich die Pächterin des Messerestaurants im Zuge ihrer durch den Abriß des Reininghauspavillons notwendig gewordenen Uebersiedlung auf eigene Kosten ein neues Heim errichtet und modern ländlich eingerichtet. Eine Weinhandlung hat ihre veraltete Hütte abgetragen und sich einen sehr geschmackvollen neuen Pavillon gebaut. Der Molkereiverband hat die Terrasse seines Pavillons eingeglast, und andere Aussteller sind bereits an der Arbeit, ihre bisherigen Kojen zu verschönern oder ganz neu zu gestalten.

Erfreulicherweise sind alle der Messe zur Verfügung stehenden Flächen in den 21 Hallen wie im Freigelände vermietet. An die tausend Aussteller aus dem Inland werden sich bemühen, ihre Erzeugnisse in apartem und ansprechendem Rahmen zur Schau zu stellen. Den Wettbewerb mit ihnen aufzunehmen, beabsichtigen rund 150 Firmen aus Argentinien, Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, England, Frankreich, Holland, Italien, Jugoslawien, Liechtenstein, Norwegen, Schweden, Schweiz und Spanien.

Zu der Messe wird auch eine aus führenden Persönlichkeiten der Triester Wirtschaft bestehende Abordnung erscheinen. Sie wird sich auf Grund bereits erfolgter Fühlungnahme mit den zuständigen österreichischen Behörden und Wirtschaftskreisen bemühen, geeignete Wege zu finden, um neue geschäftliche Abschlüsse zu tätigen und die noch offenen Fragen besserer Verkehrsverhältnisse einer beide Teile befriedigenden Lösung zuzuführen.

Mit Jugoslawien kam es wieder zu einem Kompensationsübereinkommen im Gesamtbetrag von 14 Millionen Schilling, wovon 7 Millionen Schilling auf die Einfuhr jugoslawischer Waren nach Oesterreich und 7 Millionen Schilling auf die Ausfuhr österreichischer Erzeugnisse nach Jugoslawien entfallen.

Nicht weniger als acht Sonderausstellungen werden das allgemeine Interesse oder doch die Aufmerksamkeit bestimmter Besucherkreise auf sich ziehen. Eine große Rinderschau der Fleckviehzuchtverbände Steiermarks, eine Güterverkehrsausstellung der Oesterreichischen Bundesbahnen, eine Sonderschau „Neue Baustoffe — neue Bauweisen“, eine mit Unterstützung des Wirtschaftsförderungsinstituts veranstaltete Ausstellung „Klingendes Handwerk — Metall und Form", die steirische Fischausstellung, eine Futtermittelschau, die jugoslawische Kollektivausstellung und die Sonderschau Triest werden ihre Anziehungskraft nicht verfehlen.

Daß für die Mehrheit der Messeaussteller das Wort „Reklame“ groß geschrieben wird, ist eine bekannte und begreifliche Tatsache. Leider aber schießt diese Werbung für die Erzeugnisse der eigenen Firma manchmal weit übers Ziel, so daß die Messeleitung gegen unpassende und allzu aufdringliche Reklame wiederholt schon einschreiten mußte. Um so erfreulicher ist es, wenn eine Firma bei ihrer Werbung auch an die oft sehr geplagten kinderreichen Hausfrauen denkt und den drei kinderreichsten Müttern, die sich während der Grazer Herbstmesse an einem der Stände dieser Firma melden, einen kostenlosen achttägigen Erholungsurlaub in Zell am See gewährt. Schade, daß diese Art der Werbung nicht mehr Nachahmer findet.

Im allgemeinen weist die Grazer Herbstmesse eine reiche Beschickung mit Waren aller Art auf, von denen so manche dem allgemeinen Interesse begegnen werden. Besondere Aufmerksamkeit dürften die neuen Puch-Erzeugnisse finden, wie das von vielen noch nicht gesehene Moped DS 50 und der Puch-Wagen 500, den eine steirische Zeitung als Haupttreffer ihres Werbewettbewerbes zur Messe bringt. Die „Schnee-Katze“, die bei der letzten Antarktisexpedition von Fuchs und Hillary in Gebrauch stand, wird gleichfalls zur Schau gestellt werden. Aber auch Neuheiten, wie etwa ein Vierwerkzeuggerät aus Argentinien, das in sich eine Säge-, Feil-, Stoß- und Schleifmaschine vereinigt, oder die kunststoffgekapselten elektrischen Verteileranlagen aus Belgien, neue inländische Zemente, eine moderne Schweißzange, die trotz geringem elektrischen Anschlußwert zwei und drei Millimeter starke Bleche auf Kasten und Zargenprofile aufschweißt und besonders für die Fertigung von Stahltüren und starken Blechkonstruktionen geeignet ist, oder ein Pos- sehl-Leichtförderer, der auf der Grazer Messe zum erstenmal gezeigt wird, werden sicherlich das Interesse der Besucherwelt wecken. Bei letzterem Exponat handelt es sich um ein Spezial- Förderband für Schüttgüter mit 300 Millimeter Steilfördergurt, das durch Anbringung einer Seitenverkleidung und hoher Bandgeschwindigkeit eine Leistung von 40 Tonnen pro Stunde er- i eicht!

Schon aus den wenigen Hinweisen auf die Zahl der Aussteller und auf einige ihrer interessantesten Schaustücke ergibt sich ein anschauliches Bild von dem Gesicht der Grazer Südostmesse, einer Messe, die auch in diesem Herbst wieder zeigen wird, daß sie für das wirtschaftliche Leben der Steiermark ein Faktor von größter Bedeutung geworden ist.

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