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EIN NEUES TOR FÜR OSTEUROPA

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Ziel der Reformen: Fachthemen erhalten während der großen Konsumgutermessen im Frühjahr und im Herbst einen neuen Stellenwert, die strategische Blickrichtung ist Südosteuropa.

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Ziel der Reformen: Fachthemen erhalten während der großen Konsumgutermessen im Frühjahr und im Herbst einen neuen Stellenwert, die strategische Blickrichtung ist Südosteuropa.

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Der Messeplatz Graz ist für die steirische Wirtschaft nicht nur ein traditionsreicher, sondern stets auch ein guter Boden: Auf der 1906 gegründeten Messe erzielen die Aussteller heute einen Jahresumsatz von rund 4,5 Milliarden Schilling.

Umsatzstärkste Veranstaltungen sind die Frühjahrs-und die Herbstmessen, die jeweils neun Tage dauern und rund 250.000 zahlende Besucher anlocken. Aus dem steirischen Wirtschaftsleben sind diese beiden Großmessen nicht mehr wegzudenken. Überlegungen, dem Beispiel anderer Messen - etwa der Wiener - zu folgen und sich aus dem Konsumgüterbereich zurückzuziehen, wurden in Graz daher erst gar nicht ernsthaft angestellt.

Gerd Novak, Direktor der Grazer Messe International: „Große Publikumsmessen haben einfach nach wie vor einen beträchtlichen Stellenwert im Messewesen, auch wenn heute jeder von Fachmessen als dem Non-plus-ultra spricht. Der Weg weg von einer Publikumsmesse, wie ihn Wien gewählt hat, wird wieder zu einer Publikumsmesse zurückführen, auch wenn dann vielleicht nicht mehr die Wiener Messe der Veranstalter ist.”

Gleichwohl kann sich die Grazer Messe dem Trend der Zeit zu starken

Fachmessen nicht entziehen. Die Messeleitung hat sich daher zu einschneidenden Reformen entschlossen.

„Zwei mal fünf in neun” heißt das neue Konzept für Frühjahr und Herbst, wobei sich die Zahlen auf die Ausstellungsdauer beziehen. Bislang nämlich waren Fachthemen in die neuntägige Publikumsmesse integriert. Die Fachaussteller, vor allem aus dem Gastronomie- und Landwirtschaftsbereich, waren zunehmend unzufrieden mit der langen und damit auch kostspieligen Teilnahme an der Messe. Die wenigsten wollten aber die große Publikumsmesse ganz verlassen und eine eigene Fachausstellung organisiert haben. Die naheliegendste, in der Organisation freilich höchst komplexe Lösung: Fachmessen, die im Rahmen der großen Konsumgütermesse stattfinden, aber nur fünf statt neun Tage dauern.

Ab der Frühjahrsmesse 1994 gibt es daher an den ersten fünf Messetagen (Samstag bis Mittwoch) zunächst die Gastronomiebedarfsfachmesse, die künftig „Gastronomia” heißen wird. Ihr folgen, mit einem Überschneidungstag (Mittwoch) die ebenfalls fünftägige Land- und Kommu-nalmaschinenschau (künftig „Agrar Süd”) und, zeitgleich, die Baufachmesse „Baufix”.

Messedirektor Novak: „Wir sind zuversichtlich, mit dieser Regelung allen Interessen am besten entgegenzukommen, auch wenn es für uns einen gewaltigen organisatorischen Aufwand bedeutet.” Immerhin ist ein Drittel der 1.200 Aussteller, die jedes

Jahr zur Messe kommen, von der Änderung betroffen, und große Bereiche der Messe müssen baulich abgeschirmt werden, damit die Auf-und Abbauarbeiten der Fachaussteller das übrige Messegeschehen nicht beeinträchtigen.

Sehr gelegen kommt der Messeleitung in diesem Zusammenhang die neue Halle 18, die bereits zur diesjährigen Herbstmesse zur Verfügung stehen wird. Eigentlich eine Tennishalle, die vom steirischen Tennisprofi Gilbert Schaller betrieben wird, kann diese Halle für die beiden Großmessen kurzfristig in eine Ausstellungshalle umgerüstet werden. Dort soll „Alles aus Stadt und Land” geboten werden, ein Thema, das bislang in der Halle 16 angesiedelt war, in die nun unter anderem ein Teil der Landmaschinenschau einziehen kann.

Die Neukonzeption der Frühjahrs-und Herbstmessen und bauliche Ver-

änderungen sind freilich nur ein Teil der Bemühungen der Messeleitung, den Stellenwert des Messeplatzes Graz zu verbessern. Strategisches Ziel sind die neuen Märkte im Südosten Europas. Messedirektor Novak: „Wir sind eben aus Richtung Südosten die erste Anlauf stelle im deutschsprachigen Raum. Das ist unsere Chance, auch wenn wir derzeit nur von Hoffnungsmärkten sprechen können - mit der Betonung auf Hoffnung.”

„Alles aus Stadt und Land”

Vor allem für Westungarn, Slowenien und Kroatien könnte der Messeplatz Graz zum „Tor nach Europa” werden, wie sich Messepräsident Alexander Götz unlängst ausdrückte. Derzeit bekommt die Messe allerdings die enormen Probleme der einstmals kommunistischen Staaten bei der Umstellung auf die Marktwirtschaft unmittelbar zu spüren. Der Anteil der ausländischen Besucher bei den beiden Großmessen ist beispielsweise von 15 auf elf Prozent zurückgegangen - eine Folge des Kaufkraftver-lusts in Ungarn oder Slowenien. Für Messedirektor Novak jedoch kein Grund für Pessimismus: „Für unsere unmittelbare Nachbarschaft waren wir immer ein wichtiger Messeplatz, das wird sich nicht ändern. Durch die Ostöffnung sind wir nun aber in der Lage, Kontakte auch zu Ländern wie Rumänien oder Bulgarien auszubauen, wo wir großes Interesse vorfinden.”

Die Beibehaltung der großen Konsumgütermessen will Novak auch in diesem Zusammenhang gesehen wissen: „Diese Länder haben gerade im Konsumgüterbereich etwas anzubieten und suchen auf der Grazer Messe Kontakte zu Importeuren. Die Großmessen sind daher gerade für die In-ternationalitätdes Messeplatzes Graz von entscheidender Bedeutung.”

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