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Probepremiere in Prag

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Nach langen Geburtswehen nähert sich in Prag die erste Metrolinie, genannt „1-C“, in einer Länge von 7,2 km ihrer Vollendung. Die erste Probefahrt fand am 29. Dezember 1973 statt, der reguläre Massenverkehr soll jedoch erst am 1. Juli 1974 beginnen.

Bis zum Jahr 1985 soll ein Untergrundbahnnetz von 20,3 km ausgebaut werden. Derzeit sind Arbeiten auch an der „Linie-A“ im Gange, von welcher der erste Abschnitt in der Länge von 4,7 km, mit sieben Stationen, im Jahr 1978 dem Verkehr übergeben werden soll. Ein weiteres Teilstück von 2,3 km Länge, mit drei Stationen, soll 1980 folgen.

Die „Linie-B“', deren Gesamtlänge 13,3 km betragen wird, mit insgesamt 16 Stationen, soll in drei Etappen entstehen und 1985 eröffnet werden. Dann wird die Prager Untergrundbahn 32 Prozent des hauptstädtischen Verkehrs abwickeln.

Die Präger Metro erhält sowjetische Züge. Ursprünglich war geplant, daß die Tatra-Werke für Prag leichte Wagen erzeugen sollten. Die Entwürfe hiefür waren bereits eingereicht. Später verwarfen die Behörden jedoch die früheren Pläne mit der Begründung, daß sowjetische Wagen jederzeit erhältlich seien. Die ersten sechs dieser Wagen trafen im Oktober 1973 in Prag ein. Im Februar 1974 sollen weitere 44 Wagen von der UdSSR geliefert werden, so daß für die „Linie-C“ anläßlich der Eröffnung des Normalverkehrs 50 Wagen zur Verfügung stehen werden. Die russischen Wagen haben 42 Sitzplätze und können 170 Personen befördern; im Notfall angeblich bis zu 262 Personen.

Das Bauprojekt schlummerte bis Ende 1967, obwohl die Pläne längst schon bewilligt waren. Von Anfang an beruhte die Arbeit auf der Zusammenarbeit mit russischen Fachleuten, die seinerzeit die Moskauer U-Bahn erbaut hatten. Nicht nur sowjetisches Know-how, sondern auch große Mengen von Materialien wurden importiert. 80 russische Experten wurden bei der Konstruktion als Leiter und Ratgeber beschäftigt. 450 Tschechoslowaken wurden anderseits nach Rußland entsandt, um dort eine praktische Ausbildung zu erhalten.

Die Durchführung eines so langfristigen gemeinsamen Projekts brachte natürlich Probleme mit sich. Die Mehrzahl der Arbeiter stammt nicht aus der Hauptstadt, ihre Unterbringung in Prag war nicht leicht. Provisorische Lösungen führten zu Unzufriedenheit und Kritik. Auch konnten die unerfahrenen einheimischen Ingenieure und Arbeitsführer nur selten die vorgeschriebenen Termine einhalten. So standen viele Arbeiter oft ohne Arbeit herum. Die Folge waren natürlich Kostensteigerungen, obwohl die Gewerkschaften die Baufortschritte überwachten und eine Koordinierung versuchten, um die Maschinen und Bauausrüstungen voll einzusetzen und auszunützen. Das Schlagwort hiefür lautet „Komplexe sozialistische Rationalisierung“. Ansporn bieten verschiedene Begünstigungen und Auszeichnungen. Für besondere Leistung wird der Titel „U-Bahn-Bauer“ verliehen. Daneben gibt es auch „Hervorragende Sozialistische Arbeitsbrigaden“, und Staatsunternehmen, die gute Leistungen vollbringen, werden „ehrend erwähnt“.

Das Metronetz Prags soll im Jahr 2000 fertiggestellt sein, mit 104 Stationen und einer gesamten Strek-kenlänge von 92,7 km. Dann sollen jährlich nicht weniger als 420 Millionen Passagiere befördert werden.

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