6879615-1979_05_05.jpg
Digital In Arbeit

Kommt jetzt der Austro-Kfir?

Werbung
Werbung
Werbung

Überraschung hat in der vergangenen Woche die Information über die Produktion eines österreichischen Abfangjägers ausgelöst. Es soll sich dabei um den Nachbau des jüngsten israelischen Kampfflugzeuges, des Kfir C2 (Junger Löwe“), handeln.

Dieses sehr leistungsfähige Kampfflugzeug stellt eine Weiterentwicklung der berühmten französischen „Mirage 3c“ dar, wobei allerdings Triebwerk, Tragfläche und Feuerleiteinrichtungen mit dem französischem Urmuster nichts mehr gemeinsam haben. Die Kfir C2, die als Abfangjäger oder Erdkämpfer lieferbar ist, entwickelt in großen Höhen beachtliche 2,3 Mach (1 Mach bedeutet rund 1200 km/h). Das eingebaute amerikanische Triebwerk J 79-GE 17A ist auch das der berühmten Phantom.

Mit den zwei eingebauten 3-cm-Bordkanonen erreicht der Kfir C2 nach dem Start in 90 Sekunden eine Einsatzhöhe von 11.000 Meter. Bis in 1700 Meter Höhe können Abfangaufträge erfolgreich mit der Kanonenbewaffnung durchgeführt werden, mit Jagdraketen natürlich wesentlich höher. An Kampfzuladung kann der Kfir maximal 4000 kg über 1300 km transportieren. Der Kfir C2 muß als ein sehr modernes und kriegstaugliches Waffensystem beurteilt werden.

Seine Einführung allerdings bedingt eine Reihe von Erfordernissen in Österreich. Seine Landegeschwindigkeit von rund 245 km/h zum Beispiel bedingt eine unbedingt notwendige Pistenverlängerung der Fliegerhorste Langenlebarn und Zeltweg, und das kostet rund 100 Mil-i honen Schilling. Auch die jährlichen Betriebskosten der Luftstreitkräfte werden erhebüch ansteigen. Der Flugkraftstoffbedarf wird sich verdreifachen, der Verbrauch an teuren Bordwaffenmunitionssorten wird erheblich steigen.

Der Gerätestückpreis einer „Kfir C2“ beträgt rund 100 Millionen Schilling, der Gerätesystempreis - also inklusive Dokumentation, Bewaffnung, technische Änderungen, Prüf-und Ausbildungsgeräte und Ersatzteilgrundausstattung - hingegen 150 Millionen. Im Vergleich mit den übrigen erprobten Kampfflugzeugen -der amerikanischen F-5, der französischen Mirage und der schwedischen Viggen - ist Kfir C2 das kosten- und leistungsgünstigste Waffensystem.

Die Produktion eines modernen Kampfflugzeuges in Österreich stellt ein Novum in der neueren Geschichte dar. Die Anregung dazu soll von Bundeskanzler Bruno Kreisky ausgegangen sein. Bereits im November 1976 reiste eine österreichische Wirtschaftsdelegation nach Israel, um Umfang und Art von Gegengeschäften zu besprechen. Das Kompensationsangebot der Israelis bezog sich dabei auf Wunschlieferungen der VÖEST-Alpine, Aluminium-

Ranshofen sowie Holz und Rindfleisch und stellte damit für Österreich ein optimales Gegengeschäft dar.

Nach diesem maßgeschneiderten Angebot hörte man lange nichts von diesem Projekt. In der Öffentlichkeit wurde über die Kampfflugzeugfavoriten Viggen und F-5 diskutiert. Währenddessen wurde offensichtlich die Idee einer Produktion in Österreich weiter verfolgt. Es wurde die „Au-strian Aircraft and Service GmbH“ (AAS) gegründet, an der zu je einem Drittel die Austrian Airlines, Simme-ring-Graz-Pauker und die „Montana-Fluggesellschaft“ beteiligt sind. Diese Gesellschaft soll das Vermarktungsrecht der israelischen Lizenzen in mehr als 20 Ländern besitzen.

Mit dem Zusammenbau des Kfir C2 soll Anfang 1980 begonnen werden. Der letzte der 24 Abfangjäger soll Ende 1982 das Band verlassen. Gefertigt wird in der Halle der ehemaligen Rax-Werke in Wr. Neustadt, der größten Halle Mitteleuropas. Im Zweiten Weltkrieg wurden dort Messer-schmitt-Jagdflugzeuge und Teile der V-2 erzeugt. Tradition im Flugzeugbau hat ja dieser Boden.

Im Ersten Weltkrieg und davor wurden in Wiener Neustadt Flugzeuge hergestellt, ebenso nach der Wiedererlangung des Staatsvertrages 1955 als die zweimotorige Reisemaschine M 222, allerdings nur zwei Prototypen von Simmering-Graz-Pauker gefertigt wurde. Die Kapitaldecke war für eine Serienproduktion damals noch zu kurz.

Heute scheint es möglich, daß alle diese Probleme im Verein mit einem potentem Flugzeughersteller lösbar sind. „Israel Aircraft Industries“ hat derzeit 18.500 Beschäftigte und verfügt über bedeutendes Know-how.

Im weiteren Verlauf ist an einen zunehmenden Eigenanteil in der Produktion gedacht. So sollen Zelle und Teile der Elektronik (Eumig) in Österreich hergestellt werden. Die wesentlichste Komponente, das Triebwerk, wird allerdings aus den USA kommen. Auch die Wartung der Kfir C2 soll in Österreich erfolgen, womit aber eine volle Auslastung der Produktionsstätten noch nicht gewährleistet wäre.

Für die Maschine aus Wiener Neustadt müßten Exportmärkte erschlossen werden, ein nach der „Aus-trifizierung“ vielleicht leichteres Unterfangen. Ekuador, Nationalchina und andere Staaten haben ihren Bedarf an Kfir C2 angemeldet.

Sollte das Vorhaben einer Kfir-Produktion in Österreich Wirklichkeit werden, wäre es denkbar, mit dieser Maßnahme 2300 Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem könnte das eigene Know-how verbessert und eine entsprechende heimische Luftfahrtinfrastruktur geschaffen werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung