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Von Tsushima nach Midway

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ENTSCHEIDUNG IM PAZIFIK. Von Friedrich Rüge. Verlag Rütten & Loening, Hamburg. 394 Seiten mit zahlreichen photographischen Illustrationen, Skizzen und Karten.

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ENTSCHEIDUNG IM PAZIFIK. Von Friedrich Rüge. Verlag Rütten & Loening, Hamburg. 394 Seiten mit zahlreichen photographischen Illustrationen, Skizzen und Karten.

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Die Beziehungen zwischen St. Petersburg und Tokio waren abgebrochen, aber eine Kriegserklärung war noch nicht erfolgt, als das auf der Reede von Port Arthur vor Anker liegende russische Fernostgeschwader in der Nacht vom 8?- auf- den iwbrBaibJ:904 von japanischen Zerstörern angegriffen yvurde. Der taktische Erfolg des Angriffs, der im rasch einsetzenden Abwehrfeuer der Russen nicht voll zur Entfaltung kam, war gering. Von mehr als zwanzig abgeschossenen Torpedos erreichten nur drei ihr Ziel, und keine der getroffenen Einheiten wurde versenkt oder auch nur für längere Zeit außer Gefecht gesetzt. Hingegen war die strategische Wirkung des Überfalls außerordentlich weitreichend. Wenn die russische Marineleitung es auch verabsäumt hatte, das Fernostgeschwader rechtzeitig durch einige kampfkräftige Schiffe der Baltischen Flotte zu verstärken, so wäre ersteres mit seinen sechs Schlachtschiffen (gegenüber sechs japanischen) und vier Panzerkreuzern (gegenüber sechs japanischen) unter energischer Führung zweifellos imstande gewesen, den Transport ganzer Armeen von Japan nach Korea und der Mandschurei zu einem sehr ernsten Problem zu gestalten. Aber Admiral Makarow brauchte lang, um sich von dem Schock jener Februarnacht zu erholen, und als sein erst am 13. April unternommener Versuch, aus Port Arthur auszubrechen, fehlgeschlagen war — der Admiral verlor dabei sein Flaggschiff und sein Leben —, bestand praktisch keine Möglichkeit mehr, den Japanern die volle Beherrschung ihrer Seewege nach dem Kontinent streitig zu machen. Die Aufopferung der um ein Jahr verspätet nach dem Fernen Osten entsandten Flotte des Admirals Roshdjest- wensiky am Tag von Tsushima war nur noch der Schlußakt der Tragödie, die sich auf den mandschurischen Schlachtfeldern für das Heer des Zaren abgespielt hatte.

Die Erfahrungen dieses Krieges haben das politische und militärische Denken und Planen der japanischen Führungsschichten noch nach mehr als einem Menschenalter tiefgreifend beeinflußt und eine in ihrem Ausmaß heute kaum noch vorstellbare Überschätzung der eigenen Kräfte und Möglichkeiten verursacht. Schon die 1937 in Angriff genommene Unterwerfung Chinas, des erträumten exklusiv japanischen Großmarktes, war ein Unternehmen, welches die personellen und materiellen Reserven des Inselreichs übermäßig in Anspruch nahm, nach vierjährigen Anstrengungen noch kaum wirkliche Erfolge gezeitigt hatte und zwangsläufig — das ging aus dem amerikanischen Embargo auf Öl- und Schrottlieferungen nach Japan deutlich genug hervor — zu einem schweren Konflikt mit den Vereinigten Staaten führen mußte. Den Ausweg sahen die in Tokio herrschenden militaristischnationalistischen Kreise in der Flucht nach vorne. Sie dachten nicht daran, das chinesische Abenteuer abzublasen und sich mit dem für Japan ungemein wertvollen Besitz von Korea und der Mandschurei zu begnügen; wofür sie sich viel-

mehr entschieden, war nicht allein die Intensivierung der Kampagne in China, sondern die zusätzliche Ausdehnung der japanischen Herrschaft über die Philippinen, Niederländisch-Indonesien, Indochina, Malaya, Burma und vielleicht noch über’die burmanisch-utdischér í rahtiHljttó- aus, um die Versorgung des Kaiserteichs mit lebenswichtigen Rohstoffen und Nahrungsmitteln von fremden Mächten unabhängig zu machen. Ein grandioses Konzept, dessen Durchführung vielleicht 1940, nach dem Fall Frankreichs, als auch ein britischer Zusammenbruch und damit der Endsieg des „Dritten Reiches“ unmittelbar bevorzustehen schien, mit einiger Aussicht auf dauernden Erfolg hätte versucht werden können; daß die Kriegspartei in Tokio eine solche Chance 1941 noch wahrzunehmen glaubte, als es klargeworden war, daß England nie die Flagge streichen würde und Hitler dessenungeachtet den Kampf auch mit der UdSSR aufgenommen hatte — einem solchen Optimismus lagen Rechenfehler zugrunde, deren Wurzeln in die Geschichte des Krieges 1904 05 zurückreichten. Man sah in der Weite des Pazifiks ein ähnliches Hindernis für amerikanische Operationen gegen Japan, wie es die Entfernung des durch eine einzige, 8000 Kilometer lange, eingeleisige Eisenbahn erreichbaren mandschurischen Kriegsschauplatzes von den Kraftzentren des Zarenreiches für die russische Armee gewesen war; wieder mit einem Rückblick auf die Erfahrungen des Krieges mit Rußland, stellte man den Unternehmungsgeist, die Zähigkeit und die innere Geschlossenheit des amerikanischen Volkes ebenso wie seine enonne industrielle Kapazität nicht annähernd genügend in Rechnung; und man gab sich der verhängnisvollsten aller Illusionen hin mit der Annahme, durch einen der Kriegserklärung vorausgehenden Angriff auf die pazifische Flotte der USA. nach dem Beispiel der seinerzeitigen Aktion von Port Arthur, ein kriegsentscheidendes Übergewicht gewinnen zu können.

Tatsächlich erwies sich der Überfall auf Pearl Harbor in mehrfacher Hinsicht als der schwerste Fehler, den die Japaner unter den gegebenen Umständen begehen konnten. Er brachte sie um die Chance, die amerikanische Schlachtflotte, deren Operationsplan für den Kriegsfall als erstes ein Unternehmen gegen die Marshall-Inseln vorsah, auf hoher See zu stellen und ihr die vernichtende Niederlage beizubringen, die von der gewaltigen Überlegenheit der japanischen Trägerluftwaffe zu erwarten war. Allerdings, die Bilanz des Tages von Pearl Harbor, des 7. Dezember 1941, sah für die Amerikaner traurig genug aus; neben 2500 toten Seeleuten hatten sie fünf Schlachtschiffe als versenkt und drei weitere als schwer beschädigt zu verzeichnen. Aber Versenkung in den seichten Gewässern des Hafens bedeutete noch nicht Vernichtung. Mit Ausnahme der gänzlich zerbombten „Arizona“ wurden die gesunkenen Schiffe wieder gehoben und gefechtsklar gemacht, und fast alle leisteten im weiteren Ver-

lauf vorzügliche Dienste bei der Beschießung japanischer Küstenstellungen. Dazu kamen zwei andere Momente, di von den Japanern nicht vorbedacht worden waren. Pearl Harbor hatte den Amerikanern gezeigt, daß es vor allem Flugzeugträger waren, auf deren Bau sie nun ihre Anstrengungen zu konzentrieren hatten; und nichts wäre so geeignet gewesen, wie dieser Überfall, das amerikanische Volk zu größtem Opfermut und höchsten Leistungen auf den Schauplätzen des Krieges wie an der Heimatfront anzu- spomen. Sechs Monate nach Pearl Harbor holte Admiral Nimitz bereits zum ersten

Vergeltungsschlag gegen die noch immer gewaltig überlegene Flotte des Tenno aus. Die Seeschlacht von Midway am 4. Juni 1942, in der die Schiffsverluste der Japaner das Vierfache, ihre Verluste an Mannschaften das Zehnfache der amerikanischen betrugen und ihre Trägerluftwaffe nicht wiedergutzumachendc Einbußen erlitt, war der Wendepunkt des Krieges im Pazifik, der freilich noch unerhörte Anstrengungen und Opfer von beiden Seiten forderte, ehe der Höchstkommandierende der Alliierten, General Douglas MacArthur, am 15. August 1945 an Bord des US-Schlachtschiffes „Missouri“ die Unterwerfung Japans entgegennahm. Vizeadmiral Friedrich Rüge, der frühere Generälinspektor der bundesdeutschen Seestreitkräfte, beschreibt den Verlauf dieses Krieges auf Grund eingehender Studien und unter Berücksichtigung auch der technischen und politischen Entwicklung in klarer, anschaulicher Sprache und, was besonders hervorzuheben ist, mit strenger Objektivität. Sein auch für den in maritimen Dingen weniger bewanderten Leser hochinteressantes Buch gehört in die Hand eines jeden, der sein Wissen um die entscheidenden Ereignisse des zweiten Weltkrieges vervollständigen will.

Aus der Geschichte

WEIZ. Geschichte und Landschaft in Einzeldarstellungen. Herausgegeben und verlegt vom Archivalienpfleger für den Bezirk Weiz. Gedruckt mit Unterstützung der steiermärkischen Landesregierung. Herausgegeben von Leopold Farnleitner.

In der sehr begrüßenswerten Reihe über die Geschichte von Weiz und seiner Landschaft eröffnet der steirische Landes- archäologe Walter Modrijan mit dem 1. Heft, 29 Seiten (1955), die fachmännische Darstellung der Vor- und Frühgeschichte dieses Teiles der Oststeiermark. Vom Ende der Steinzeit bis zur Römerzeit geht der gelehrte Archäologe den Spuren und Zeugen frühesten menschlichen Lebens nach. Eine beigegebene Fund- und Wegekarte gibt Einblick in die gut erschlossene und besiedelte Landschaft. Ein solider Anfang für die folgenden Hefte der heimatkundlichen Monographie. — Im 2. Heft, 56 S., 15 Abb., 14 Pläne (1956), gibt der bekannte Siedlungshistoriker der Oststeiermark, Fritz Posch, seine Forschungsergebnisse wieder, die er mittels einer Textkarte veranschaulicht. Die Siedlungsgeschichte wird bis zur Entwicklung der Gegenwart heraufgeführt. — Einen Beitrag zur Ortsnamenkunde der Steiermark liefert im 3. Heft, 39 Seiten, 3 Abb., „Ortsnamen im Weizer Bergland“ (1957), der inzwischen verstorbene Alfred Web in ge r. Der Verfasser versucht auf sprachwissenschaftlicher Grundlage gegen 575 Namen nach urkundlicher Überlieferung im Zusammenhang mit heutiger Mundartlautung und mit geschichtlichen Tatsachen zu deuten. Im großen und ganzen ist es ihm auch gelungen, von etlichen Fällen abgesehen. — Im 4. Heft, 44 Seiten, 24 Abb. (1957), entwirft Rochus Kohlbach aus reicher Fülle kunsthistorischen und wallfahrtskundlichen Materials ein sehr anschauliches Bild über die überragende Kultstätte der mittleren Oststeiermark: Die Marienkirche auf dem Weizberg. Die Thomaskirche vom Weizer Tabor. — Zum 5. Heft der Weizer Monographie: Beiträge zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte I„ 72 S., 29 Abb., eine Stammtafel (1958), haben neun Autoren wertvolle Arbeiten geliefert. Werner Knapp schildert „Castrum Wides“, die Auffindung dieser 1147 erstmals erwähnten Burg. Elfriede H a r 1 entwirft die Geschichte des 1610 aus,gestorbenen Adelsgeschlechtes „der von Radmannstorff“. Karl Klamminger steuert zwei Arbeiten bei: die Biographie des aus einer alten Weizer Familie stammenden Geistlichen und Universitätsprofessors Johannes Himel (1390 bis 1450), der mit dem berühmten Thomas Ebendorfer zur Delegation der Wiener Universität am Konzil von Basel und Ferrara gehörte; die zweite Arbeit schildert Leben und Werke des Vaters steirischer Geschichtsschreibung, des Vorauer Chorherrn Aquilinus Julius Cäsar (1720 bis 1792), der auf dem Weiz- berger Friedhof seine letzte Ruhe fand. Der Wert beider Arbeiten wäre wesentlich durch Anführung von Quellen und Literatur in Anmerkungen erhöht worden. Walter Koschatzky bringt eine kunsthistorische Würdigung des Barockbaumeisters Joseph Hueber, der unter anderem auch die Marienkirche auf dem Weizberg erbaut hat. Außer den folgenden Beiträgen von H. Kutschera: Zur Geschichte der Familie Stark, E. Pichler: Franz Pichler, ein Pionier der Elektrotechnik, verdient besondere Beachtung Karl W i d- m a n n mit seiner Arbeit über die weltbekannte Firma: Das Werk Weiz der Elin, die seit 1948 Weiz zur „Elin-Stadt“ ge

macht hat. Den Schluß dieses anschaulichen Heftes bildet der Beitrag von Erik Flügel : Eisenerzbergbau am Plankogel. — Das 6. Heft, 51 S., 9 Abb., 1 Tabelle, 1 geologische Karte (1959): Geologische Wanderungen im Weizer Bergland, ist ein volkstümlich geschriebener geologischer Führer von den bekannten Geologen der Steiermark, Helmut Flügel und Viktor Maurin, zum Gedenken an den „Steirischen Prinzen“ Erzherzog Johann, der unter anderem auch die naturwissenschaftliche, geologische und mineralogische Erforschung der grünen Mark als Erster in die Wege geleitet hat. Für die großzügige finanzielle Unterstützung der Weizer Monographie gebührt der steiermärkischen Landesregierung, den Kulturreferaten der Stadt, der Elin AG., Weiz. der Wiener Geologischen Gesellschaft und der Geologischen Bundesanstalt (Grundkarte im Maßstab 1:25.000, mit Hilfe von 53 Farbstufen) aufrichtiger Dank.

MITTELALTERLICHE BILDWERKE IM OBERÖSTERREICHISCHEN LANDESMUSEUM. Im Aufträge des Oberösterreichischen Musealvereines bearbeitet von Ot- fried Kästner und Benno Ulm. Mit Aufnahmen von Max Eiersebner, unter Mitwirkung von Alois K i 11 i n g s- e d e r. Oberösterreichischer Landesverlag,

Linz. 68 Seiten, ein Titelbild und 212 Abbildungen.

Anläßlich des 123jährigen Bestandes des Oberösterreichischen Musealvereines erschien der schon längst fällige wissenschaftliche Katalog, der in 137 Katalognummern mit anschließendem Künstler-, Orts- und Heiligenregister gegen 200 Plastiken der Entwicklungs- und Verteilungsgeschichte der mittelalterlichen Kunstproduktion in Oberösterreich aufzeigt. Die Bearbeiter, beste Kenner der heimatlichen Kunst, legen ihre Forschungsergebnisse in der Einleitung sowie in einigen Exkursen über Meister- und Werkstattfragen nieder. Der Schwerpunkt der mittelalterlichen Kunst in Oberösterreich liegt in den Werken der späten Gotik und des Donaustils. Die Bearbeiter versuchen sehr exakt, nicht nur die Fülle des kunstgeschichtlichen Materials zu beschreiben, vielmehr den kunstgeschichtlichen Ort der Einzelobjekte in ihren stilistischen Beziehungen zu Kunstwerken außerhalb des Museums zu erfassen.

Unter den Plastiken scheinen auch einige steirischer Provenienz auf. Den Bearbeitern sowie den Lichtbildnern ist von allen Kunstforschem aufrichtiger Dank gesichert.

P. Dr. Bemo Roth OSB. Seckau

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