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Diagonale 1993: Österreichs Film lebt

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Der österreichische Film wird immer wieder von den Medien totgesagt. Dem zum Trotz zeigte das Festival des Österreichischen Films - Diagonale - vom 1. bis 8. Dezember in Salzburg zum ersten Mal einen Querschnitt des heimischen Filmschaffens der Jahre 1992 und 1993.

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Der österreichische Film wird immer wieder von den Medien totgesagt. Dem zum Trotz zeigte das Festival des Österreichischen Films - Diagonale - vom 1. bis 8. Dezember in Salzburg zum ersten Mal einen Querschnitt des heimischen Filmschaffens der Jahre 1992 und 1993.

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Unter dem großen Filmangebot der Diagonale, die als erstes nationales Filmfestival in Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsministerium ins Leben gerufen wurde, waren zahlreiche cineastische Gustostückerl zu sehen. Darunter „Halbe Welt” von Jungregisseur Florian Flicker, der Lacherfolg des Kabarettduos Josef Hader und Alfred Dorfer in dem von Paul Harather inszenierten Roadmovie „Indien” oder der Schocker „Bennys Video” von Michael Haneke, dessen Film bei der Verleihung des „Felix” (europäischer Oscar) mit dem Preis der europäischen Film-kntik ausgezeichnet wurde.

Für die Eröffnung der Diagonale wählte das Programmierungsteam „Indien”. Der Film läuft bereits in den österreichischen Kinos. Mit rund 60.000 Besuchern (zum Vergleich: „Jur&ssic Park” zählt derzeit runnd 600.000 Besucher) zählt er zu den erfolgreichsten heimischen Produktionen des Jahres. Die Geschichte verspricht viel Spaß: Der kleinbürgerliche Widerling Heinz Bösel (Josef Hader) und der Pseudo-Yuppie Kurt Fellner (Alfred Dorfer) reisen als Inspektoren des Hotel- und Gastgewerbes durch die Provinz. So verschieden Heinz und Kurt sind, so groß sind auch ihre Schwierigkeiten einen gemeinsamen Nenner zu finden. Allmählich entwickelt sich zwischen den beiden aber eine sehr enge und herzliche Freundschaft, die später sogar der Intensivstation standhält.

Paul Harather inszenierte die Freundschaftsgeschichte als klassischen Roadmovie - zwei Menschen müssen auf engstem Raum, sprich Auto, miteinander auskommen. Der Regisseur konzentrierte sich auf die beiden brillanten Darsteller. So witzig sich die Geschichte anfänglich entwickelt, so traurig wird sie gegen Ende des Films, wenn Kurt ins Spital muß. Die Zuschauer gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge aus dem Kino.

„Halbe Welt” (Titelfoto), ein Science-Fiction-Film von Florian Flicker, ist nicht zum Lachen. Flicker malt das erschreckende Bild einer Welt nach der Zerstörung der Ozonschicht Die Sonnenstrahlen gelangen ungefiltert auf die Erde und gefährden jedes Leben. Die Bewohner der „Halben Welt” ziehen sich tagsüber in ihre verdunkelten Wohnungen zurück oder verschwinden im Untergrund. Nur nach Sonnenuntergang ist ein Leben an der Erdoberfläche, möglich. Florian Flicker zeigt die Überlebenstechniken der Menschen in der „Halben Welt”. Dem Film fehlt allerdings eine Hauptperson, eine Identifikationsfigur oder ein Held, was die Zuschauer irritieren kann. „Halbe Welt” ist ein eindrucksvoller Film, der eine Fiction zeigt, die in gar nicht so entfernter Zukunft Realität werden könnte. Florian Flicker kann man zu seinem ersten abendfüllenden Spielfilm nur gratulieren. (Ab 14. Jänner im Kino)

Michael Hanekes „Benny's Video” ist wohl der interessanteste österreichische Film des Jahres. Bei der diesjährigen Euro-Oscar („Felix”)-Verleihung wurde Hanekes gesellschaftskritische Produktion für den besten europäischen Film des Jahres nominiert. Die Handlung läßt dem Zuschauer das Blut in den Adern gefrieren. Benny (Arno Frisch) ist ein wohlstandsverwahrloster Jugendlicher der Videogeneration. Mit einem Schlachtschußapparat killt er kaltblütig ein junges Mädchen, das er keine drei Stundenn kennt. Benny's Motiv: „Ich wollte sehen, wie es ist.”

Weniger aufregend ist Peter Patzaks neuer Film „Das Babylon Komplott”. Der Waffenschie-berkrimi ergeht sich in einer verworrenen Handlung, Franco Nero als Hauptdarsteller zu haben, ist keine Erfolgsgarantie.

Gespannt wartete man bei der Diagonale auf Harald Sicheritz' Klamaukfilm „Muttertag”. Das Ergebnis ist enttäuschend. Das Presseheft versprach eine turbulente Komödie um eine kleinkarierte Vorstadtfamilie. Zu sehen war ein „Tohuwabohu” (ORF-Comedy-Serie) auf 35 Millimeter Zelluloid gebannt. Das einzige, was an „Muttertag” faszinierte, war die großartige Kameraführung Helmut Pirnats.

Filmjuwelen aus den Goldenen .Zeiten des österreichischen Films lockten auch älteres Publikum in die Festvalkinos. „Das Lied von Kaprun”, ein Heimatfilm erster Klasse, ließ alle Alltagssorgen vergessen.

Das Diagonaleteam würdigte mit einer Filmreihe den Vater von Popey, Betty Boop und Superman: Max Fleischer. 1883 in Österreich geboren, hob 1933 in den USA den Trickfilmstar Popey, the Sailor aus der Taufe.

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